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Ich bin Nummer Vier

Ich bin Nummer Vier

Titel: Ich bin Nummer Vier
Autoren: Lore Pittacus
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an. Ich starre zurück, bevor ich Mrs. Burton ansehe. Sie dürfte um die sechzig sein und trägt einen rosa Wollpullover. Eine Brille mit rotem Plastikgestell hängt ihr an einer Kette um den Hals. Sie lächelt breit, ihr Haar ist graumeliert und lockig. Ich spüre, wie meine Handflächen schweißnass werden, mein Gesicht fühlt sich heiß an, hoffentlich ist es nicht rot. Mr. Harris schließt die Tür.
    »Und wie heißt du?«, fragt Mrs. Burton.
    In meiner Verwirrung hätte ich beinahe ›Daniel Jones‹ gesagt, aber ich fange mich, atme tief ein und antworte: »John Smith.«
    »Großartig. Und woher kommst du?«
    »F…«, fange ich an, kann mich aber rechtzeitig korrigieren. »Santa Fe.«
    »Klasse, heißt ihn herzlich willkommen!«
    Alle klatschen. Mrs. Burton bedeutet mir, dass ich mich auf den leeren Platz mitten im Raum zwischen zwei andere Schüler setzen soll. Erleichtert, dass sie keine weiteren Fragen stellt, trotte ich den kleinen Gang hinunter – direkt auf Mark James zu, der mit Sarah Hart an einem Tisch sitzt. Als ich an ihm vorbeigehe, stellt er mir ein Bein. Ich verliere das Gleichgewicht, bleibe aber aufrecht. Gekicher.
    Mrs. Burton fährt herum. »Was ist los?«
    Ohne zu antworten, starre ich Mark an. Jede Schule hat so einen harten Typen, einen Tyrann, einen Angeber, wie man ihn auch nennen mag, aber noch nie hat sich einer so schnell herauskristallisiert. Seine gegelten schwarzen Haare sind sorgfältig so gestylt, dass sie in alle Richtungen abstehen. Er hat exakt geschnittene Koteletten, Stoppeln am Kinn und buschige Brauen über den dunklen Augen. Auf seine Collegejacke, die Oberstufenschülern vorbehalten ist, ist sein Name in Gold über das Jahr gestickt. Wir durchbohren einander mit Blicken, die anderen stöhnen auf.
    Ich schaue kurz nach meinem Platz, drei Tische entfernt, dann zurück zu Mark. Ich könnte ihn ohne Weiteres in zwei Teile brechen, wenn ich wollte. Ich könnte ihn bis zum nächsten Verwaltungsbezirk schleudern. Wenn er versuchen sollte, in einem Auto zu fliehen, könnte ich den Wagen einholen und problemlos auf einen Baumwipfel setzen. Aber abgesehen davon, dass das vielleicht ein wenig übertrieben wäre, spuken nunHenris Worte durch meinen Kopf:
Bleib unauffällig, zieh keine Aufmerksamkeit auf dich.
Ich weiß, dass ich seinem Rat folgen und den Vorfall ignorieren sollte, wie ich es bei ähnlichen Erlebnissen in der Vergangenheit getan habe. Das können wir gut, wir passen uns der Umgebung an und leben in ihrem Schatten. Aber jetzt bin ich unsicher, angespannt, und noch bevor ich nachgedacht habe, platze ich heraus: »Was willst du?«
    Mark lässt seinen Blick durch den Raum schweifen, rutscht auf seinem Platz zurück und sieht mich dann wieder an. »Wo von sprichst du?«
    »Du hast mir eben ein Bein gestellt. Und draußen hast du mich angerempelt. Ich dachte, du willst vielleicht was von mir.«
    »Was ist hier los?« Mrs. Burton steht mittlerweile hinter mir.
    Ich blicke sie über die Schulter an. »Nichts.« Und dann zu Mark: »Also?«
    Er klammert die Hände an seine Schreibtischplatte, schweigt aber weiter. Wir starren einander an, bis er seufzt und wegsieht.
    »Das dachte ich mir«, sage ich abfällig und gehe weiter. Die anderen Schüler wissen nicht genau, was sie tun sollen, und so beobachten die meisten mich einfach nur, bis ich mich setze, zwischen ein rothaariges Mädchen mit Sommersprossen und einen übergewichtigen Typen, der mich mit offenem Mund unverhohlen anglotzt.
    Mrs. Burton vorn an der Tafel wirkt ein bisschen aufgeregt, aber dann zuckt sie die Achseln und beginnt zu erklären, warum Ringe um den Saturn sind, und dass sie hauptsächlich aus Eispartikeln und Staub bestehen. Nach einer Weile schalte ich sie für mich aus und betrachte die anderen Schüler: eine ganz neue Gruppe, die ich wieder versuchen werde, auf Abstand zu halten. Das ist immer ein Eiertanz, gerade so viel zu kommunizieren, dass man geheimnisvoll bleibt, aber nicht merkwürdig und damit auffällig wird. Heute habe ich es total verpfuscht.
    Ich hole tief Luft und atme langsam aus. Ich habe immer noch ein flaues Gefühl im Magen, immer noch das irre Zittern im Bein. Meine Hände fühlen sich wärmer an. Mark James sitzt drei Tische vor mir. Einmal dreht er sich um und sieht mich an, dann flüstert er Sarah etwas ins Ohr. Sie wendet sich um, offenbar cool, aber dass sie früher mit ihm ausgegangen ist und jetzt neben ihm sitzt, macht mich nachdenklich. Sie schenkt mir ein herzliches
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