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Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Titel: Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)
Autoren: Leo Martin
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Nachteil: Sie sind nicht alltagstauglich, denn aufgrund ihres hohen Differenzierungsgrades erfordern sie aufwendige schriftliche Analysen und eine wissenschaftliche Auswertung durch Experten. Das hilft weder dem Agenten im Untergrund noch dem Trainer mit seiner Mannschaft, dem Verkäufer im Außendienst,
dem Chef mit seinem Team, der Mutter mit ihren Kindern, noch Ihnen auf Ihren Missionen.
     
    Stellen Sie sich vor, wir müssten Menschen beim Kennenlernen zuerst einmal bitten, einen zehnseitigen Fragebogen auszufüllen, um uns mit ihren Vorlieben, Fähigkeiten und Gewohnheiten vertraut zu machen. Oder Sie müssten einen Menschen, der Ihnen zum ersten Mal begegnet, im Geiste nach fünfzehn oder noch mehr Kriterien einordnen …
    Schnell wäre unser Gehirn überfordert – vor lauter Überlegen: Welchem dieser vielen Typen ist mein Gegenüber zuzuordnen und wie soll ich darauf reagieren?
     
    In Ich durchschau dich! lernen Sie die Modelle aus dem Agentenhandbuch kennen, die Ihnen im Alltag helfen, Ihr Gegenüber zu durchschauen, und lernen zielführend, mit ihm zu kommunizieren.

Das Abschöpftreffen: reine Routine?
    München, Donnerstag, 2. September, 14:05 Uhr
     
    Um 14:30 Uhr war ich mit meinem V-Mann Tichow verabredet und soeben im Begriff, das Haus, wie wir Agenten unser Hauptquartier intern nennen, zu verlassen. Da klopfte Sabine, meine Kollegin aus der Fallanalyse, an die Tür.
    »Leo, ich hab da was!« Sie legte eine Mappe auf meinen Tisch. Schwarz, nicht rot. Ich entspannte mich. Schwarz warf keine Pläne um. Schwarz konnte warten, bis ich zurück war.
    »Ich fahr gleich auf Treff.«
    »Okay, dann bis nachher.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, grinste ich, und sie grinste zurück. Wir arbeiteten schon eine Weile zusammen und hatten gewisse Spielchen etabliert.
     
    Agenten treffen ihre V-Leute regelmäßig, immer an wechselnden Orten. Die Treffpunkte werden niemals per Telefon besprochen. Man verabredet sich dort »Wo neulich dem Jungen das Eis auf den Boden gefallen ist«, »Wo du letztes Mal aus dem Auto ausgestiegen bist« oder »An der Halle, wo die Paletten gestapelt sind«.
    Dieses Vorgehen ist ein Relikt aus der Zeit, als Nachrichtendienste sich noch gegenseitig bekämpften und keine Leitung sicher war. Seinerzeit war das eine notwendige Vorsichtsmaßnahme. In der Spionageabwehr ist diese Vorsicht bis heute geboten. Im Milieu der organisierten Kriminalität, in dem mein V-Mann Tichow verkehrte, konnte sie auch mal vernachlässigt werden. Tichow war als Geldkurier für die Russenmafia unterwegs gewesen, als ich ihn für den Dienst anwarb. Wo er sonst noch überall mitmischte,
konnte ich nur ahnen. In den letzten Monaten hatte er sich zu einem wahren Ass entwickelt und war, was ich ihn allerdings niemals würde wissen lassen, mein bester Mann geworden. Eine Quelle, die sprudelte. Intern wurde er mitunter als Geheimwaffe bezeichnet. Tichow war nicht nur intelligent, er war auch flexibel, cool, clever und trotz einer gewissen Dreistigkeit überaus charmant. Vor allem war er nicht ganz so abgestumpft wie viele seiner kriminellen Kollegen. Das mochte auch an seinem chronisch kranken Sohn liegen, der bei seiner Mutter in Kasan lebte, einer Stadt in Russland, direkt an der Wolga. Schicksalsschläge können Sicht- und Verhaltensweisen stark beeinflussen.
     
    Tichow verfügte über eine herausragende Beobachtungsgabe. Er lieferte dem Dienst präzise Informationen, die schon mehrmals zu großen Erfolgen geführt hatten. Erfolge, von denen er nur teilweise wusste. So wie ich auch nicht alles von ihm wusste. Das sah ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lieber wäre es mir gewesen, Tichow hätte über alles mit mir gesprochen. Realistisch war eine solche Erwartung nicht. Ein guter V-Mann betreibt seine eigenen Geschäfte, nebenbei. Nur wer immer irgendwie im Geschäft und im Gespräch bleibt, kommt im Milieu an die wichtigen Informationen.
     
    Es gab lediglich fünf Menschen, die Tichows wahre Identität kannten. Sabine, sie hatte Tichow getippt – so nennt man es, wenn jemand mit V-Mann-Potenzial in der Szene auffällt und zur Ansprache vorgeschlagen wird. Wie so oft hatte sie einen guten Instinkt bewiesen. Ich hatte Tichow angeworben. Außer uns beiden kannten nur noch unser Chef und zwei Mitarbeiter aus dem Bereich für operative Sicherheit seine wahre Identität. Für alle anderen Agenten des Geheimdienstes, selbst die Kollegen, die eng mit uns zusammenarbeiteten, war er lediglich Deckname
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