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Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)

Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)

Titel: Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)
Autoren: Christoph W. Bauer
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des 16. Jahrhunderts. Faltenröcke waren in , versuchte Seusenhofer doch nachzubilden, was als schick empfunden wurde: gepuffte Ärmel, zuweilen auch geschlitzte, Gewänder mit vergoldeten Leisten und Emblemen –
    Ich war schon fast an der Tür, stolperte über ein Leergebinde.
    Fallen darf nicht, wer in einer Rüstung steckt, von Blutergüssen bis hin zu schweren Frakturen reicht die Palette der einstigen Sportverletzungen.
    Ich rieb mir das Knie.
    Maximilian weiß schon, warum er Rüstungen liebt. Und nicht nur der Kaiser hat seine Freude daran, auch die von ihm mit Harnischen beschenkten Könige und Fürsten. Einer der Glücklichen, Heinrich VIII . von England, lässt sich gar zur Errichtung einer eigenen Hofwerkstatt in Greenwich anregen. Durch die rasende Nachfrage sieht sich Seusenhofer genötigt, seinen Betrieb um zwei Gebäude zu erweitern. Auch das alte Waffenarsenal, das noch Erzherzog Sigmund errichten ließ, platzt längst aus allen Nähten, ein neues Zeughaus braucht der Kaiser, an der Sill wird es gebaut und gilt lange als das größte und bedeutendste Waffenlager nicht nur in den habsburgischen Erbländern, sondern im gesamten Heiligen Römischen Reich. Kurzum, das Haus nebenan erzählt dir, dass Innsbruck zu jener Zeit zu einem Zentrum der Rüstungsindustrie wird. Aber wenn dir die Plattnerkunst aufgrund deiner Gesinnung zuwider ist, das Haus erzählt dir auch von –
    Meinem Bäcker, zu dem ich täglich gehe!
    9
    Bäcker, das ist ein gutes Stichwort, es führt dich tief in die Geschichte der Stadt hinab. Denn die Bäcker sind einst von einer Bedeutung, die man heute nur noch erahnen kann, alleine in dieser Straße hier gibt es laut einem Verzeichnis aus dem Jahr 1634 ein halbes Dutzend Vertreter dieser Zunft, findest du das nicht erstaunlich? Ihre Läden befinden sich allerdings nicht in den Häusern, denn um die Preis- und Qualitätskontrolle zu garantieren, errichtet der Stadtrat eine zentrale Verkaufsstätte, die so genannte Brotbank, vom 14. bis ins 19. Jahrhundert in der ebenerdigen Etage des Rathausgebäudes untergebracht. Auch Potentiana Türing wird von dort ihr Brot –
    Wer ist denn das?
    In den Quellen heißt es, dass sich Gregor Türing, der Sohn von Meister Niklas, 1514 mit einer Potentiana vermählt. Gregor und seiner Familie gehören neben dem Haus, in dem du wohnst, auch noch die zwei Nachbarhäuser. Er wird nach dem Tod seines Vaters zum Stadtbaumeister ernannt, sicherlich ein lukrativer Job, allein die Errichtung des Schlosses Büchsenhausen bringt ihm einiges. Einen Wecken Brot kann er sich da durchaus leisten, ob an der Brotbank gekauft oder – Dass sich nicht jeder Bäcker an die Stadtverordnung hält, versteht sich. Mit der Zeit wird die Ware dann auch immer häufiger auf Ständen außerhalb der Bank verkauft.
    Anfänglich sind es die Innsbrucker Acker- und Getreidebauern, die sich mit ihrem Ertrag gegen Bezahlung in einem der öffentlichen Ofenhäuser Brot backen lassen. Im Jahr 1440 gibt es vier Backstätten dieser Art, eine davon in der Badgasse 6 in der Altstadt. Dieses Haus erzählt dir von einer Zeit, in der man von freien Marktpreisen noch meilenweit entfernt ist und in der vornehmlich die Grundnahrungsmittel amtlichen Preiskontrollen unterworfen sind. Zwar kalkuliert man die Maximalpreise so, dass den Händlern noch eine Gewinnspanne bleibt – viel wird’s nicht gewesen sein.
    Der Stadtrat und die Regierung argumentieren mit dem Verbraucherschutz, letztendlich ist die Reglementierung aber wohl dazu da, die Stadtkassen zu füllen. So erlässt Maximilian eine Brottaxordnung und das Landesfürstentum ist in den Folgejahren bestrebt, alle Preise zu gestalten, gegen Ende des 16. Jahrhunderts betreffen die Kontrollen Handelswaren aller Art. Eine Preistabelle aus dem Jahr 1605 verdeutlicht schön, was es zu jener Zeit in Innsbruck alles zu kaufen gibt:
    „Essig, Stockfisch, Hering, Pfeffer, Branntwein, Papier, Safran, Mandeln, Reis, Baumöl, Seife, Büchsenpulver, Quecksilber, Pulver, Honig, Feinzucker, Parmesankäse, Weihrauch. An Textilien waren erhältlich: ausländisches Tuch, Karmesin, Taffet, Atlas, Damast, Seidenstrümpfe, englische und Pariser Strümpfe, gefärbte Seide, Baumwolle, weiße Leinwand.“
    Zu Seusenhofers Zeiten ist das Angebot gewiss noch nicht so reichhaltig. Da fällt mir ein, Seusenhofer wird kurz vor seinem Tod im Jahr 1517 noch als Besitzer jenes Hauses in der Altstadt genannt, in dem du täglich deine Melange bestellst.
    Das
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