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Im Bann des Feuers Drachen2

Im Bann des Feuers Drachen2

Titel: Im Bann des Feuers Drachen2
Autoren: cross
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worden war, damit Dono die anderen Lehrlinge nicht anstacheln konnte, mich mit Gewalt aus der Domäne des Drachenmeisters zu entfernen. Stattdessen taumelte ich über den Hof und verschwand im nächsten Stall, dann im nächsten und verlor mich rasch in dem Labyrinth aus aneinandergrenzenden Stallhöfen.
    Ich bewegte mich wie ein verwundeter Eber, wenn er durch das Unterholz bricht und blindlings versucht, vor dem Schmerz zu fliehen, den die Speere in seiner Flanke ihm bereiten, und dennoch diese Qualen überall mit hinnimmt, wohin er sich auch wendet.
    Mein Schmerz stammte nicht nur von den Striemen auf meinem Rücken.
    Während sich das Gift in meinem Blut immer weiter auflöste, toste ein Mahlstrom aus Gefühlen in meinem Inneren, der nicht nur durch den langsamen Rückzug des Drachenfeuers freigesetzt wurde, sondern auch von Donos Feindseligkeit und der pulsierenden, hartnäckigen Erinnerung an Kratts Vergnügen, als er mich am Vortag bis zur Bewusstlosigkeit gepeitscht hatte.
    Beides war gleichermaßen beunruhigend.
    Es brannte mir auf der Seele, dass ich Kratt erlaubt hatte, Hand an mich zu legen. Es tat weh, dass ich mich ihm so einfach unterworfen hatte, ausgerechnet ihm, den ich hatte umbringen wollen. Ich hatte es so sorgfältig geplant, hatte jahrelang Pläne geschmiedet, wie ich an dem Mann Vergeltung üben wollte, der meinen Clan ruiniert und mir meine Kindheit genommen hatte. Bis zu dem Moment, als der Drachenmeister mich aus der Menge auserwählt hatte, welche die Straße der Geißelung am Mombe Taro säumte, hatte ich fest damit gerechnet, für die Ermordung Waikar Re Kratts getötet zu werden.
    Und jetzt erwies sich dieser Wahnsinn, der mich gepackt hatte, seit der Drachenmeister mir diese verrückte Hoffnung eingeimpft hatte, als genau das: Wahnsinn. Hier stand ich, litt unsägliche Schmerzen, wenn ich doch längst in die Schwärze der Unterwelt des Einen Drachen hätte stürzen können. Statt von dem gefühllosen Vergessen des Todes umhüllt zu werden, befand ich mich hier, schrecklich lebendig und schwindelnd von der schockierenden Feindseligkeit eines Milchbruders, der nicht bereit war zu akzeptieren, dass ich in die Lehre des Drachenmeisters berufen worden war, den Konventionen trotzte und meinem geschworenen Feind erlaubte, weiterzuleben – und all das nur, damit eines Tages solche wie Dono und ich selbst frei von der Tyrannei des Tempels, der Aristokraten und des Imperators leben konnten.
    Ich sank auf die Knie in den kühlen Staub hinter einem Getreidesilo. Dort kniete ich, schwankte in dem spärlichen Schatten, durchgeschüttelt von körperlichem und seelischem Schmerz, während die grelle Sonne glühend und pulsierend am Himmel stand.
    Ich hatte Durst. Und träumte.
    Ich träumte von einem Aasvogel, dessen Talgdrüsen auf dem Schnabel obszön rot schimmerten. Er stand vor mir, den großen, grauen Schädel leicht auf die Seite gelegt. Wie brillant und grausam diese glasklaren Augen mich anstarrten!
    »Ich kann es beenden, heho!«, krächzte der Truthahngeier. »Ich kann deinem Schmerz ein Ende bereiten.«
    Ich ignorierte die Halluzination, konzentrierte mich aufs Atmen, darauf, nicht mit dem Gesicht in den Staub zu fallen.
    »Ein Handel, ja?«, krächzte der Vogel. Er hob eine Schwinge, die so lang war wie der Arm eines Mannes. Mit dem Schnabel fuhr er geschwind in das Gefieder, schnappte nach Läusen und Staub. Dann sah der Vogel mich wieder an und faltete die Schwinge. Im Schnabel hielt er eine Feder. Eine blaue Feder.
    Natürlich. Das war kein Fiebertraum, und es war auch kein gewöhnlicher Aasvogel. Es war der Geist meiner Mutter. Ich hasste und fürchtete diese Kreatur fast genauso, wie mich ihr Erscheinen erleichterte.
    »Mutter!«, stieß ich keuchend hervor.
    Der Geist legte behutsam die Feder auf den Boden.
    »Ein Handel«, krächzte er. »Gesundheit gegen deine Dienste.«
    Ich starrte die Feder an, die in der Hitze flimmerte, und sagte mir, dass dies nicht meine Mutter war, sondern eine Verkörperung der Besessenheit meiner Mutter, Waivia zu finden. Was von meiner Mutter auch immer in dieser Kreatur stecken mochte, es lag tief unter vielen Schichten von Wahnsinn, Magie und bösen Absichten verborgen.
    »Du weißt, das dies dich heilen kann, ja?« Der Vogel stieß mit seiner schuppigen Kralle gegen die blaue Feder.
    Ja, ich wusste, dass die Feder mich heilen konnte. So etwas war schon einmal geschehen. Und ich musste gesund werden, nicht nur, um die Feindschaft Donos und seiner
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