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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 04 - Blutpakt
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nun chemische Dämpfe aus,
die sich mit dem Geruch nach Verwesung misch ten. Als Nummer
neun nun wieder vorwankte, konnte Vicki es nicht län ger aushalten.
    „Um Gottes
willen, Mora!" kreischte sie, „schlag doch zurück!"
    Ihre Mutter drehte sich zu ihr um, der Kopf
kaum noch vom Hals gehalten, und erwiderte einen Moment lang den Blick ihrer
Tochter. Dann beugte sie sich vor und riß eine der flachen
Metallstreben aus dem Regal. Sie hielt die Strebe wie einen Baseballschläger,
richtete sich auf und holte aus.

Das gezackte Ende der Strebe traf Nummer neun an der
Schläfe und drang durch dünne Knochen bis
ins Hirn. Einen Moment lang blitzte es golden,
als das neurale Netz losgerissen wurde. Dann taumelte Nummer neun zurück
und brach zusammen.
    Die Metallstrebe fiel klirrend zu Boden. Marjory Nelson
schwankte und sackte in sich zusammen, als habe irgend jemand unsichtbare Schnüre durchtrennt.
    „MOM!"
Vicki stolperte vor und warf sich auf die Knie. Sie konnte nicht gleichzeitig ihre Mutter und die
Taschenlampe halten, und so schob sie die Taschenlampe in die Schlinge
um ihren Arm und zog sich den schlaffen Körper auf den Schoß. Das diffuse
Licht, das nun durch den dünnen
Baumwollstoff von Henrys Hemd drang, radierte alle Veränderungen aus, die
durch den Tod und die Wissenschaft entstanden waren, und gab Vicki ihre Mutter
zurück.
    „Mom? Sei nicht
tot! Oh bitte, sei nicht tot! Nicht noch einmal..."
    Der Schaden war zu
groß. Sie spürte, wie das Band sich lockerte. Aber da gab es noch etwas, was sie tun
mußte.
    „Mom? Verdammt,
Mom ..." Hellgraue Augen, die so sehr Vickis eige nen
ähnelten, öffneten sich, und die junge Frau vergaß zu atmen. Eigentlich konnte
sie gar nicht sehen, wie diese Augen sie ansahen, aber sie sah es doch, sah es
ganz genau; der Blick dieser Augen hüllte sie ein, und ei nen Moment lang war
sie vor aller Welt in Sicherheit.
    „... liebe dich
... Vicki..."
    Tränen rannen unter den Rändern von Vickis
Brille hervor und liefen über ihre Wangen. „Ich liebe dich auch,
Mom." Alles verschwamm Vicki vor ihren Augen, und als sie wieder sehen
konnte, war sie allein. „Mom?" Aber die grauen Augen
starrten ins Nichts, und der Körper, den Vicki in ihren
Armen hielt, war leer. Ganz, ganz vorsichtig ließ sie ihn vom Schoß gleiten und schloß ihm
sanft die Augen.
    Ihre Mutter war
tot.
    Vicki begann am
ganzen Körper zu zittern. In ihr stieg eine Spannung auf, die immer stärker
wurde, ihr den Hals zuschnürte, ihre Muskeln ver knotete, sie auf ihren Knien hin- und
herwarf. Der erste Schluchzer riß riesige
glühende Löcher in Vickis Herz und enthielt ebensoviel Wut wie Trauer. Es tat so weh, daß sie sich dem zweiten
Schluchzer ergab, sich um den Schmerz krümmte und weinte.
    Um ihre Mutter
weinte.
    Um sich selbst
weinte.
    Nummer neun lag
dort, wo er gefallen war. Die Wut war fort. Obwohl er
nicht wissen konnte, daß das neurale Netz aufgehört hatte zu arbei ten,
verstand er auf eine vage Weise doch, daß der Teil, der sein Körper war, und der Teil, der
er war, nun voneinander getrennt waren.
    Er starrte an die Decke und wollte ...
    ... wollte ...
    Dann sah er nicht mehr die Decke. Sie war da.
    Catherine drehte
den Kopf von Nummer neun sanft so, daß er sie an sehen konnte.
    „Ich kann dich nicht wiederherstellen", flüsterte
sie und fuhr mit dem Finger sanft an seiner Kinnlinie entlang,
spürte abwechselnd dem Fleisch und den Knochen nach. „Du solltest
für immer bei mir bleiben. Ich hätte es nicht zugelassen, daß sie dich
abstellt." Catherine lächelte und legte zärtlich ein Stück loser Haut
wieder dorthin, wohin es gehörte.
    „Du warst", erklärte sie ihm, wobei ihr fast die
Stimme versagte, „das allerbeste Experiment meines ganzen
Lebens."
    Er wollte, daß sie lächelte.
    Er mochte es, wenn sie lächelte.
    Dann war sie fort.
    Er wollte, daß sie zurückkam.
    Langsam stand Catherine auf, jede ihrer Bewegungen ganz
präzise aus führend. Sorgsam setzte sie einen Fuß vor
den anderen und durchquerte das Labor. Dann blieb sie bei der Metallstrebe mit
dem gezackten Ende stehen und hob sie vom Boden auf.
    Da, wo die Strebe vom Regal abgerissen worden war,
glänzte das ge zackte Ende wie frisch poliert. Catherine
hielt das Metallstück hoch und lächelte es an.
    Das flache Metall traf Vickis gebeugte Schultern und
schleuderte die junge Frau zu Boden. Vickis Welt stand Kopf, und nur reiner
Instinkt brachte die junge Frau dazu, zu handeln; vor Schmerz nach
Luft schnap pend
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