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Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ähnlichen Situationen stand. Es war ein Blick, der leicht verschleiert nach innen schaut und nach der Energie sucht, das Gegenteil dessen zu tun, was man eben gehört hatte.
    »Gaston wird dich nie heiraten!« sagte sie leise.
    »Er wird es!« sagte ich sicher.
    »Nein!« Und dann sagte Brigit etwas, was mich fast zu Boden warf. »Er hat es mir selbst gesagt – und er hat mich auch geküßt – im Garten, in Caissargues –«
    Also doch! Also doch! Sie hatte es erreicht! Gaston hatte sie geküßt, während ich im Weinberg saß und weinte. Er hatte ihr sogar gesagt, daß er mich nicht heiraten würde. Jetzt gewann sein Schweigen vor Vater auch Bedeutung und den Sinn, den ich bisher vergeblich gesucht hatte. Darum hatte er nicht um meine Hand angehalten, wie er es erst vorhatte! Brigit hatte ihn für sich gefangen, und alle meine Bemühungen, Brigit von Gaston fernzuhalten, waren gescheitert. Der Plan, sie nach St. Brieuc zu schicken, war genau in das Gegenteil umgeschlagen. Sie war reicher wiedergekommen, sie hatte Selbstvertrauen bekommen, sie war nicht mehr arm, sondern hatte Aufträge. Und sie war mit Gaston zusammengekommen, unter meinen Augen, und hatte ihn besiegt!
    Ob es stimmte, was sie mir gesagt hatte, prüfte ich damals nicht nach. Ich wollte es nicht nachprüfen. Mir genügte es, daß sie es sagte, und es war für mich jetzt eine fast heilige Aufgabe, Brigit zu töten! Es war nicht mehr die Rache der betrogenen Frau und Geliebten, sondern der Mord an Brigit war eine Art Notwendigkeit geworden, so notwendig und selbstverständlich, wie man eine Treppe putzt oder das Gemüse wäscht, ehe man es kocht.
    Heute nachmittag noch würde ich mir aus der Klinik das Toxin holen; aus dem Giftschrank der Laborabteilung III, die sich mit Toxinen beschäftigte und an Tieren die Versuche durchführte. Ich würde das Toxin des Knollenblätterpilzes nehmen. Es waren kleine, weißgelbe Kristalle, die sich im Wasser auflösten und ein wenig muffig schmeckten, wie abgestandenes Wasser. Im Kaffee aber, wenn er stark genug war und außerdem noch mit Milch und Zucker gesüßt, würde es Brigit nicht merken.
    Während sie den Kaffeetisch abräumte und ich mich für die Klinik fertigmachte, durchfuhr mich ein anderer Gedanke. Nicht nur Brigit hatte mich verletzt – auch Gaston hatte mich verraten, wenn er Brigit küßte und zu ihr sagte, daß er mich nie heiraten würde.
    An ihm Rache zu nehmen durch das Gift, war erst in zweiter Hinsicht eine Befriedigung. Nein – bevor auch er starb, sollte er erst durch die Hölle der eigenen Gefühle gehen, sollte er den Schmerz erleiden, den jetzt ich empfand, und wenn er dann aufbegehrte gegen diese Qual, würde ich ihn erlösen durch das schnelle, wie ein natürlicher Tod wirkende Gift.
    Mir fiel der Rennfahrer ein, der in unserer Klinik lag. Der Todesfahrer, den Gaston operiert hatte. Wie hieß er denn noch? Jeróme Senlis … ja, Senlis. Und er hatte eine Braut, die Babette Abonice hieß, ein etwas dralles, bäuerliches Geschöpf, das täglich in die Klinik kam und Senlis pflegte.
    Ich erinnerte mich des Augenblicks, als Senlis nackt auf dem Operationstisch lag und ich seinen muskulösen Körper bewunderte, die breite Brust, die schmalen Hüften, die starken Oberarme. Schon damals hatte ich einen Augenblick gedacht, daß es für eine Frau berauschend sein mußte, diesen Körper zu umfangen und zu fühlen, wie dieser schöne Mann einem ganz und gar gehört. Jetzt setzte sich in mir der Gedanke fest, Gaston in der Klinik mit Jeróme Senlis zu betrügen!
    Das würde ihn treffen, das würde ihn maßlos beleidigen, das würde ihn rasend machen vor Eifersucht, vor Enttäuschung, vor gekränktem Stolz, das würde für ihn ein Fegefeuer sein, das er nicht wieder verließ, denn hinter dem Schmerz der Seele stand der Tod des Leibes. Mochte er dann mit Brigit ›im Tode vereint‹ sein. Mich störte es nicht mehr.
    Ich hatte meine Rache!
    Als ich in der Klinik erschien, war Bocchanini mit Gaston und drei anderen Ärzten bereits dabei, zu operieren. Ein anderer Arzt narkotisierte, denn ich hatte ja noch drei Tage Urlaub und brauchte nicht hier in diesen weißen, immer nach Desinfektion riechenden Räumen zu sein.
    Ich bummelte durch die Klinikflügel hinüber zu den Labors und betrat das Labor III für toxische Versuche. Sieben medizinisch-technische Assistentinnen unter Leitung von Prof. Dr. Bartels, einem Elsässer, impften hier die Versuchstiere – Kaninchen, Ratten, Meerschweinchen und Hunde
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