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Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)

Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)

Titel: Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)
Autoren: Frederik Hetmann
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dieser Drang in ihm könne in einer Tätigkeit als Arzt seine Erfüllung finden, ist er radikal.
    Er will sich mit den Elendsten unter den Elenden solidarisieren - mit den Aussätzigen.
    In Argentinien vollzieht sich in diesen Jahren der vorerst unaufhaltsame Aufstieg des Juan Perón. 1895 in der Nähe von Buenos Aires geboren, in der Armee aufgewachsen und erzogen, hat auf ihn während eines Aufenthalts als Militärattaché in Rom die faschistische Ideologie Mussolinis großen Eindruck gemacht. 1939 ist er nach Argentinien zurückgekehrt und hat als Kommandeur die Anden-Garnison Mendoza übernommen, wo er die GOU gründet, eine politische Gruppe, deren Mitglieder sämtlich Offiziere sind, die sich zum Nationalsozialismus und Faschismus bekennen. Die Abkürzung steht, übersetzt man sie aus dem Spanischen, für Ruhe und Ordnung - Schlagworte, die schon damals ihre Anziehungskraft auf Reaktionäre nicht verfehlten. Nach einem Staatsstreich im Jahre 1943 wird Oberst Perón zunächst stellvertretender Kriegsminister und wacht darüber, dass die Armee im Sinn der GOU-Bewegung und ihres Manifests beeinflusst wird. Im Oktober 1943 übernimmt er zudem noch das Arbeitsministerium und baut sich von hier aus, indem er ihm ergebene Gewerkschaftsführer begünstigt, eine zweite Hausmacht auf. Anfang 1944 lernt Juan Perón bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung für die Opfer einer Erdbebenkatastrophe die junge, nicht sonderlich erfolgreiche Schauspielerin Eva Maria Duarte kennen. Juans damalige Geliebte, ein sechzehnjähriges Mädchen, ist verreist. Es fällt Eva nicht schwer, die Konkurrentin auszustechen.
    Mitte 1944 avanciert Perón weiter zum Kriegsminister und Vizepräsidenten. Als er am 17. Oktober 1945 aus dem Kabinett entlassen werden soll, mobilisiert Eva die städtische Arbeiterschaft. Massendemonstrationen in Buenos Aires erzwingen, dass ihr Geliebter im Amt bleibt. Im selben Monat noch heiraten Evita und Juan, um als ideales Paar in den Wahlkampf des Jahres 1946 ziehen zu können. Wie Hitler, so gelangt auch Perón durch Wahlen in das Amt, von dem aus er als Diktator regiert. Im Juni 1946 ist er Präsident von Argentinien.
    Für die »Hemdlosen«, die städtischen Industriearbeiter, zu deren Idol seine (inzwischen erblondete) Frau geworden ist, setzt er gewisse Reformen durch.
    1946 übernimmt seine Frau das Amt des Arbeitsministers, verhilft den Frauen, zum Stimmrecht und gründet die Peronistische Frauenpartei.
    Die theatralische Propaganda des Ehepaars, in der das Schlagwort von der sozialen Revolution geschickt ausgespielt wird, vernebelt die Tatsache, dass es Juan Perón vor allem darum geht, sich persönlich zu bereichern. Als er 1955 gestürzt wurde, hatte er nach Schätzungen von Times und New York Times zwischen 100 und 500 Millionen Dollar auf die Seite - ins Ausland - gebracht.
    Evita mag ihre Rolle als »Engel der Hemdlosen« und »Retterin des Volkes« schließlich selbst geglaubt haben. Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre konnte sie der Bewunderung des städtischen Proletariats sicher sein. Ihr demagogischer Einfluss nahm immer weiter zu.
    Ernesto durchschaut die Scheinrevolution, die unter Perón in Argentinien abläuft. Er hält Verbindung mit oppositionellen Studentengruppen, aber mehr, um zu beobachten und zu analysieren. Er sieht keine reale Chance, die politischen Verhältnisse zu verändern. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Es gibt keine integre politische Partei oder Gruppe im Land, für die zu engagieren es sich lohnen würde. Die studentische Opposition gegen den starken Mann, der noch das Heer und eine linksfaschistische Gewerkschaftsorganisation hinter sich hat, ist zu schwach.
    Das Beste wäre, sich diesem Saustall für eine Weile zu entziehen, frische Luft zu atmen, sich umzusehen, diesen ganzen gewaltigen Kontinent kennenzulernen, auf dessen Befreiung zu hoffen, wovon Ernesto niemals ablässt. Seine Freunde, die Brüder Granados, haben ähnliche Pläne. Im Herbst 1951 sprechen Alberto und Tomas von einer weiten Motorradtour, die sie zum ersten Mal über die Grenze Argentiniens hinausführen soll. Tomas erklärt, er müsse die Herbstferien dazu benutzen, um für sein Studium zu lernen.
    »Aber wen soll ich dann mitnehmen?« fragt Alberto. »Eine solche Reise sollte man zu zweit machen.«
    »Frag doch Ernesto, ob er nicht Lust hat. Der ist doch immer für Reisen zu haben.«
    »Ja«, sagt Alberto und schnippt vergnügt mit den Fingern, »ganz klar, Ernesto wäre der richtige Mann
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