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Ich gab mein Herz fuer Afrika

Ich gab mein Herz fuer Afrika

Titel: Ich gab mein Herz fuer Afrika
Autoren: Mark Seal
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Gipfel hinter sich gelassen hatten, warf Alan einen Blick zu Joan hinüber und merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie versuchte, den Film in ihrer Fotokamera zu wechseln, zitterte aber dabei, bewegte sich unkoordiniert und schaffte diesen einfachen Handgriff nicht.
    »Du musst keine Angst haben!«, sagte Alan. 188
    »Ich habe keine Angst. Mir ist nur … komisch«, sagte Joan.
    Als ihr der Film auf den Boden des Korbs fiel und sie sich nicht einmal bücken konnte, um ihn aufzuheben, verwandelte sich Alans Besorgnis in Panik. Er überprüfte ihren Sauerstoffschlauch und stellte fest, dass er sich von dem Zylinder gelöst hatte. Minutenlang hatte Joan nur die dünne Luft in vierundzwanzigtausend Fuß geatmet, und die Symptome eines schweren Sauerstoffmangels – Benommenheit, fehlendes Urteilsvermögen, mangelnde Koordination – setzten bereits ein. Alan schloss den Schlauch wieder an, und Joan atmete mehrmals tief durch. Dann nahm sie die Maske ab, damit Alan sie deutlich hören konnte.
    Sie drohte ihm mit dem Zeigefinger und schimpfte
ihn dafür aus, dass er angedeutet hatte, sie habe Angst gehabt. »Mir war doch nur komisch«, sagte sie.
    Sie gingen auf zwölftausend Fuß zum Shira Plateau hinunter, wo Alan vorgehabt hatte zu landen. Ihr Gasvorrat für vier Stunden war beinahe aufgebraucht. Aber er kam nicht schnell genug hinunter, deshalb musste er noch 25 Kilometer weiter fliegen, über tiefe Schluchten, hohe Felsen und über Wälder. Alan feuerte nach, und sie schossen in einer einzigen schwindelerregenden Fahrt von elftausend Fuß hoch auf achtzehntausend. Schließlich befanden sie sich über den weitläufigen Ebenen von Tansania und bereiteten sich auf die Landung an einem Waldrand vor.
    Da beging Alan einen gravierenden Fehler. »Ich entspannte mich«, erinnerte er sich.
    Sie benutzten den letzten Gaszylinder. Der starke Wind in dieser Höhe drohte sie über den Waldrand hinwegzuwehen. Alan war klar, sie mussten sofort landen. Er ließ das sechzig Meter lange Seil hinunter, das den Korb beim Abstieg stabilisiert. Das Seil verknotete sich im Fall. Alan zog es müde wieder nach oben, entwirrte es und warf es erneut hinunter. Diesmal wickelte es sich peitschend immer schneller ab – so schnell, dass Alan nicht merkte, dass sich das Seil um ihn geschlungen hatte. Als es sich um ihn zuschnürte, wurde er halb aus dem Korb gerissen. »Ich hing über dem Rand und sah meine Brille davonsegeln«, erinnerte er sich. »Alan!«, rief Joan, packte ihn an der Hüfte und zerrte ihn zurück in den Korb.
    Schließlich machten sie eine Notlandung, in dem
Dorf Sanya Juu nahe der Stadt Moshi. Die Einheimischen meldeten den ungewöhnlichen Anblick bei den Behörden. »Während wir langsam auf sie zuschwebten, beschloss die Polizei von Sanya Juu leider, dass es sich um einen Angriff handelte«, schrieb Joan an ihre Mutter. »Sie riefen in Moshi an und fragten, was sie tun sollten. Sie bekamen Weisung, uns bei der Landung festzunehmen.«
    »Ich lieh mir Joans Brille aus und landete mit einem enormen dumpfen Schlag«, schrieb Alan an einen Freund. Es war seine bisher schlechteste Landung – auf einem gepflügten Acker, vierzig Meter von einem Wohnhaus und zweihundert Meter von der West Kilimanjaro Road entfernt. Der Korb kippte zur Seite um, und die zwei Ballonfahrer und ihre gesamte Ausrüstung fielen heraus. Sofort kam eine schreiende Menschenmenge auf sie zugerannt. Die Leute hatten noch nie von einem Heißluftballon gehört, geschweige denn eine Landung mit angesehen. Alan blies gerade den Staub von den Instrumenten, als er ein Geräusch vernahm, das ihm, wie er schrieb, »einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ«. Es war das metallische Klicken einer Maschinenpistole. Ein Dutzend Polizisten und Soldaten standen um sie herum. Die Beamten sagten später, sie hätten die Ballonfahrer für »Astronautenspione« gehalten.
    »Sie sind festgenommen«, sagte einer.
    Als Alan in den Lauf der Waffe blickte, hatte er nur eines im Kopf: seinen Film. In diesem Moment kam die Bodenmannschaft der Roots angefahren. »Schauen Sie, wir sind hier notgelandet, und meine Frau ist krank«,
sagte Alan zu einem der Beamten. »Kann sie sich vielleicht in unser Auto setzen, während wir reden?«
    »Na gut«, sagte der Beamte.
    Alan warf Joan einen Blick zu. Sie wusste genau, was er bedeutete. All die Jahre, die sie schweigend im Busch verbracht hatten, waren nicht umsonst gewesen. Mit seiner Kamera ging sie ins Auto. Dort nahm sie das
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