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Illuminatus 3 - Leviathan

Illuminatus 3 - Leviathan

Titel: Illuminatus 3 - Leviathan
Autoren: Robert Shea & Robert Anton Wilson
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närrischen Karteiführers, der ständig zwischen solchen Verdammten Dingern hin und her segelt und verzweifelt mit seinen Klassifikationen jongliert, damit er sie unterbringen kann, ebenso wie die Geschichte der Politik die flüchtige Erzählung einer langen Reihe von Versuchen ist, die Verdammten Dinger in Reih und Glied zu bringen und sie zu überreden, in Regimentern zu marschieren.
    Jede Ideologie bedeutet geistigen Mord, die Reduktion dynamischer Lebensprozesse auf statische Klassifikation, und jede Klassifikation ist eine Verdammung, ebenso wie jede Inklusion eine Exklusion ist. In einem fleißigen, summenden Universum, wo keine zwei Schneeflocken miteinander identisch sind und keine zwei Bäume identisch sind und keine zwei Menschen identisch sind -und, dessen wurden wir versichert, in der Tat das kleinste subatomare Teilchen nicht einmal mit sich selbst identisch ist von einer Mikrosekunde zur nächsten —, ist jedes Karteiensystem eine Selbsttäuschung. «Oder, um es etwas milder auszudrücken», wie Nietzsche sagt, «wir sind alle bessere Künstler, als wir glauben.»
    Es ist leicht zu erkennen, daß die Bezeichnung «Jude» im NaziDeutschland eine Verdammung war, tatsächlich ist die Bezeichnung «Jude» aber überall eine Verdammung, selbst da, wo es keinen Antisemitismus gibt. «Er ist Jude», «er ist Arzt», und «er ist Dichter» bedeuten für das Karteiensystem-Zentrum im Kortex, daß die Erfahrung, die ich mit jemandem machen werde, der Erfahrung, die ich mit anderen Juden gemacht habe, gleichen wird, mit anderen Ärzten, mit anderen Dichtern. Folglich wird Individualität ignoriert, wenn Identität geltend gemacht wird.
    Bei jeder Party, an jedem beliebigen Ort, wo Leute sich begegnen, kann man diesen Mechanismus in Aktion sehen. Hinter jedem Vorspiel steht die Vorsicht, indem jeder versucht, die Bezeichnung hervorzufischen, die den anderen identifizieren und verdammen wird. Schließlich ist es da: «Oh, er ist Werbetexter», «Oh, er ist Fließbandarbeiter.» Beide Seiten entspannen sich, denn nun wissen sie, wie sie sich verhalten müssen, welche Rolle sie in diesem Spiel zu spielen haben. Neunundneunzig Prozent von jedem wurden verdammt; der Rest reagiert auf das eine Prozent, das von der Karteiensystem-Maschine bezeichnet worden ist.
    Gewisse Verdammungen sind sozial und intellektuell natürlich notwendig. Eine Cremetorte, die in das Gesicht eines Schauspielers geworfen wird, wurde vom Naturwissenschaftler verdammt, der sie gemäß dem Newtonschen Bewegungsgesetz analysierte. Diese mathematischen Gleichungen berichten uns allen, was wir über die Wucht, mit der die Torte auf das Gesicht aufschlug, wissen wollen, aber nichts über die menschliche Bedeutung des Tortewerfens. Ein Anthropologe, der die soziale Funktion des Schauspielers als Schamane, als Hofnarr und Königsersatz analysiert, erklärt das Tortewerfen als Überbleibsel des Narrenfestes und des Tötens des Königsstellvertreters. Das verdammt den Schauspieler auf andere Weise. Ein Psychoanalytiker, der hier ein ödipales Kastrationsritual findet, hat eine weitere, dritte Verdammung vollzogen, und der Marxist sieht ein Ventil für die unterdrückte Wut der Arbeiter gegen die Bosse und vollzieht eine vierte. Jede Ver-dammung hat ihren Wert und ihren Nutzen, dennoch bleibt es eine Verdammung, es sei denn, ihre partielle und zufällige Natur wird anerkannt.
    Der Dichter, der die Torte im Gesicht des Schauspielers mit dem Niedergang des Westens oder seiner eigenen vergeblichen Liebe vergleicht, begeht eine fünfte Verdammung, doch sind in diesem Fall das Spielelement und die Wunderlichkeit des Symbolgehalts offensichtlich. Man sollte es wenigstens hoffen; liest man die neuen Kritiker, so lassen sie an diesem Punkt gelegentlich Zweifel aufkommen.
    Die menschliche Gesellschaft kann entweder gemäß dem Prinzip der Autorität strukturiert werden oder gemäß dem Prinzip der Freiheit. Autorität bezeichnet eine statische soziale Konfiguration, in der die Menschen als Überlegene und Unterlegene agieren: eine sado-masochistische Beziehung. Freiheit ist eine dynamische soziale Konfiguration, in der die Menschen als Gleiche füngieren: eine erotische Beziehung. Bei jeder zwischenmenschlichen Beziehung ist entweder Autorität oder Freiheit der dominante Faktor. Familien, Kirchen, Logen, Vereine und Gesellschaften sind entweder autoritärer als freiheitlich oder freiheitlicher als autoritär.
    Indem wir so fortfahren, wird es offensichtlich, daß
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