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Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Titel: Ich bin ein Genie und unsagbar böse
Autoren: Josh Lieb
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Zeit diesem unglückli chen Umstand ein Ende bereiten. Manche Eltern red en von »Kids«, weil sie das niedlicher und weniger förmlich finden, aber ich weigere mich, ihren idiotischen Kosenamen zu benutzen. Ich meine, es ist schon okay, wenn deine Oma dich Mutziputzimausebär nennt, aber so stellt man sich doch nicht fremden Leuten vor. 5
    Genauso weigere ich mich, Bezeichnungen wie »Teen« oder »Tween« in den Mund zu nehmen, weil ich sie abgestanden und herablassend finde. Verlogene Wörter, die vom wahren Sachverhalt ablenken sollen - dass nämlich jeder unter achtzehn dem Gesetz nach (und nichts anderes zählt) ein Kind ist.
    Solange man noch ein Kind ist, darf man weder Grundbesitz erwerben noch Geschäfte führen oder
einen unbefristeten Job annehmen oder irgendwas machen, was wirklich von Bedeutung ist. Und zwar aus gutem Grund, denn Kinder sind laut, blöd, faul und hässlich ( siehe Bild 2 ).
    Wenn sie nicht lachen (zu laut und ohne jeden Grund), schreien sie durch die Gegend (zu laut und ohne jeden Grund). Und wenn sie weder lachen noch schreien, dann plärren sie (zu laut und ohne jeden Grund). Sie sind ein bisschen wie Affen, aber Affen sind süß.
    Da fällt mir ein Winternachmittag vor einigen Jahren ein. Ort: ein schummriges Wohnzimmer, spärlich erleuchtet vom warmen Schein einer Lampe und dem Flackern des Fernsehers.
    Ich saß auf dem Fußboden, spielte Gin Rummy mit meiner Mutter (und ließ sie natürlich gewinnen). Mein Hund Lollipop hatte sich hinter mir zusammengerollt und diente mir als lebende Rückenlehne. Im Fernsehen wurde mein Lieblingsfilm, Der dritte Mann , gezeigt. Es lief gerade die Riesenradszene, in der Orson Welles seine großartige Rede hält und all die unnützen Leute unter sich als »Punkte« bezeichnet - und sich fragt, ob es irgendjemand im Ernst interessieren würde, wenn einer dieser Punkte aufhörte, sich zu bewegen.
    Alles war einfach perfekt … bis auf, na klar, meinen Vater. »Daddy« 6 saß in seinem Sessel, raschelte ungeduldig mit seiner Zeitschrift, legte abwechselnd die Beine übereinander und atmete schwer. Auf diese Weise signalisieren schwache Persönlichkeiten, dass sie unzufrieden sind. Er hätte lieber die Nachrichten, eine Talkshow oder eine Musiksendung gesehen - irgendeinen Schwachsinn eben -, doch als er umschalten wollte, gab ich ein lautes Quietschen von mir.

    Bild 2 : Kinder sind laut, blöd, faul und hässlich.

    »Mausebär gefällt der Film«, sagte meine Mutter. Daddy verzog sein Gesicht: »Mausebär hat keinen Schimmer, worum es da geht.« Ich finde, das hätte er sich auch verkneifen können.
    Nach einer Weile begann Daddy, mit verklärtem Gesicht aus dem Fenster zu gucken. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen. »Hey, Mann, das ist echt wunderschön.« 7
    Als meine Mutter ihn fragte, was denn so wunderschön sei, zeigte er auf eine Horde von Nachbarskindern, die draußen im Schnee spielten und sich den klassischen Wintersportarten hingaben: den anderen Schnee unters Hemd schieben, den anderen Schnee in die Hose stecken, den anderen Schnee in den Mund stopfen.
    Daddy war vom Charme dieser Szene überwältigt. »Sie sind so wunderbar in diesem Alter, so unschuldig, so … rein. Genauso rein wie der Schnee, in dem sie spielen.« Offenbar hatte er nicht bemerkt, dass sich der Schnee an manchen Stellen bereits gelb verfärbt hatte.
    Dann fiel ihm plötzlich ein, dass ich mich im selben Raum befand wie er, und er schaute mich fragend an. »Willst du nicht rausgehen und mit ihnen spielen, Oliver? Dich mit ihnen anfreunden?«
    Hmmm. Ich konnte es also entweder warm und gemütlich haben, mit einer leckeren Tasse Kakao in Reichweite, oder mich hinaus in die feuchte Kälte begeben, um mir
von den kreischenden Rotzlöffeln mit ihren laufenden Nasen eine ansteckende Krankheit einzufangen.
    »Nein, Daddy«, antwortete ich. »Alle, mit denen ich zusammen sein will, sind in diesem Zimmer.« Ich klammerte mich demonstrativ an sein Bein, worauf er zusammenzuckte.
    Aber das ist schon Jahre her. Kinder sind ein Prob - lem, das uns auch heute noch quält, Tag für Tag.
    Sicher stimmen mir alle zu, dass Kinder hässlich sind. Ihre Köpfe sind zu groß, ihre Beine zu dünn, und mit ihren Wurstfingern grabschen sie überall hin - einfach ekelhaft! Aber was das Schockierendste ist: Ihre größte Hässlichkeit wohnt in ihnen. Ich spreche natürlich von ihrer Engstirnigkeit. Im Grunde erübrigt sich diese Feststellung, weil die Engstirnigkeit eine
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