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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg!
Autoren: Agnes Hammer
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Julie war nicht gerade ihre Freundin.
    Sie nahm meine Hand und ich war – wie immer – überrascht, wie sehr mir ihre Berührung unter die Haut ging. Manchmal war ich mir unsicher, ob ich Ela überhaupt mochte, doch wenn sie mich anfasste, vergaß ich diese Gedanken, ich vergaß überhaupt alles, was ich jemals über sie gedacht hatte.
    Ich legte meinen Arm um ihre Taille und wir fielen in Gleichschritt. Sie benutzte ein süßes Parfüm, vielleicht hätte ich es nicht gemocht, wenn meine Schwester Jasmina es verwendet hätte, aber es passte zu Ela.
    Wir gingen zwischen den hohen Buchen entlang, die die kleine geteerte Straße säumten. Die Bäume rauschten im Nachtwind. Wenn man den Kopf in den Nacken legte, konnte man ein Stück Himmel und die Sterne sehen, die wie winzige Diamanten funkelten.
    Ela neigte den Kopf zu mir und ließ ihn auf meiner Schulter liegen. So wurde das Gehen unbequem und ich blieb stehen. Ich schlang beide Arme um die schmale Taille meiner Freundin. Ihre Augen waren groß und dunkel.
    Der Nachthimmel schien sich in ihrem feuchten Glanz zu spiegeln. Ich griff unter ihr Kinn und drückte gleichzeitig einen festen Kuss auf ihre Lippen. Ela küsste mich zurück und ich schmeckte das Pfefferminzbonbon, das sie gelutscht haben musste.
    Ich zog sie näher an mich. Meine Lippen spürten, wie ihr Mund sich langsam schloss, und ich beendete den Kuss mit einem kleinen Schmatzer nahe ihrem Ohr.
    Sie nahm wieder meine Hand. Ich spürte mein flatterndes Herz in der Brust. Ein Echo des Kusses. Am liebsten hätte ich meine Hand darauf gelegt, aber ich zwang mich natürlich, einfach weiterzugehen.
    „Julie war ja heute wieder groß in Form“, sagte Ela mit spöttischer Stimme.
    „Tja.“ Das kann alles heißen, fand ich.
    Aber Ela wollte weiter lästern. Sie machte ein paar schnelle Schritte und ließ dabei meine Hand los.
    Falsch und laut schmetterte Ela den Refrain von True Colours in die warme Luft. Sie fasste sich melodramatisch an die Brust und verzog das Gesicht, so als habe sie Schmerzen.
    „Ach, komm!“ Ich ärgerte mich. Musste das sein? Hatten wir uns nicht gerade geküsst? Ich legte meine Arme wieder um ihre Taille und versuchte, sie an mich zu ziehen.
    „Denk doch nicht an Julie“, flüsterte ich nah an ihrem Ohr. Das Parfüm stieg mir wieder in die Nase. Ich fing an, Ela zu küssen, zuerst auf die Wange, dann auf ihre weichen Lippen. Ela schmeckte immer noch nach Minze. Sie drückte sich an meinen Körper. Irgendwie kam ihre Hand auf meinem flattrigen Herzen zum Liegen. Ihre Handfläche presste sich gegen meinen Brustkorb, so als wolle sie mein Herz selbst berühren. Wieder dachte ich, dass sie jetzt bloß nicht aufhören sollte zu küssen. Nicht reden, dachte ich. Bloß nicht reden.
    Wir hörten das Motorengeräusch des Autos erst, als wir auch die Scheinwerfer sahen. Schnell ließ Ela mich los. Einen Moment lang stand ich allein in den Lichtkegeln, dann trat auch ich beiseite.
    Das Fenster wurde heruntergekurbelt.
    „Ich warte da unten schon über eine halbe Stunde!“, rief Elas Vater vorwurfsvoll. „Und du knutschst hier rum.“
    „Guten Abend“, sagte ich ziemlich lahm. Mir fiel nichts weiter ein, was ich zu Elas Vater sagen konnte.
    „Abend“, gab er widerwillig zurück.
    „Ich hab Ela zur Straße …“
    „Ja, ja. Ich hätt sie auch in der Siedlung abgeholt. Hier muss ich erst mal sehen, wie ich drehen kann.“
    Ela gab mir ein kleines Küsschen auf die Wange.
    „Kümmer dich nicht um ihn!“, sagte sie leise. „Ich ruf dich an.“
    Sie schlüpfte auf den Beifahrersitz.
    Ich sah zu, wie das Auto mühsam auf dem kleinen Weg gewendet wurde, wie Ela sich über das Lenkrad beugte und mir zuhupte, bevor ihr Vater ihre Hand wegschob.
    Dann stand ich allein in der Nacht. Ich steckte meine Hände in die Taschen meiner Jeans und machte mich pfeifend auf den Heimweg. Mir fiel eine kleine Melodie ein, nur vier Takte, aber daraus konnte ich etwas machen, und ich pfiff weiter, während ich durch die hohen Bäume nach Hause ging.
    In der Reihenhaussiedlung waren alle Lichter in den Fenstern gelöscht, die zur Straße hinaus gingen. Kein Geräusch war zu hören. Es musste kurz nach eins sein.
    Ich fingerte nach meinem Haustürschlüssel, aber ich hatte ihn vergessen. Ich ging nach hinten, wo ein kleiner Weg bis zum alten Forsthaus führte, und kletterte über den Gartenzaun.
    Aus dem Wohnzimmerfenster nebenan drang noch Licht. Ich kletterte in den Nachbargarten und trat auf die
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