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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
Autoren: J Rautenberg
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an seinem nicht eben faltenfreien Hemd hinab. Auf dem Revers klebt ein gut sichtbares bisschen von Tagalogs leckerem Mittagessen. Kriegen wir hin!
    » Damenwahl!«, entscheide ich und laufe ins Schlafzimmer, wo ich aus der Dreckwäsche ein zwar zerknittertes, aber immerhin sauberes Hemd von Konrad fische, das er bei seinem glorreichen Auszug aus Ägypten wohl übersehen hat. Dann flitze ich zurück ins Wohnzimmer und scheuche Konrads Vater vom Sofa.
    » Und Bowle müssen wir auch noch machen– haben Sie eine Ahnung, wie das geht?«, frage ich.
    In Herr Paulsens Augen blitzt etwas auf. Er nickt.
    » Gut, dann gehe ich jetzt schnell duschen.« Das » schnell« streiche ich in Gedanken– bis ich mich wieder einigermaßen ansehnlich zurechtgezimmert habe, kann es dauern. » Würde es Sie stören, schnell zum Supermarkt zu flitzen und die Zutaten einzukaufen?«
    Herr Paulsen schüttelt den Kopf und wackelt davon. Von wegen flitzen. Ich mache den Rasenden Roland und gönne mir mal wieder ein Schönheitsprogramm im Schnelldurchlauf.
    Als ich einigermaßen zurechtgezimmert das Bad verlasse und auf die Suche nach etwas einigermaßen Tragbarem ins Schlafzimmer spurte, kommt mir Herr Paulsen breit grinsend mit einem Becher in der Hand entgegen. Er hält mir den Becher hin. In ihm schwimmt eine gräuliche, zähflüssige Soße.
    » Und was ist das?«, frage ich.
    » Bowle!«, sagt Herr Paulsen stolz.
    » Was für eine Bowle soll das sein?«
    » Schlammbowle!«, sagt Herr Paulsen noch stolzer.
    Gott, steh mir bei!
    Ich sehe auf die Uhr. Keine Zeit für Plan B! Ich bedanke mich artig bei Herrn Paulsen und schiebe ihn ins Badezimmer. » Hemd anziehen, Haare kämmen. In drei Minuten geht’s los!«
    Herr Paulsen tut, wie ihm geheißen, ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel und bedanke mich ganz heimlich bei Günther für das jahrelange Herumkommandieren ihres Ehemanns. Das läuft ja wie am Schnürchen! Dann rase ich ins Schlafzimmer, auf der Suche nach irgendeinem netten Fummel, der passt und gut aussieht.
    Nach wenigen Minuten beschließe ich, dass die Vorgabe » sieht gut aus« nach vierzehn Tagen regungslosem Auf-der-Couch-vor-sich-hin-Gammeln-und-Kohlenhydrate-in-sich-Reinschaufeln eindeutig zu hoch gegriffen ist. Es muss nur noch passen, mehr will ich nicht vom Leben.
    In der hintersten Ecke des Kleiderschrankes finde ich ein schwarzes Wickelkleid. Wickeln ist gut. Was gewickelt ist, hat keinen Reißverschluss, den man nicht zukriegt.
    Eine halbe Stunde später machen Herr Paulsen und ich uns auf den Weg. Wir müssen ein irres Bild abgeben, denn er trägt seine ausgebeulten Cordhosen, sein kariertes Jackett und ein hellblaues Hemd von Konrad, das ihm mindestens zwei Nummern zu groß ist. Und die Schlammbowle. Natürlich hat Konrads Vater in meiner Küche keinen richtigen Bowlekessel gefunden (ich hab ja auch keinen) und sich stattdessen mit der Salatschüssel beholfen. Wir sitzen also in der Straßenbahn und fahren zu Monas Wohnung, in der die Verlobungsfeier stattfinden soll. Wir sind jetzt schon zu spät, und weil Herr Paulsen zu Fuß nicht gerade der Schnellste ist, werden wir für die fünf Minuten von der Haltestelle zur Wohnung bestimmt auch länger brauchen. Ach je.
    Pätrick mit ä öffnet Herrn Paulsen und mir die Tür. Er sieht genauso ostdeutsch aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
    » Hi, Juli, schön, dass du kommen konntest.« Sein Blick fällt auf die Salatschüssel mit der grauen Matsche. » Ich werd verrückt, ist das etwa Schlammbowle?«
    » Ist es«, sage ich und nehme erfreut zur Kenntnis, dass Herr Paulsen zwei Zentimeter zu wachsen scheint. » Und das ist übrigens meine Begleitung für heute Abend«, sage ich und schiebe Herrn Paulsen in die Wohnung hinein. » Das ist der Herr Paulsen.«
    » Ach, das ist ja lustig«, sagt Pätrick, der die Salatschüssel entgegennimmt und Konrads Vater die Hand schüttelt. » Sie sind aber nicht zufällig der Mann von der Frau Paulsen?«
    » Welche Frau Paulsen?«
    » Na, die dort drüben!« Pätrick mit ä zeigt auf das Wohnzimmer, das sich bereits gut gefüllt hat. Auf dem Sofa sehe ich Tine und Cora mit ihren männlichen Wurmfortsätzen, Cora und Mario winken mir zu, während Tine mir die kalte Schulter zeigt. Als Stefan das sieht, scheint ihm einzufallen, auf welcher Seite er steht, denn seine Hand, gerade zum Gruß erhoben, verschwindet unverrichteter Dinge in seiner Hosentasche. Ich sehe ein paar andere Freunde von Mona, und noch ein paar Leute, die irgendwie auch
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