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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Richard Hagen
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Mitarbeitern umwendend, kommandierte er scharf: » Weitermachen, ihr Faulpelze! Hier gibt’s nichts zu gaffen!«
    » Zuerst will ich…«, begann Inga Jäger, da drehte er sich wieder zu ihr um, und sie verstummte unwillkürlich.
    Er stampfte an ihr vorbei und knurrte so leise, dass nur sie es hören konnte: » Ich sagte, gehen wir ein paar Schritte!«
    Inga Jäger entschied sich, ihn zu begleiten, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
    Erst als sie außer Hörweite der Kollegen waren, holte sie Luft, um ihm die Meinung zu geigen, doch sie kam nicht dazu, etwas zu sagen.
    Er war schneller.
    » Drei Dinge vorab«, sagte er. » Weil Sie neu hier sind.«
    » Ich…«, wollte sie ihn unterbrechen, aber er ließ es nicht zu, sondern redete einfach weiter.
    » Erstens: Das da drüben ist meine Truppe«, sagte er. » Das sind alles meine Leute– Leute, die mir aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit vertrauen und die das tun, was ich sage. Also spielen Sie sich vor ihnen mir gegenüber nie wieder so auf, und stellen Sie meine Autorität nie wieder in Frage.«
    » Ich…«
    » Zweitens: Wenn Sie künftig etwas von mir wollen oder mir etwas zu sagen haben, rufen Sie mich gefälligst persönlich an und lassen mir das nicht von Ihrer Sekretärin ausrichten, als wäre ich irgendein Laufbursche oder Lakai.«
    » Wollen Sie jetzt etwa Machtspielchen spielen?«, fragte sie und funkelte ihn herausfordernd an.
    » Wollen Sie?«
    » Das habe ich nicht nötig, KHK Gebert«, sagte sie trocken. » Ich bin im Rahmen von Ermittlungen Ihre Vorgesetzte, und als solche habe ich Sie unmissverständlich angewiesen, am Fundort der Leiche nichts zu verändern, ehe ich nicht eingetroffen bin.«
    » Und damit kämen wir zu dem dritten Punkt, Frau Oberstaatsanwältin Jäger. Zum wichtigsten.« Er hatte ihren Titel und ihren Namen ganz besonders betont, um ihr zu demonstrieren, wie wenig ihre Ansage, seine Vorgesetzte zu sein, ihn einschüchterte. » Ich will verdammt sein, wenn ich den Leichnam eines Menschen länger als nötig im Dreck liegen lasse, als würde es sich dabei um den Kadaver irgendeines Viechs handeln. Also wenn Sie das nächste Mal unbedingt bei der Spurensicherung dabei sein wollen, statt, wie Ihre Kollegen, brav hinter dem Schreibtisch zu sitzen und auf die Auswertung der Untersuchung zu warten, dann bewegen Sie Ihren kleinen Arsch in Zukunft gefälligst schneller an den Tatort, statt sich erst noch das Näschen zu pudern und Ihre Mary Janes von Naya auf Hochglanz zu polieren. Haben wir uns verstanden?«
    Inga Jäger wusste für einen Moment lang überhaupt nicht, was sie darauf erwidern sollte und was es war, das ihr letzten Endes mehr die Sprache verschlug– seine unverhohlen direkte, ja schon fast unverschämte Art, die Tatsache, dass er als Mann nicht nur ihre Schuhmarke, sondern auch die Form der Schuhe richtig erkannt hatte, ohne überhaupt genauer hingesehen zu haben, oder dass er mit dem, was er sagte, recht hatte: Der Leichnam eines Menschen sollte wirklich nicht länger als unbedingt nötig im Dreck liegen müssen.
    Sein offenbar tiefer Respekt vor der aufgefundenen Toten linderte ihre Wut über nicht eingehaltene Anweisungen und Kompetenzgerangel gerade sehr viel schneller, als ihr lieb war.
    » Sind Sie fertig?«, fragte sie, nicht mehr ganz so gereizt, aber in der festen Überzeugung, jetzt Grenzen stecken zu müssen, um zu verhindern, ihr zustehendes Terrain an ihn zu verlieren, das zurückzugewinnen, sobald es erst einmal verloren war, nahezu unmöglich sein würde.
    You never get a second chance to make a first impression, heißt es in Rhetorik- und Präsentationsseminaren immer so schön. Du kriegst niemals eine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu machen.
    » Fürs Erste«, antwortete er und starrte sie mit seinen eisblauen Augen durchdringend an. Sie hatte das beunruhigende Gefühl, dass er noch nicht ein einziges Mal geblinzelt hatte.
    » Gut. Dann hören jetzt Sie mir zu.«
    » Schießen Sie los.«
    » Erstens«, begann sie und konzentrierte sich darauf, ruhig zu atmen, um zu verhindern, dass ihre Stimme wacklig wurde. » Möglich, dass meine Vorgänger– wie Sie es auszudrücken beliebten– brav hinter ihren Schreibtischen gesessen und auf die Ergebnisse Ihrer Untersuchungen gewartet haben; aber richten Sie sich bitte jetzt darauf ein, dass das bei mir anders läuft.«
    » Sie…«
    » Ich werde sehr aktiv an den Ermittlungen teilnehmen, Herr Kriminalhauptkommissar Gebert. Denn ich bin zugegebenermaßen
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