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Im Bann des Feuers Drachen2

Im Bann des Feuers Drachen2

Titel: Im Bann des Feuers Drachen2
Autoren: cross
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Kreis aus Schmerz und Schwindel, aus Verlangen und Verachtung, aus Realität und eisblauen Halluzinationen gefangen bleiben.
    Diese Halluzinationen! Es waren quälende, anklagende Visionen. Von meiner Schwester Waivia, die von brutalen Männern zu entwürdigenden sexuellen Handlungen gezwungen wurde. Von ausgemergelten heiligen Frauen, die mit kochendem Öl gefoltert und anschließend vom Krummsäbel eines Inquisitors enthauptet wurden. Immer und immer wieder hörte ich dieses Geräusch, wenn der Säbel auf den Hals traf, wie wenn eine Melone halbiert wurde; das feuchte, blubbernde Ausatmen; das gruselige Klatschen der Klinge, wenn sie traf und plötzlich vom Knochen aufgehalten, vom Inquisitor mit einer Drehung des Handgelenks aus dem halb durchgetrennten Hals gezogen wurde; sein angestrengtes Knurren, wenn er erneut zum endgültigen Streich ausholte.
    Es war eine bittere Nacht, in der ich abwechselnd von Halluzinationen verfolgt und vom Schmerz gepeinigt wurde.
    Schließlich graute der Morgen doch. Fahl sickerte das Licht des frühen Tages in den Stall, wo ich nach wie vor in der Hängematte lag, und färbte die Steine unter mir hellgrau. Liebkost von diesem Licht, begannen die Muskeln in meinem Körper sich ein wenig zu entspannen.
    Endlich kam der Schlaf.
    »Sa Gikiro«, keckerte eine Stimme in mein Ohr. Mein Herz setzte einen Schlag aus, dann raste es, und ich war mit einem Schlag wieder schmerzlich wach. »Zeit für mich, mehr Novizen einzusammeln, heho! Frisches Futter für unseren Drachenbullen.«
    Ich drehte den Kopf und starrte in die blutunterlaufenen Augen des Drachenmeisters. Der grüne Knebel am Ende seines Kinnbartes baumelte vor meinen Augen hin und her, als er einen weiteren Kürbis mit Giftgebräu vor meinem Gesicht hin und her schwenkte.
    »Trink, Babu, trink.«
    Das Gift, das noch von dem letzten Trank durch meine Adern strömte, verlieh mir die Kraft, mich zu weigern. »Nein.«
    »Du wirst diese Entscheidung sehr bald bereuen! Es gibt keinen Zentimeter auf deinem Rücken, der nicht blutig oder verletzt ist.«
    »Ich brauche Euer Gift nicht«, sagte ich weit zuversichtlicher und mit weniger Furcht in der Stimme, als ich empfand.
    Der Drachenmeister beugte sich vor. »Du willst also nicht trinken, heho?«
    Er kicherte. Ich schloss die Augen, als mir sein säuerlicher Atem ins Gesicht schlug.
    »Dann werde ich es tun.«
    Ich riss die Augen auf. Er setzte den Kürbis an die Lippen. Das stählerne Trinkrohr fiel klappernd zu Boden. Seine Gurgel tanzte auf und ab, da er den Kürbis leerte. Wut überkam mich, denn dieses Gift war für mich bestimmt gewesen.
    Kaum schoss mir dieser Gedanke durch den Kopf, hasste ich mich dafür und auch den Drachenmeister, der ihn provoziert hatte.
    Er leerte den Trinkkürbis, warf ihn achtlos beiseite und grinste mich an. Tropfen des verdünnten Gifttrunks glitzerten in seinem Bart, und in seinen Augen flammte Triumph auf, als er meine widerstreitenden Gefühle sah.
    »Ich komme heute Abend zurück, mit frischem Futter für Re und Gift für dich. Ich warne dich, Mädchen, verschmähe es nicht noch einmal!«
    Er drehte sich um und schlurfte aus dem Stall.
    Kochend vor Widerwillen und Bedauern, sah ich ihm nach, wie er den Hof überquerte, betrachtete seine mit Narben übersäte, muskulöse Gestalt. Der Drachenmeister bewegte sich wie ein Affe, vornüber gebeugt, die langen Arme nahezu über den Boden schleppend. Ich erwartete fast, dass er auf die Dächer der Stallungen springen und sich von Giebel zu Giebel schwingen würde.
    Was er nicht tat.
    Stattdessen ging er zu einer langen, weiß gekalkten Lehmhütte, die an die Sandsteinmauer grenzte, welche die gesamten Stallungen umringte, und verschwand durch eine Türöffnung, vor der Tierhäute hingen.
    Erst jetzt atmete ich aus, und der Schmerz, der eben noch so beherrschbar gewesen zu sein schien, schwoll an, brannte wie Feuer auf meinen Waden, ein Feuer, das sich rasch über meine Pobacken und meinen Rücken ausbreitete.
    Was hatte ich nur getan, in meinem derzeitigen Zustand das Gift auszuschlagen?
    Doch nein, gewiss konnte ich den Schmerz auch ohne die Hilfe des Drachengiftes besiegen. Ganz sicher, denn nach all dem, was ich in meinem Leben bereits durchgemacht hatte, war ich stark genug dafür.
    Ich kniff die Augen fest zu, wandte das Gesicht vom Hof ab, kehrte sozusagen dem Drachenmeister den Rücken, und lag so reglos wie möglich bäuchlings da, atmete nur flach, sorgfältig, ritt auf den Wellen des Schmerzes.
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