Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
Autoren: J Karnick
Vom Netzwerk:
eine gute Idee ist, ein Haus zu kaufen. Mein Mann telefoniert eine halbe Stunde lang. Er legt auf.
    Mein Mann sagt zu mir: »Onkel Rolf sagt auch, dass wir ein Haus kaufen sollen.«
    Danke, Onkel Rolf .

    Baunebenkosten inkl. MwSt.:
    Übertrag 0,00 €
    28 Min. Telefonat Onkel Rolf (Festnetz – Mobilnetz) 4,03 €
    Zwischensumme 4,03 €

Ilsebills Vernunftkeule
    Auf die Idee, sich eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen, kommt man üblicherweise nur dann, wenn man genug Geld hat. Wenn man einen Job macht, den man nicht am liebsten gleich morgen früh kündigen möchte. Wenn man sich dort, wo man gerade lebt, zu Hause fühlt. Wenn sich die Partnerschaft in einem Zustand befindet, der einem keinen Anlass gibt, täglich das Einreichen der Scheidung in Erwägung zu ziehen. Wenn niemand in der Familie schwer krank ist oder schwer genervt von dem Leben, das man führt. Wenn man aber, von den üblichen alltäglichen Ärgernissen abgesehen, zufrieden, vielleicht sogar glücklich ist – wozu braucht man dann ein Haus? Das versuche ich abends bei einer Flasche Rotwein zu klären.
    »Das ist wie im Märchen vom Fischer und seiner Frau«, sage ich zu meinem Mann, »und du bist die Ilsebill! Du hast endlich deinen Traumjob, ich habe einen Traumjob, wir ver dienen genug, um sorglos zu leben, wir haben es geschafft, die Familiengründungs-Baby-Kleinkind-Phase zu überstehen, ohne uns gegenseitig zu zerfleischen. Die Kinder sind groß genug, um uns am Wochenende ausschlafen zu lassen, und klein genug, um uns noch nicht total scheiße zu finden, wir haben wieder Zeit füreinander, manchmal sogar Sex, keiner hat Krebs, der Hund beißt nicht. Nach wahnsinnig stressigen Jahren ist unser Leben fast perfekt, wir könnten entspannt Miete zahlen und die Zeit genießen, bevor die Kinder anfangen, Drogen zu nehmen, du einen Herzinfarkt erleidest und ich in die Wechseljahre komme – aber nein, dir reicht das alles nicht, jetzt muss es auch noch ein eigenes Haus sein. Glaub mir, der Himmel wird uns strafen für so viel Gier. Ohne mich.«
    Mein Mann sagt: »Nun sei doch mal vernünftig.«
    Dann spricht er jenen Satz aus, der die Argumentationskeule aller Eigenheimtypen darstellt – ein Schlag, und Mietertypen wie ich sind quasi mundtot. Mehr als »Ja schon, aber trotzdem, weiß nicht, irgendwie …« fällt einem als Antwort auf diesen Einwand kaum ein: » FINDEST DU ES GAR NICHT ÄRGERLICH, WIE VIEL GELD MAN AUS DEM FENSTER WIRFT, WENN MAN BIS ANS ENDE SEINES LEBENS MIETE ZAHLT ?«
    Mal angenommen, man lebt in einer teuren Großstadt und man zahlt den Rest seines Lebens tausend Euro Kaltmiete pro Monat und der Rest des Lebens dauert vierzig Jahre: Dann hat man, wenn man stirbt, sagenhafte vierhundertachtzigtausend Euro ausgegeben – ohne mit diesem Vermögen einen Gegenwert erworben zu haben.
    Mein Mann ruft: »Ist das nicht Wahnsinn?«
    »Ja schon … aber man kauft sich dafür eben das schöne Gefühl, dass man nicht zuständig ist, wenn die Heizung kaputtgeht oder das Dach einstürzt«, sage ich. »Und ein Kredit kostet ja auch was.«
    »Selbst wenn man vierhundertachtzigtausend Euro Zin sen zahlt«, sagt mein Mann, »am Ende hat man dann wenigstens etwas, nämlich ein Haus, statt nichts.«
    »Aber trotzdem … auch ein Haus wird alt, und wer weiß, ob die Immobilienpreise weiter so steigen. Als langfristige Geldanlage, habe ich gelesen, ist es viel vernünftiger, die vierhundertachtzigtausend in Wertpapiere zu stecken.«
    »Sehr witzig«, sagt mein Mann, »das möchte ich mal sehen, wie wir, neben der Miete, freiwillig tausend Euro im Monat beiseitelegen. Wenn wir nicht müssen, weil die Bank uns zwingt, sparen wir gar nichts, das weißt du genau.«
    »Weiß nicht … wir haben doch kaum Eigenkapital.«
    »Gerade deshalb müssen wir jetzt, wo wir zusammen gut verdienen, damit anfangen, das Geld sinnvoll zu investieren, sagt Onkel Rolf . Ein Haus ist wie ein Sparschwein, in das man jeden Monat Geld steckt. Was willst du sonst unseren Kindern sagen, wenn die dich eines Tages fragen, was wir mit der ganzen Kohle gemacht haben?«
    »Ich will aber nicht in einem Sparschwein wohnen«, sage ich. »Wenn, dann will ich ein richtig tolles Haus, und ein tolles Haus gibt es hier in Hamburg nicht für das Geld, das unserer jetzigen Miete entspricht. Und weil ich kein tolles Haus haben kann, will ich lieber gar keines!«
    »Pass auf, ich verspreche dir, du bekommst dein tolles Haus«, sagt mein Mann. »Das klappt schon, wir werden dafür nur ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher