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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Belinda Bauer
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ihnen das Fahrzeug angeboten, damit sie unerkannt zu den Tooks fahren konnten. Entführungen, bei denen Lösegeld gefordert wurde, kamen heutzutage so gut wie nie mehr vor, außer irgendwo in Osteuropa, doch es war besser, sich an die Vorschriften zu halten, bis sie genau Bescheid wussten. Wie dem auch sei, Reynolds fand, dass Elizabeth Rice zu attraktiv war, um hinter dem Lenkrad eines Baufirmen-Lieferwagens zu sitzen, selbst in Jeans und Sweatshirt, das lange blonde Haar zu einem praktischen Pferdeschwanz zurückgebunden. Er hätte Tim Jones aus dem Drogendezernat mitnehmen sollen, der sah aus wie ein Hilfsarbeiter und roch auch so.
    Der Lieferwagen war mit Fastfood-Packungen zugemüllt, und zu seinen Füßen lag eine in jedem Wortsinne schmutzige Zeitschrift. Reynolds hatte sie beim Einsteigen entdeckt und während der ganzen Fahrt versucht, so viel von dem Titelbild wie möglich mit den Füßen zu verdecken, damit Rice keinen Anstoß daran nahm oder – noch schlimmer – Witze darüber riss.
    Er schob den Zettel wieder in die Akte mit der Aufschrift JESS TOOK, die auf seinem Schoß lag, und starrte das Foto des Mädchens an.
    Wenn es um verschwundene Teenager ging, stand das Wort »Ausreißer« auf der Liste der Möglichkeiten immer über dem Wort »Entführt«. Wenn sie bei jedem vermissten Teenager von einem Kidnapping ausgingen, würden sie ihr ganzes Leben damit verbringen, mürrische Kids unter den Betten ihrer besten Freunde hervorzuziehen oder sie mit großen Netzen auf den Londoner Busbahnhöfen einzufangen, das wusste selbst ein erklärter Liberaler wie Reynolds. Die Wahrheit war, dass die meisten Jugendlichen einfach wieder nach Hause gingen. Also gab es – sofern keine eindeutigen Beweise für eine Entführung vorlagen – inoffiziell ein Zeitfenster von vierundzwanzig Stunden, in denen man davon ausging, dass genau das passieren würde.
    In diesem Fall war es nicht passiert. Noch nicht. Der Akte entnahm Reynolds, dass der zuständige Streifenbeamte verständigt worden war und den Ball behutsam ins Rollen gebracht hatte – dass er Freunde und Verwandte angerufen und den Wald und die Ställe und Schuppen in der Nähe von Jess’ Zuhause abgesucht hatte. Wäre sie acht gewesen, so wären sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt worden. Aber dreizehn? Bei Teenagern sah man das anders. Also war der Sonntag ein Tag des Wartens gewesen, man würde schon sehen. Man würde darauf warten, dass Jess kalt wurde, dass sie Hunger bekam oder klein beigab, und dann würde man sehen, wie sie entweder bei ihrem Vater oder ihrer Mutter die Auffahrt heraufmarschiert kam. Als sie bis Sonntagabend bei beiden nicht aufgetaucht war, hatte man die Dienststelle in Taunton verständigt, Reynolds war der Fall zugewiesen worden, und das Ganze hatte offizielle Dringlichkeit angenommen.
    Jetzt – am Montagmorgen – würde es ernsthaft losgehen: die förmlichen Befragungen von Freunden und Angehörigen, das Organisieren der Suche und der Dutzenden von Freiwilligen, die sich ganz sicher melden würden. Die diskrete, aber eingehende Untersuchung jedes einzelnen dieser Freiwilligen, für den Fall, dass einer von ihnen der Entführer sein könnte, der versuchte, sich in die Ermittlungen einzuschmuggeln. Oder die Entführerin, dachte Reynolds. Was das betraf, war man wohl am besten für alles aufgeschlossen. Obwohl natürlich Frauen, die Kinder entführten, im Allgemeinen Babys kidnappten, aus einer Art urwüchsiger Verzweiflung heraus. Männliche Kindsentführer dagegen …
    Reynolds machte sich nicht die Mühe, den Gedanken zu Ende zu denken. Sich vorzustellen, was vielleicht gerade mit Jess Took geschah, war kontraproduktiv bis zum Wahnsinn. Er musste ein wenig Distanz zu den grausamen Details solcher Ermittlungen halten, um mit klarem Kopf Entscheidungen treffen zu können.
    Rice hatte nichts zu seinen Haaren gesagt.
    Reynolds war sich nicht sicher, ob das gut war oder nicht.
    Rice pfiff leise, als sie in John Tooks Auffahrt einbogen. »Nicht schlecht«, bemerkte sie, und das stimmte auch.
    Ein weiß getünchtes Langhaus stand an der Kieszufahrt, dicht mit Blauregen bewachsen. Daneben stand ein Stall mit einem halben Dutzend Boxen. Der große Garten war gemäht und beschnitten bis zum Anschlag. Drei andere Wagen standen in der Auffahrt – keiner davon kostete weniger als das Jahresgehalt eines Detective Inspectors.
    Sofort setzte Reynolds »Lösegeld« auf Platz zwei seiner Liste möglicher Motive für die Entführung von Jess
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