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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben
Autoren: Sally Koslow
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beschwöre ihren dritten Geburtstag herauf, zu dem alle eingeladenen Kinder ihre Lieblingspuppe mitbrachten und aus dem wir eine richtige Teegesellschaft gemacht haben. »Mama, können wir das jedes Jahr machen?«, hatte Annabel gefragt. »Na türlich , Annie-Belle, daraus machen wir jetzt eine Tradition.« Ich hatte sogar schon begonnen, die Party zu ihrem vierten Geburtstag zu planen, für die ich ein richtiges Teeservice bestellen wollte. Der Katalog liegt auf dem Nachttisch neben meinem Bett, mit einem Klebezettel auf Seite 32.   Und jetzt? Wird Barry sie stattdessenzu McDonald’s schleppen, einen Jongleur anheuern und ihr ein Computerspiel schenken?
    Ich wünsche mir diesen Traum von der Teegesellschaft ebenso sehr für mich wie für Annabel, doch sie ist zu müde zum Träumen. Sie seufzt tief und rollt sich ganz klein zusammen, wie ein winziges Komma, dessen blonde Locken kaum unter der weichen weißen Decke herauslugen. Ich sauge Annabels unschuldigen pudrigen Duft ein, zähle ihre süßen Atemzüge und wünschte, ich könnte meine Brust im Rhythmus der ihren heben und senken.
    Schließlich zwinge ich mich, ins Wohnzimmer zurückzukehren, wo inzwischen fast hundertfünfzig Gäste versammelt sind. Weshalb ich ihn erst nach einer Weile entdecke. Luke ist in Begleitung seines Geschäftspartners Simon gekommen und hat eine weiße Porzellanvase voll weißer Lilien mitgebracht. Sicher hält jeder, der Luke und Simon sieht, die beiden für ein schwules Paar: zwei gleichermaßen gut aussehende Männer mit freundlichen Mienen und italienischen Schuhen aus feinem Leder.
    Simon begrüßt Leute, die er kennt. Luke sieht sich im Zimmer um.
    »Sie müssen Mrs.   Katz sein«, sagt er und geht auf meine Schwiegermutter zu, die ihn überrascht und geschmeichelt von der Aufmerksamkeit dieses schwarzhaarigen Fremden ansieht.
    »Und Sie sind   …?«
    »Luke Delaney«, erwidert er. »Ein Freund von Molly.« Keine Reaktion von Kitty. »Wir haben zusammen gearbeitet.«
    »Luc?«, fragt sie. »Wie Jean-Luc Godard?«
    »Nein«, antwortet er, »wie Luke Skywalker.«
    Das sagt Kitty nichts. »Und wo haben Sie mit Molly zusammengearbeitet?«, fragt sie.
    Ein kleines Lächeln beginnt Lukes Gesicht aufzuhellen, es vertieft die Lachfalten um seine Augen, doch er unterdrückt es. »Ich bin Fotograf«, erklärt er. »Wir haben uns bei einem Fotoshooting in London kennengelernt.«
    Kitty sagt nichts.
    »Molly hatte sehr viel Talent«, fügt er hinzu.
    »Ich verstehe«, sagt Kitty. »Kennen Sie meinen Sohn?«
    »Nein«, erwidert Luke. Schuldig im Sinne der Anklage. »Aber Molly hat natürlich oft von ihm gesprochen.«
    Kitty sieht sich im Zimmer um. Luke glaubt, sie sucht nach Barry; aber ich weiß, dass sie nur so tut. Sie hat schon kein Interesse mehr an Luke – was gut ist, denn Luke will Barry gar nicht kennenlernen. Jedenfalls nicht heute Abend.
    Kitty entschuldigt sich, und Luke geht zum Klavier hinüber, zu den aufgereihten Fotos.
    Er starrt das Bild an, auf dem ich die einen Monat alte Annabel knuddele, und ich höre ihn denken: »Ihr seid so wunderschön, alle beide«, obwohl ich auf dem Foto kein Make-up trage und mein Haar nicht nur einen neuen Schnitt, sondern auch eine Wäsche vertragen hätte. Als er sich unbeobachtet fühlt, berührt er ganz sanft meine Lippen und streicht mit den Fingern darüber.
    Ich schwöre, ich kann die Wärme seiner Fingerspitzen spüren.

5
Ich, die Googlerin
    »Ich werde den Gedanken nicht los, dass ich irgendetwas hätte tun können.«
    »Du hättest nichts tun können«, murmelt Bries Geliebte Isadora. »Du warst doch nicht mal auf dieser Seite des Erdballs.« Sie massiert zärtlich Mandelöl in Bries langen Rücken, von den breiten, schlanken Schultern bis hinunter zum Ansatz des herzförmigen Pos. Ich sehe weg. Und das nicht nur, weil ich Bries Hintern schon immer besser fand als meinen, der polsterartig blieb, ganz egal wie viel ich abnahm, oder weil Sex mit Mädels nie mein Ding gewesen ist. Jetzt hinzugucken, das käme mir vor wie ein schwererMissbrauch meiner neuen Gabe. Diese Fähigkeit wurde mir sicher nicht gegeben, damit ich voyeuristisch meine Freunde google.
    »Aber es muss doch irgendeinen Hinweis geben«, sagt Brie und setzt sich auf dem ordentlich gemachten weißen Bett auf. Ihr dunkelbraunes, jetzt entflochtenes Haar fällt bis auf die steifen Spitzen eines gestärkten Zierkissens herab. Das ganze Loft strahlt eine Atmosphäre der Disziplin aus. Alle Oberflächen sind entweder
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