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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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Tor. Der Junge mit dem Ball war noch da, und Holly lachte mit ihm über irgendwas. Mikey nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, drückte sie im Weihnachtsbaumtopf aus, hob einen Stein auf, den er darin fand, und hielt ihn so, dass er seine Hand wärmte.
    »Ich bin gefeuert worden, Mum.«
    »Ach Mikey!«
    »Hab zu viel Scheiße gebaut.«
    Kopfschüttelnd drückte sie ihre Zigarette aus. »Hast du ihnen gesagt, wie schwierig alles gewesen ist?«
    »Nicht direkt.«
    »Hättest du das mal gemacht. Vielleicht hätt's was geholfen.«
    »Tja, vielleicht.«
    »Das tut mir echt leid.« Was ihr anzusehen war. »Was machst du jetzt?«
    Er wusste es nicht. Er war baff, wie sich die Welt auf einmal so verändern konnte. Da saß er nun auf der Schwelle, und ihm fiel nicht eine Sache ein, die noch genauso war wie am Tag zuvor. Gestern war er mit Ellie zusammen gewesen, und heute war es vorbei. Gestern war Tom ungeschoren davongekommen und heute nicht mehr. Gestern hatte Karyn am Sofa festgeklebt, und jetzt stand sie unten im Hof. Gestern hatte er Arbeit gehabt. Seufzend streckte er die Beine aus. Selbst das Wetter war so irre anders – der Dauerregen ersetzt von einer tief am Himmel strahlenden Sonne.
    »Vielleicht geh ich runter und kick mal 'ne Runde mit Holly«, sagte er. »Das hab ich ihr seit Wochen versprochen.«
    »Mach das«, antwortete Mum. »Und ich sag dir was. Warum koch ich uns nicht ein richtiges Essen? Wir haben ein paar tiefgefrorene Hähnchenteile da, und ich kann Kartoffeln und Gemüse dazu machen, wie früher. Wär das nichts für dich?« Sie beugte sich vor und strich ihm über den Arm.
    »Danke«, sagte er. »Das wär toll.«
    Er wusste, dass es nicht ewig anhalten würde, dass es wieder nur eine Phase von ihr war, aber es war trotzdem nett. Und vielleicht kam es ja drauf an, dass man die guten Dinge zu schätzen wusste, wenn sie sich ergaben, so wie ein Fußballspiel mit Holly, wie Sonne im April.

VIERUNDVIERZIG
    E llie saß neben ihrer Mutter auf dem Sofa. Sie saßen schon so lange da, dass sich im Wohnzimmer allmählich Dunkelheit breitgemacht hatte. Tom packte bei sich oben. Dad half ihm. Ellie konnte das Abziehen und Reißen von Paketklebeband hören, mit dem er oben im Flur Kartons verschloss.
    »Dad wird mir das nie verzeihen«, flüsterte sie.
    Mum drückte ihre Hand. »Dein Vater hat dich lieb.«
    »Das ist was anderes.«
    »Aber es ist alles, was wir haben. Letzten Endes ist es das Einzige, woran wir uns festhalten können.«
    Als Dad die Treppe runterkam, war es ein Gefühl, als ob ein Gürtel enger gezogen würde. Jeder Muskel in Ellies Körper spannte sich an, während sie zusah, wie er zwei neue Kartons auf die anderen beiden im Flur stapelte. Als ob Tom gestorben wäre und sie seine Sachen aussortierten.
    »Ist das seine Xbox?«, fragte Mum. »Wird Ben nicht solche Sachen haben, die er mitbenutzen kann?«
    Dad knipste die Lampen im Wohnzimmer an und sah zu, wie sie ins Licht blinzelten. Bestimmt würde sich sein Zorn bald legen. Irgendwann musste sich seine Wut ja verflüchtigen.
    »Ben ist tagsüber im College«, sagte er, »Tom wird also von der Gastfreundschaft der Eltern abhängig sein. Willst du, dass dein Sohn in die Verlegenheit kommt zu fragen, ob er bitte fernsehen oder vielleicht eine Spielekonsole ausleihen darf, um sich von seinem Alptraum ablenken zu können?«
    Als Mum nicht antwortete, schüttelte er den Kopf über sie, als würde das schon beweisen, dass er im Recht war. Mit großen Schritten ging er durch den Flur zum unteren Bad. Ellie stellte sich vor, wie er dort das Schränkchen durchwühlte, Toms Rasiersachen und Deo, sein Lieblings-Haargel, raussuchte.
    »Ich sollte wohl die Vorhänge zuziehen«, sagte Mum. »Es ist dunkel draußen.«
    Aber sie rührte sich nicht.
    Dad kam mit Toms Kulturbeutel in der Hand wieder. »Als ob diese Beichte von dir irgendwem geholfen hätte, Eleanor!«, sagte er. »Hat es etwa irgendwem von uns irgendwas gebracht?«
    »Es war die Wahrheit, Dad.«
    »Die Wahrheit? Du meine Güte! Ich hab deinen Bruder noch nie, ich wiederhole: nie, vorher in so einer Verfassung gesehen. Hast du das gewollt?« Er fuchtelte mit einem Finger Richtung Decke. »Er sitzt da oben auf seinem Bett und kann kaum noch sprechen, geschweige denn seine Sachen packen.«
    »Soll ich raufgehen?«, fragte Mum.
    »Das fragst du mich?«
    »Allerdings.«
    »Du bist seine gottverdammte Mutter – musst du das nicht selber wissen?«
    »Ich frag dich, ob er mich da oben haben
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