Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Belinda Bauer
Vom Netzwerk:
echten Emotionen hervorrufen würde, doch alles, was er seit dem Tod seiner Frau empfunden hatte, war ein seltsames Taubheitsgefühl, eine Milchglasbarriere vor der Realität.
    Nur in seinen Träumen fühlte Jonas überhaupt etwas. In seinen Träumen fand er Lucy oft. Immer irgendwo, wo er es nicht erwartete. Er nahm den Bus nach Tiverton, und sie saß ganz vorn, mit Einkaufstüten zu ihren Füßen. Er stahl ein bil liges Schmuckstück auf einem Basar in einem fremden Land, drehte sich um, und da stand sie plötzlich neben ihm. Einmal sah er sie durch die Fugen zwischen den Bohlen der Seebrücke von Weston, und sie hielten immer wieder aufblitzend Schritt miteinander – er oben und sie unten auf dem nassen Sand –, bis sie den Strand erreichten, wo sie sich umarmten.
    Immer umarmten sie sich.
    Immer weinten sie vor Freude.
    Ich habe dich gefunden. Ich habe dich gefunden. Er wiederholte es, ohne die Lippen zu bewegen – ein Lied, das sein Herz sang und das seinen Körper vor Glück erbeben ließ.
    Immer endete es auf dieselbe Weise. Lucy schluchzte ihm ins Ohr: »Du hättest nicht nach mir suchen sollen, Jonas.«
    Und er merkte zum ersten Mal, dass ihr Körper kalt war, wo er doch warm sein sollte, und noch während das Grauen ihn traf, fühlte er, wie sie in seinen Armen zu einem Stück totes Fleisch wurde.
    Dann wachte er auf, tastete noch immer nach ihr, das Kissen nass von Schweiß und Tränen, und rief »Ich liebe dich« in die Dunkelheit der Morgendämmerung hinein.
    Von alldem erzählte Jonas der Psychologin nichts.
    Er erzählte Kate Gulliver auch nicht, wie ihm die Zeit manchmal entglitt. Dass er zum Beispiel auf dem Sofa einschlief und in der Küche aufwachte, mit einem Messer in der Hand. Dass der Drang fast übermächtig war, sich die blitzende Klinge in den Mund zu schieben und auf seine Zunge, seinen Gaumen und seine Wangen einzustechen, bis das Blut aus ihm herauslief wie aus einem Wasserschlauch. Oder dass er mehr als einmal zugesehen hatte, wie seine eigenen Hände eine seiner Uniformhosen zu einer Schlinge zusammengedreht hatten. Es war eine alte Hose, und es fehlte ein Knopf daran – für niemanden von Nutzen, der nichts von Handarbeiten verstand oder eine Frau hatte, die nähen konnte.
    Ganze Tage kamen ihm abhanden – verschwanden so spurlos in seinem Kopf, als wäre er von Außerirdischen entführt worden. Er wurde zurückgebracht, und nichts hatte sich verändert, außer dem Zeigerstand auf der Uhr.
    Manchmal auch dem Datum auf dem Kalender.
    All dies waren Dinge, von denen sein neues animalisches Selbst wusste, dass sie besser ungesagt blieben. Besser unerforscht blieben.
    Und so sagte Jonas Holly nichts, fühlte nichts und hing zwischen Licht und Dunkelheit in der Schwebe – zwischen Leben und Tod –, bis zu der Zeit, da man ihm erlauben würde, wieder als Dorfpolizist auf dem Exmoor zu arbeiten.
    3
    Steven Lamb wusste nicht, was genau er für seine dreihundert Pfund erwartet hatte, aber das hier definitiv nicht.
    Ronnie hatte ihm gesagt, dass das Motorrad nicht fahrtüchtig war. »Aber wir kriegen das Teil schon in Gang, kein Problem«, hatte er ihm versichert, als sie nach Minehead gefahren waren. Daran hatte Steven auch nicht gezweifelt. Ronnie Trewell konnte alles in Gang bringen – unzählige Autofahrer aus Somerset, deren Wagen trotz Schlössern, Alarmanlagen und Lenkradsperren geklaut worden waren, konnten das bezeugen.
    Was Ronnie ihm jedoch nicht gesagt hatte, war, dass die Suzuki 125 in anscheinend tausend Einzelteile zerlegt war. Zwei Räder und den Rahmen konnte man identifizieren, alles andere jedoch – Motorteile, Kabel, Scheinwerfer und Lichter, der Tank, Stangen, Schrauben und Muttern – lag bunt durcheinander in zwei riesigen Plastikkästen.
    »Is’ alles da, Alter«, behauptete der schmierige Mann mit den verschlagenen Augen, den Ronnie als »Gary« vorgestellt hatte. »’N Supertyp«, hatte er noch hinzugefügt, als sei das alles, was Steven als Sicherheit brauchte, um jemandem, dem er noch nie begegnet war, sein gesamtes Geld für eine Sammlung loser Teile anzuvertrauen.
    »Da ist der Auspuff«, bemerkte sein bester Freund Lewis und spähte in einen der Kästen – als beweise das, dass der Rest des Motorrades ebenfalls da sein musste.
    Steven dachte an all die Tage, an denen er morgens im Dunkeln aufgestanden war, um mit einer Tasche voller Zeitungen auf der Hüfte durch Regen und Schnee zu trotten. Um das Geld zu verdienen, das jetzt in der Tasche seiner Jeans
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher