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Hypnose

Hypnose

Titel: Hypnose
Autoren: S Beerwald
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vergrößerte.
    »Sie sind krank!«, keuchte Inka und würgte an ihrer Galle.
    »Jede Minute, die vergeht, ehe du mit Ja antwortest, verliert Herta einen weiteren Finger. Als Haushälterin kann ich sie so sowieso nicht mehr gebrauchen. Außerdem ist sie mir zu alt mittlerweile. Also, was ist?«
    »Ja!«, rief sie, und versuchte sich vor Augen zu halten, dass diese Zeremonie, nüchtern betrachtet, ohnehin keine Gültigkeit besaß. Und im Moment war das probateste Mittel eben Kooperation.
    Herta brauchte einen Notarzt, auch wenn sie durch die eine abgetrennte Fingerkuppe nicht Gefahr lief zu verbluten.
    In ihr reifte ein Plan. Er war riskant, aber sie musste es wenigstens versuchen. Sie musste ihn anders packen.
    Sie schenkte ihrem Sohn, der jetzt vor sich hin wimmerte, einen kurzen zärtlichen Blick. Nicht mehr lange, dann sind wir hier raus , versprach sie ihm stumm. Das schwöre ich dir bei meinem Leben .
    »Ich möchte den Ring ohne Handschellen bekommen«, bat Inka und lächelte Brunner an.
    Einige Sekunden überlegte er. »Ich weiß nicht, was du vorhast, aber ich kann dir nicht trauen. Das hier wird deine Pläne durchkreuzen.« Er machte sich an den Handschellen zu schaffen, gab ihr die rechte Hand frei und kettete sie mit der linken an Hertas Handgelenk, sodass Inka in der Hocke bleiben musste. Sie schloss die Augen, während Brunner ihr den Ring überstreifte, und vermied danach den Blick auf ihre Hand.
    »Wir sollten anstoßen«, sagte sie.
    »Natürlich, du hast recht.« Brunner nahm eilig die Sektgläser vom Tisch. »Und wir sollten zum gegenseitigen Du übergehen.«
    »Liebst du deine Margitta wirklich so sehr? Aus tiefstem Herzen?«, fragte sie um ein persönliches Gespräch bemüht. Auch das Du fiel ihr sehr schwer.
    »Mehr als alles auf der Welt, mehr sogar als mich selbst. Für sie würde ich alles tun.«
    Genau das wollte sie hören. »Auf uns also!«, sagte Inka. Und dabei dachte sie nicht an Brunner, sondern an ihren Sohn, dem sie vorhin ein Versprechen gegeben hatte.
    Die Gläser klirrten, doch anstatt ihres zum Mund zu führen, schlug Inka ihr Glas auf den Fliesenboden.
    »Was soll das?«, fragte Brunner, dem die Gesichtszüge augenblicklich entglitten.
    Wortlos nahm Inka eine der Glasscherben vom Boden und setzte die Spitze an ihr linkes Handgelenk an, mit dem sie an Herta festgekettet war. Sie wusste genau, was sie tun musste. Vor einem halben Jahr hatte Inka sich mit dem Thema Selbstmord beschäftigt. Ein langer gerader Schnitt entlang der Innenseite der Speiche. Das Blut quoll aus ihrem Arm, den sie Brunner nun entgegenhielt.
    »Ruf den Notarzt an!«, rief sie und biss danach die Zähne zusammen. Keiner hatte ihr gesagt, wie sehr das schmerzte. Sie wusste nur, dass sie langsam ausbluten würde, wenn Brunner jetzt nicht sofort das Handy nahm und die 112 wählte.
    Doch er zeigte keine Reaktion.
    Das Adrenalin schoss ihr durch den Körper, sie musste gegen die aufkommende Panik ankämpfen und den Selbsterhaltungstrieb unterdrücken, der ihr befahl, irgendetwas zu tun, damit sie hier nicht qualvoll auf dem Küchenfußboden verreckte.
    Brunner verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich wusste, dass ich dir nicht trauen kann. Glaubst du, damit machst du mir Angst? Ich binde deinen Arm ab, und dann hat sich die Sache erledigt. Du kannst von Glück reden, wenn du durch diese fixe Idee nicht für immer Nervenschädigungen im Arm zurückbehältst. Ich weiß nicht, warum sich dieser hartnäckige Irrglaube hält, sich durch Aufschneiden der Pulsadern umbringen zu können. Das gelingt wirklich nur den allerwenigsten Lebensmüden. Du hast wahrscheinlich zu viele billige Hollywoodfilme gesehen.«
    Er legt es wirklich darauf an , dachte sie schon leicht benebelt. Er zwingt mich zu einem weiteren Schnitt in eine gr o ß e oberflächlich verlaufende Arterie. Dann kann mir nur noch der Notarzt helfen …
    Inka fuhr mit der Glasscherbe in der Hand unter die Röcke des Hochzeitskleides. Noch hielt sich ihr Kreislauf aufrecht, aber bis zur Ohnmacht würde es nicht mehr lange dauern. Entschlossen tastete sie nach ihrem Leistenband und setzte den tiefen Schnitt etwas unterhalb davon. Das alles dauerte kaum ein paar Sekunden.
    »Und was machst du gegen diese Blutfontäne?«, rief sie.
    Brunner starrte auf den Rock, der sich rot verfärbte.
    Sie spürte, wie das Blut aus ihrer Oberschenkelarterie an ihrem Bein schwallartig hinablief, und binnen kürzester Zeit hockte sie in ihrer eigenen kleinen Blutlache. Inka begann
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