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Im Banne des stuermischen Eroberers

Titel: Im Banne des stuermischen Eroberers
Autoren: Lynsay Sands
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Wort an sie richtete. Seine aufwändige Gewandung raschelte, als er abstieg und sich erwartungsvoll Helen zuwandte.
    „Aye. Ihr seid ein Gesandter des Königs“, sprach sie das Offensichtliche aus.
    Er nickte, den Anflug eines Lächelns auf den Lippen, beugte sich über ihre Hand und küsste diese. „Lord Templetun, zu Euren Diensten.“
    „Seid willkommen auf Tiernay, Lord Templetun“, erwiderte sie förmlich, legte ihm eine Hand auf den Arm und wandte sich der Treppe zu. „Die Reise dürfte Euch hungrig und durstig gemacht haben. Erlaubt mir, Euch angemessen zu empfangen, indem ich Euch Speise und Trank anbiete.“
    Lord Templetun nickte abermals und schritt an ihrer Seite die Stufen hinauf, wobei er seinen Begleitern über die Schulter hinweg Anweisungen zurief. Helen und er hatten das Portal fast erreicht, als es aufflog und die Kinder lachend und kreischend herausstürmten. Jäh verstummten sie, starrten den Besucher mit großen Augen an und entschuldigten sich murmelnd. Sie beherrschten sich gerade so lange, bis sie an den Gästen vorbei waren, ehe sie johlend davonstoben, um ihr Spiel wieder aufzunehmen, das Goliath und Helen ungebeten unterbrochen hatten. Helen lächelte bei dem Gedanken. Den fragenden Blick von Lord Templetun übersah sie geflissentlich.
    Sie führte den Boten des Königs hinein und an den Tisch, an dem bis eben noch die Kleinen gesessen hatten. Dort bot sie ihm den Platz am Kopf der Tafel an, wo einst ihr Vater gesessen hatte. Danach entschuldigte sie sich und verschwand in die Küche. Wenig später kehrte sie mit einer Schar Bediensteter zurück, die auf edlen Silbertabletts erlesene Leckereien und den besten Wein herantrugen, den Tiernay zu bieten hatte. Nachdem Lord Templetun anständig bewirtet worden war, ließ Helen sich, innerlich aufgekratzt, neben ihm nieder. Schweigend nippte sie an einem Becher
    Met, während Lord Templetun aß. Ungeduldig wartete sie darauf, den Grund für sein Erscheinen zu erfahren, doch es wäre unhöflich gewesen, ihren Gast auszufragen, ehe dieser sich gestärkt hatte.
    Templetun kam ihrer Ungeduld entgegen, denn er machte kurzen Prozess mit dem Essen. Im Handumdrehen hatte er eine beachtliche Menge verschlungen - die er mit noch mehr Wein hinunterspülte. Anschließend lehnte er sich zufrieden seufzend zurück und schaute Helen an.
    „Meine Hochachtung, Mylady, das Mahl war vorzüglich und macht Euch alle Ehre.“
    „Habt Dank, Mylord“, erwiderte sie leise und fragte sich, wie sie ihr Anliegen zur Sprache bringen sollte. Templetun bereitete ihrer Grübelei ein Ende, indem er eine Schriftrolle aus seinen wallenden Gewändern zog.
    „Ich überbringe Euch Kunde vom König.“ Er legte das Pergament vor ihr ab. Mit dem langen Nagel seines rechten kleinen Fingers stocherte er in seinen nicht eben makellosen Zähnen herum, während er darauf wartete, dass Helen las.
    Mit bebenden Händen erbrach sie das Siegel und entrollte das Schreiben. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wie gedachte der König ihren Nachbarn für den rohen Umgang mit seinen Untergebenen zu strafen? Würde er ihn unter Aufsicht stellen? Ihm eine Geldstrafe aufs Auge drücken? Ihn gar züchtigen?
    „Ich soll ihn heiraten?“ Helen hatte die Botschaft überflogen, und die Worte schrien ihr von dem Pergament aus regelrecht entgegen. „Nay!“ Ihr schwindelte, und als sie sich schwanken spürte, schüttelte sie entschlossen den Kopf und sah Templetun durchdringend an. „Das ist doch wohl ein Scherz.“
    So aufgewühlt war sie, dass sie gar nicht merkte, wie sie fahrig das Schreiben zerknüllte. Auch entging ihr, dass sich mit einem Mal Wachsamkeit und Sorge in Templetuns Miene stahlen.
    Langsam schüttelte er den Kopf. „Keineswegs, Mylady. Der König scherzt nie.“
    „Aber er muss einfach ... Er kann doch nicht... Das ist... “ Sie brach ihren gestammelten Monolog ab, da sie Schritte vernahm. Als sie sich umdrehte, war sie erleichtert, dass ihre Tante die Halle betrat. Tante Nell war stets die Stimme der Vernunft. Sie würde wissen, wie mit diesem ... Umstand zu verfahren war.
    „Tante Nell! “ Helen war selbst erschrocken darüber, wie verzweifelt sie klang. Sie sprang auf und lief ihrer Tante entgegen, die ihr die Mutter ersetzt hatte, seit diese vor einigen Jahren gestorben war.
    „Was ist denn, mein Kind?“ Tante Nell fasste sie bei den Händen und ließ den Blick von dem zerknitterten Pergament zu dem bleichen Gesicht ihrer Nichte wandern.
    „Der König ... Er hat Lord
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