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Ice

Ice

Titel: Ice
Autoren: Inka Loreen Minden
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würde ich meinem Vater erzählen, wie ungehobelt sich Ice verhalten hat. Aber ich will ihm keinen Ärger bereiten. Warum, weiß ich nicht. »Natürlich, Vater.« Wieso schütze ich diesen Rüpel? Er hat nicht einen Funken Anstand. Kein Wunder, schließlich sollen die Warrior aus New World City auch brutaler und gefühlskälter sein als unsere Soldaten, wobei Ice seinem Namen in keiner Weise gerecht wird. Er strahlt eine regelrechte Hitze, Kraft und Sexappeal aus. Besonders Letzteres macht mich nervös. Er scheint eine Menge Erfahrung zu haben, und ich gehöre zu den neugierigen Frauen. Da ich eben kaum jemanden habe, mit dem ich mich über Sex unterhalten kann, brenne ich darauf, alles darüber zu erfahren. Ich liebe dieses aufregende Gefühl zwischen meinen Schenkeln, das Herzrasen, das sich einstellt, wenn ich mich berühre. Ich liebe es, von mir zu kosten, meine Brüste zu streicheln, über meinen Kitzler zu reiben bis ich komme … Ice denkt bestimmt, ich sei ein Mauerblümchen. Tatsächlich habe ich kaum Erfahrung und erst ein einziges Mal mit einem Mann geschlafen – daher kann ich es kaum erwarten, es endlich wieder zu erleben. Nur wie soll ich einen Mann kennenlernen, wenn mich dieser Warrior auf Schritt und Tritt bewacht? Kein Kerl wird sich auch nur trauen, mich anzusehen.
    Doch ich sehne mich nach Nähe, Geborgenheit, Lust. Es wird jeden Tag schlimmer. Bei Mama habe ich mich wohler gefühlt, sie hat mich auch mal in den Arm genommen, und mit meiner sechzehnjährigen Stiefschwester Melissa habe ich viel gelacht. Es hat mir gefallen, so viel Zeit mit ihnen zu verbringen. Wegen eines kurzfristigen Satellitenausfalls war der Shuttle-Transfer vorübergehend lahmgelegt und ich konnte länger bleiben.
    Vater ist einfach nur kalt. Schade, dass meine Mutter und meine Schwester in einer anderen Stadt wohnen und ich sie bloß selten sehen darf. Vater will das nicht, er bestimmt über mein Leben und möchte, dass ich Senatorin werde.
    Während wir auf unser Gepäck warten, schaue ich nach oben. Zu gerne würde ich einmal den Himmel sehen – doch er bleibt mir auch diesmal verwehrt. Die milchige Kuppel hat sich längst über uns geschlossen. Bald wird es Nacht, der Mond und die Sterne werden erscheinen. Ich kenne den Anblick nur von Bildern oder aus Filmen.
    »Wie war es bei deiner Mutter? Hat sie wieder versucht, dich auf ihre Seite zu ziehen?«, fragt Vater. Dabei halten wir das Förderband im Auge. Vollautomatisch fährt das Gepäck aus dem Bauch des Schiffes: meine zahlreichen Koffer und die große Tasche von Ice. Unser Shuttle ist das einzige auf der Landeplattform, die sich hoch über der St adt befindet. Ich würde gerne einmal durchatmen, Luft, die nicht recycelt wurde, aber unter der Kuppel weht kein Wind.
    Von der Brüstung aus hat man eine fantastische Aussicht über White City, doch heute kann ich sie nicht genießen. Ice macht mich nervös und Vaters Fragen noch viel mehr.
    »Mutter hat kaum über Politik gesprochen.« Diese Lüge kommt mir einfach über die Lippen. Überhaupt fällt es mir mit jedem Tag leichter, meinen Vater anzuflunkern. Ich werde bestimmt eine gute Senatorin. Ich kann das Volk belügen, ohne rot zu werden – zumindest Vaters Reden ablesen, die oft voller falscher Behauptungen sind. Diese Gene muss er mir vererbt haben. Doch ich möchte es besser machen als er, besser als sie alle. Ich will vieles ändern. Oder es zumindest versuchen.
    »Hast du Stephen von mir gegrüßt?«
    »Natürlich, Vater.« Sein Bruder lebt genau wie meine Mutter in New World City und ist dort ebenfalls Senator. Obwohl Mama endlich ein eigenes Leben führen darf, hat Stephen weiterhin ein Auge auf sie. Vater traut ihr nicht. Gut für ihn, dass Stephen vor ein paar Jahren dort einen freien Posten bekommen hat.
    Vater traut keinem, daher ist er nicht allein auf der Landeplattform erschienen, sondern hat seinen bewaffneten Bodyguard dabei – einen ehemaligen Warrior, Mitte vierzig, mit braunem Haar und Adlernase: Ethan. Er steht in der Nähe und inspiziert die Umgebung. Vaters Chauffeur, ein junger schwarzhaariger Mann, kommt mit einem Gepäckwagen und lädt unsere Taschen auf.
    »Einen Moment, Hank«, sagt Vater zu seinem Fahrer. »Ich muss Mr. Trent noch die neuen Ampullen geben.«
    Ah, Ice’ bürgerlicher Nachname ist Trent.
    »Sehr wohl, Sir.« Hank reicht ihm einen kleinen Karton, der auf dem Gepäckwagen stand.
    Vater bittet Ice, seine Tasche zu öffnen, damit sie die Ampullen austauschen können.
    Ice
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