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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten
Autoren: Edda Minck
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angerührt. Sie hat noch nicht mal aufgeschaut, als der Wärter die Näpfe brachte. Mein Hungerstreik war auf der Stelle beendet. Ich habe alles aufgegessen, denn wenn ich bedenke, dass ich nach meiner Flucht, falls sie mir gelingt, noch über 2000 Kilometer zurücklegen muss, wie mir eben klar geworden ist, muss ich ordentlich zulegen, damit ich die Strecke auch schaffe. Ich könnte natürlich auch versuchen, in einen dieser fliegenden Vögel zu gelangen, denn dass die Touristen-Pinkel uns keinen Unsinn erzählt haben, das habe ich jetzt begriffen.
    Als es Abend wurde, hatte sich die Beagle-Dame plötzlich wieder bequemt, das Wort an mich zu richten. Nicht sehr freundlich, wie du dir denken kannst. »Iss nicht so viel«, sagte sie. »Du wirst es nicht vertragen und dir den Magen verderben. Es ist nicht so wie der Müll, den du gewöhnt bist.«
    Das will ich wohl meinen, dachte ich und sagte: »Was soll ich denn machen? Amêijoas na Cataplana wird hier offensichtlich nicht serviert.«
    »Ich meine es nur gut mir dir. Ach, schon viertel vor sieben … Ich werde bestimmt gleich abgeholt. Sie kommen immer gegen viertel vor sieben.«
    »Wer?«
    »Die Leute, bei denen ich wohne. Manchmal brauche ich eine Auszeit, und dann gehe ich meiner eigenen Wege. Eine aus dem Stall der Buttermere Double Puffin hält man nicht auf.«
    »Aha«, sagte ich. »Aufhalten oder nicht, weit scheinst du trotzdem nicht zu kommen mit deiner Auszeit.«
    »Das ist Teil des Deals. Aber das verstehst du nicht.«
    »Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
    »Du bist bestenfalls Straßenqualität – egal wie viele Titel du dir verleihst … El-Rei Dom Dingsbums. Nimm es mir nicht übel, aber du machst dich lächerlich mit deinem Macho-Gehabe.«
    Alfonso, was sagst du dazu? Wenn ein João gehen will, dann geht er. Und zwar weit genug weg, dass niemand ihn findet. Ich mache keine Deals. Oder? Was glaubt diese Double Puffin MacMuffin, wer sie ist?!
    »Na, du musst es wissen. Scheinst ja die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben«, sagte ich zu ihr. Die Lady rümpfte die Nase und murmelte mit Verachtung in der Stimme: »Sag ich doch, Macho.«
    Und dann schwiegen wir wieder. Nicht lange, denn plötzlich tauchten in Begleitung eines Gefängniswärters ein Mann und eine Frau auf. Quiekend stürzten sie sich auf meine Zellengenossin, die ihnen aber nur arrogant das Hinterteil zeigte. Beide Menschen brabbelten in wildem Kauderwelsch durcheinander, die Frau weinte vor Freude und nannte die Puffin MacMuffin bei ihrem Namen, den sie mir bislang vorenthalten hatte. »Diana«.
    Der Mann drohte ihr mit dem Zeigefinger, lächelte aber dabei. Diana wurde von der Frau hochgehoben, feste gedrückt (mir taten schon beim Zugucken die Knochen weh), aber die Hochwohlgeborene ließ es über sich ergehen – wahrscheinlich auch ein Teil von dem, was sie »Deal« nannte – und wurde aus der Zelle getragen. Sie schaute gelangweilt drein und sagte: »Jetzt siehst du, was ich meine. Sieh zu, dass du wieder da hinkommst, wo du hergekommen bist. Zuweilen ist das Personal hier einfach unerträglich.«
    Ich schluckte meinen Stolz herunter und fragte: »Bevor du gehst Lady Diana, sag mir bitte noch, was das Wort ›Kassi‹ bedeutet.«
    Sie lachte und sagte: »Es heißt Gassi, nicht Kassi. Das sagen sie dir, wenn sie dir erlauben, dein Wasser abzuschlagen. Und wenn sie es sagen, tust du gut daran, ein Freudentänzchen aufzuführen. Das Personal mag das. Und das hier auch …« Diana schlabberte der Frau mit ihrer langen Zunge übers Gesicht. Strahlend vor Freude konnte sich die Frau kaum noch auf den Beinen halten, als sie die Zelle verließen.
    Erlauben zu pinkeln?! Alfonso, in diesem Deutschland ist das Urinieren rationiert! Was denn noch? Und wer will es wagen, El-Rei Dom João zu verbieten, das Bein zu heben, wo auch immer ihm der Sinn danach steht? Bevor ich mich von dem Schreck erholt hatte und diese Diana fragen konnte, ob sie hier die Rüden auch noch zwingen, sich ihres Wassers im Sitzen zu entledigen, war sie mit ihrem Hofstaat schon verschwunden. Der Wärter schaute mich lange an und seufzte. Dann sagte er etwas zu mir, aber ich habe es natürlich nicht verstanden. Es klang so: Klückstack.

Kapitel 2
1. Juli
    Alfonso – ich brauche dringender denn je einen Advogado. Seit vorgestern weiß ich, was das Wort »Klückstack« bedeutet. Es bedeutet, dass man an einen x-beliebigen Zweibeiner verscherbelt wird. Von wegen Personal, das einem auf die Nerven geht, wie die
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