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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)
Autoren: Bas Kast
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Freitagabend in Berlin hundert andere Sachen machen können, trotzdem entschied sich jeder von uns immer wieder aufs Neue zu diesem eher unspektakulären Abend »auf dem Lande«, wobei vielleicht gerade darin der Reiz lag: der Stadt mit ihren Verlockungen und Zumutungen für ein paar Stunden einfach den Rücken zu kehren.
    Abgesehen von meiner Freundin und mir bestand die Grillrunde aus: den Gastgebern, Julia und Christian, einem Ehepaar von knapp über 40, sie Kinderpsychologin, er Journalist. Dann Tanja, Anfang 30, Single, sie war die Einzige, die gelegentlich fehlte, sei es, weil sie auf einem Meeting irgendwo auf der Welt sein musste, sei es, weil sie irgendein Date hatte. Dafür kamen Sophie und Nico immer, beide Mitte 30, beide mit wechselnden Jobs und noch weitgehend verwirrt darüber, was sie mit ihrem Leben denn nun eigentlich genau anstellen sollten.
    Eines Abends tauchte Sophie alleine auf. Während Christian und ich uns am Grill teils nützlich, teils wichtig machten, verschwanden die Frauen ins Haus und kamen nicht wieder. Irgendwann, als die ersten Zucchinischeiben auf dem Grill langsam beunruhigend dunkel wurden, ging Christian los, um nachzusehen.
    Minuten später kamen sie alle in den Garten, und ich erfuhr, was los war: Sophie und Nico hatten sich getrennt. Der Grund erwies sich als erschreckend einfach: Sie wollte Kinder, er nicht, noch nicht. Er war einfach noch nicht so weit. Jetzt hatte sie die Schnauze voll und nach einem langem Hin und Her, von dem wir nichts mitbekommen hatten, einen Schlussstrich gezogen.
    »Ist ja schon typisch«, sagte Tanja nach einer Weile, wir saßen mittlerweile am langen Holztisch. Aßen, redeten. Versuchten, Sophie zu trösten. »Alle toben sich aus, keiner bindet sich wirklich, und am Ende bleiben wir Frauen dabei auf der Strecke.« Ich schätze, dass Tanja mit ihrem Job bei einem großen Pharmaunternehmen schon damals mehr als 70 000 oder 80 000 Euro verdiente, jedenfalls mehr als alle anderen in der Runde. Sie hatte ein Dauerabo bei Elitepartner.de und bei ihrer immer verzweifelteren Suche nach einem (einem? dem ) Mann ihre astronomischen Ansprüche sukzessive und zähneknirschend heruntergeschraubt, bis dahin ohne Erfolg.
    Ich fragte vorsichtig, was sie denn damit meine und ob nicht auch Frauen unter Umständen Spaß daran hätten, sich auszutoben.
    Austoben sei ja schön und gut, entgegnete Tanja. »Aber je länger alles unverbindlich bleibt, desto mehr steigt für die Frau das Risiko, dass sie nur ihre Zeit verschwendet mit einem Typen, der sich davonmacht, sobald es ernst wird. Irgendwann steht sie alleine da, oder sie muss sich auf einen Mann einlassen, den sie vielleicht gar nicht so richtig will und den sie dann doch nimmt, weil ihr keine Zeit mehr bleibt.«
    Christian, ein langer, schlaksiger Typ, sah Tanja irritiert an. »Und du denkst, Männer hätten mehr Zeit?«, fragte er.
    »Ja, sicher«, entgegnete Tanja. »Charlie Chaplin ist noch mit 80 Vater geworden.« [1]  
    Christian schüttelte den Kopf. »Tja, so einfach ist das also«, sagte er in einem ironisch-sarkastischen Tonfall, woraufhin es unangenehm still wurde. Keiner sprach ein Wort. Auch Tanja schwieg. Vielleicht wurde ihr erst jetzt bewusst, dass ihre Sätze, so recht sie damit aus ihrer Sicht vielleicht hatte, für Christian und Julia einem Schlag ins Gesicht gleichkamen.
    Christian und Julia hatten sich nach ihrem Studium mehr oder weniger ausschließlich um ihre Karrieren gekümmert. Erst hatten Kinder nicht in ihren Lebensplan gepasst, dann hatte sich der Plan geändert, zu dem Zeitpunkt jedoch war es bereits, wie ein Besuch beim Arzt bestätigte, zu spät. Jetzt besuchten sie einen Adoptionskurs, den das Jugendamt fordert, um für die Adoption eines Kindes in Frage zu kommen.
    Die Diskussion zog sich noch bis weit nach Mitternacht hin, unter einem blassen Sternenhimmel. Als meine Freundin und ich schließlich nach Hause fuhren und über den Abend und unsere Probleme redeten (um nur eins zu nennen: Meine Freundin musste gerade arbeitstechnisch für längere Zeit nach Holland, hatte aber wenig Lust, mich, ihre Freunde und Familie und Berlin zu verlassen), platzte es irgendwann aus ihr heraus: »Warum fällt es uns so schwer, alles richtig zu machen? Eigentlich haben wir doch alle Möglichkeiten, trotzdem sind wir ständig unzufrieden!«
    Ich weiß nicht mehr, was ich damals geantwortet habe, ob ich überhaupt etwas halbwegs Intelligentes gesagt habe, wahrscheinlich eher nicht. Ich
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