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Hüter des Todes (German Edition)

Hüter des Todes (German Edition)

Titel: Hüter des Todes (German Edition)
Autoren: Lincoln Child
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spärlichen Wald aus Strauchkiefern wieder, mit sandigem Untergrund, der bald gelbbraunen Dünen wich. Die Dünen endeten an einer Stahlbrücke, die zu einer niedrigen, langgestreckten Insel führte. Selbst aus dieser Entfernung konnte Logan erkennen, dass auf der Insel im Fishers Island Sound wenigstens ein Dutzend Gebäude standen, alle errichtet aus dem gleichen rötlich braunen Sandstein. Im Zentrum erhoben sich parallel wie Dominosteine drei große fünfstöckige Gebäude, die an Schlafhäuser erinnerten. Am Ende der Insel, und teilweise durch andere Gebäude verdeckt, befand sich eine verlassene Landepiste. Und hinter allem lag der Ozean. Am Horizont war Rhode Island als dunkelgrüne Linie zu erkennen.
    Logan fuhr den letzten Kilometer und hielt an einem Torhaus vor der Brücke. Er zeigte dem Wachmann die ausgedruckte E-Mail, und der Wachmann lächelte und winkte ihn durch. Auf einem einzelnen, ebenso hochwertigen wie dezenten Schild neben dem Torhaus prangte die Aufschrift «CTS».
    Er überquerte die Brücke, passierte ein Außengebäude und lenkte den Wagen auf einen überraschend großen Parkplatz. Dort standen mindestens einhundert Fahrzeuge, und es gab Platz für noch einmal die gleiche Anzahl. Er steuerte seinen Wagen in eine freie Parklücke und schaltete den Motor ab. Anstatt auszusteigen, hielt er jedoch inne und nahm noch einmal die E-Mail zur Hand.
Jeremy,
ich freue mich – und bin erleichtert –, dass du zugesagt hast. Ich weiß deine Flexibilität zu schätzen, denn wie ich bereits erwähnte, kann niemand sagen, wie lang deine Untersuchungen dauern werden. Wie dem auch sei, du erhältst eine Mindestvergütung von zwei Wochensätzen, zum von dir genannten Tarif. Bitte entschuldige, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Details verraten kann, aber das bist du wahrscheinlich gewohnt. Und ich muss gestehen, ich kann es kaum erwarten, dich nach all der Zeit wiederzusehen.
Im Anhang findest du die Wegbeschreibung zum Center. Ich erwarte dich am Morgen des 18., irgendwann zwischen zehn Uhr und mittags wäre prima. Noch eine Sache: Sobald du beim Projekt mit an Bord bist, wirst du feststellen, dass es schwierig ist, Anrufe nach draußen zu tätigen, also solltest du alle wichtigen Angelegenheiten erledigt haben, bevor du losfährst.
Ich freue mich auf den 18.!
Liebe Grüße,
E. R.
    Logan warf einen Blick auf seine Armbanduhr: halb zwölf. Er drehte die E-Mail in den Händen. Du wirst feststellen, dass es schwierig ist, Anrufe nach draußen zu tätigen … Warum denn das? Gab es etwa jenseits der malerischen Ortschaft von Pevensey Point keine Mobilfunkmasten mehr? Wie auch immer, es stimmte, was in der E-Mail stand: Er war «daran gewöhnt».
    Er hievte den Seesack vom Beifahrersitz, steckte die E-Mail ein und stieg aus.
    Der Empfangsbereich war in einem der zentralen, schlafhausähnlichen Gebäude untergebracht und erinnerte Logan an das Wartezimmer einer Arztpraxis: ein halbes Dutzend leere Sessel, Tische voller Magazine und Zeitungen, ein Sammelsurium anonymer Ölgemälde an beigefarbenen Wänden, ein einzelner Empfangstresen, besetzt mit einer Frau Mitte dreißig. Hinter ihr an der Wand prangten die drei Buchstaben CTS, immer noch ohne jeden Hinweis, wofür sie standen.
    Logan nannte der Frau seinen Namen, und sie musterte ihn im Gegenzug mit einer Mischung aus Neugier und Unbehagen. Er rechnete mit einer längeren Wartezeit und setzte sich in einen der freien Sessel, doch kaum hatte er eine aktuelle Ausgabe der Harvard Medical Review zur Hand genommen, öffnete sich gegenüber dem Empfang bereits eine Tür, und Ethan Rush kam zum Vorschein.
    «Jeremy!», sagte er mit breitem Grinsen und streckte Logan die Hand entgegen. «Ich bin dir ja so dankbar, dass du gekommen bist.»
    «Hallo, Ethan», erwiderte Logan und schüttelte seinem Gegenüber die Hand. «Schön, dich mal wieder zu sehen.»
    Er hatte Rush seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen, seit ihrer gemeinsamen Zeit an der Johns Hopkins. Rush hatte damals an der medizinischen Fakultät studiert, er selbst war bereits im Hauptstudium gewesen. Doch der Mann, der nun vor ihm stand, hatte sich eine bemerkenswerte Jugendlichkeit bewahrt – lediglich ein filigranes Fältchenmuster in den Augenwinkeln verriet sein fortgeschrittenes Alter. Und doch schien es Logan, als würde der simple Akt des Händeschüttelns zwei wesentliche Dinge über Rush preisgeben: ein erschütterndes, das ganze Leben verändernde Ereignis und eine unbeirrbare, beinahe
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