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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone
Autoren: Joaquinn Garcia
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nicht. Ein fataler Fehler.
    An diesem Feiertag saßen Greg, Vaccaro und ich im Restaurant La Villetta in Larchmont, New York. Greg wandte sich mir zu und krächzte: »Hör mal, wir machen einen Ausflug.«
    Wie gewöhnlich verschwieg er mir den Anlass unserer Fahrt. In solchen Momenten war ich immer ein wenig nervös, weil ich die Lage nicht im Griff hatte. Man konnte mich überall hinbringen – zum Schauplatz eines Mordes oder sogar an mein eigenes Grab. Ich wusste es nie.
    »Wohin fahren wir?«, fragte ich und versuchte, meine Besorgnis zu verbergen.
    »Kümmere dich nicht darum«, sagte der Alte. »Wir fahren nach White Plains.«
    Was sollte ich tun? Damals fuhr ich einen Hummer, passend zu meiner Rolle als erfolgreicher Juwelendieb aus Südflorida. FBI-Agent Bim Liscomb, ein Mitglied des FBI-Überwachungsteams, deckte mich. Wir sahen beide nicht wie Agenten aus. Bim war Afroamerikaner, korpulent, und er trug einen Bart, was zu J. Edgar Hoovers Zeit verpönt war. Damals genügten drei Verstöße gegen die FBI-Regeln, und man flog raus. Ich hatte mich für ihn als Bewacher entschieden, weil er überhaupt nicht wie ein Agent aussah und weil er keines dieser brandneuen Autos mit getönten Scheiben fuhr, mit denen Überwachungsteams immer wieder aufflogen. Wie ich aussehe? Ich bin eins 93 groß, wiege 177 Kilo und sehe ebenfalls nicht wie ein FBI-Agent aus.
    Wir verließen La Villetta und stiegen in meinen Hummer. Ich konnte nicht ans Telefon gehen und sagen: »Bim, ich fahre nach White Plains. Fahr mir nach.« Stattdessen hoffte ich, dass er uns in meinem H2 wegfahren sah und uns diskret folgte. Wie üblich fuhr ich langsam, um meinen Beschatter nicht zu verlieren. Meine Trägheit am Lenkrad brachte Greg immer in Rage.
    »Du fährst wie ein altes Weib!«, beschwerte er sich. »Beeil dich, Jackieboy! Verdammt, du brauchst ja ’ne Stunde, wenn ich ’ne halbe brauche!«
    »Ich fahre immer langsam«, erklärte ich ihm. »Wegen der Erinnerungen an einen Unfall, den ich als Kind hatte.«
    Hätte Greg es eilig gehabt, hätte er gesagt: »Unsere Zeit ist knapp. Reiß dich gefälligst zusammen!« Dann hätte ich ihm gehorcht und so getan, als hätte ich mich verfahren, nur um es ihm heimzuzahlen. Aber diesmal passierte das nicht. Wir saßen alle in einem Auto, und ich wusste immer noch nicht, worum es ging.
    Unterwegs klärte Greg uns endlich auf.
    »Wir fahren zu Bloomingdale’s«, sagte er, »und suchen diesen Schleimer Petey Chops.«
    Okay, heute sollte ich also nicht umgelegt werden. Das war beruhigend. Aber warum suchten wir in einem Kaufhaus einen aufmüpfigen Mafiasoldaten? Greg rückte keine weiteren Informationen heraus, und als Mitglied seiner Gang stand es mir nicht zu nachzufragen.
    Wir kamen bei Bloomingdale’s an und wussten nicht, wo zum Teufel das Restaurant war. Wir waren von Haushaltsartikeln und Teppichen umgeben. Natürlich gehörten wir nicht zu den Leuten, die mit dem Grundriss von Kaufhäusern vertraut waren. Mafiosi kaufen nicht im Einzelhandel ein. Wir drei sahen ganz bestimmt nicht wie Kunden aus. Wir sahen wie Mafiosi aus – piekfein gekleidet, perfekt manikürt und rasiert.
    Wir brauchten eine Weile; aber wir fanden das Restaurant und warteten auf Petey Chops.
    Um sechs Uhr war nichts von Petey zu sehen.
    Zehn nach sechs. Keine Spur von ihm.
    Viertel nach sechs. Nichts.
    Dann erkannte einer der Kellner Greg. Der Kellner hatte das geschniegelte Aussehen eines Typen, der lässig am Geländer einer Rennbahn lehnt oder bei einem Buchmacher in Vegas herumhängt. Wer einen Grund hatte, mit dem organisierten Verbrechen im Westchester County Kontakt zu pflegen, kannte Greg DePalma, und dieser Bursche kannte ihn auf jeden Fall.
    »Wollt ihr Jungs einen Tisch?«, fragte der Kellner Greg zaghaft. Jeder fasste Greg mit Samthandschuhen an, denn er ohrfeigte selbst in seinen Siebzigern Leute, die er für respektlos hielt.
    »Wir haben eben gegessen«, sagte Greg, der sich ärgerte, weil Petey Chops nicht da war.
    In diesem Augenblick atmete ich auf. Egal, was geschehen würde, sie hatten es nicht auf mich abgesehen.
    Greg murmelte leise vor sich hin. »Wo ist dieser Scheißkerl?« Er rief den Kellner zu sich. In der Öffentlichkeit benahm er sich immer wie ein typischer Mafioso.
    »Kennst du meinen Freund Pete, der montags hier isst?«, knurrte Greg.
    Der Kellner nickte. »Er kommt meist mit seiner Freundin«, antwortete er zögernd, denn er wusste ja nicht, welche Antwort möglicherweise die falsche
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