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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung
Autoren: L. A. Weatherly
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seinen blaugrauen Augen ließ mein Herz einen Schlag aussetzen. Oh Gott, wenn ich sicher wüsste, dass wir gleich sterben würden -ich würde ihm alles erzählen.
    Inzwischen hatte die fast hundertköpfige Menschenmenge unsere Engel entdeckt und war verunsichert stehen geblieben. Ein paar Leute hielten improvisierte Waffen in den Händen -scharfkantige Holzstücke, die aussahen, als wären sie aus Bilderrahmen herausgebrochen worden. Raziel in seiner Menschengestalt tauchte in ihrer Mitte auf, und sein Poetengesicht verzerrte sich, als er sie anbrüllte. Ich brauchte kein Spanisch zu verstehen, um zu erfassen, was er sagte: Sperrt doch eure Augen auf! Sie haben keinen Heiligenschein! Das sind keine echten Engel das ist nur ein Trick! Sie haben das Konzil ermordet, lasst sie nicht entkommen!
    Trish und Wesley stürzten aus dem Treppenaufgang. »Das sind Engelkiller! Haltet sie auf!«
    Mir war schlecht, als ich meinen Blick von ihren vertrauten Gesichtern losriss. Dies war definitiv nicht der richtige Moment, um darüber nachzudenken.
    »Okay, los jetzt«, sagte Alex grimmig. Er schlang die Arme um mich, und ich hielt mich an ihm fest. Ich spürte seinen Herzschlag. Neben mir hob Sam Liz hoch, während Seb von hinten die Arme um seinen Brustkorb legte. Seb und ich schauten uns an, während wir uns wortlos anfeuerten. Unsere Engel schwebten über uns, konzentrierten sich, machten sich bereit.
    Dann ging die Menge zum Angriff über. Trish und Wesley waren ihr, immer noch schreiend, dicht auf den Fersen. Und vorneweg, mit flatterndem Jackett, lief Raziel. Als ich mich nach ihm umdrehte, fand ich mich, eine kurze verworrene Sekunde lang, abrupt in seinem Kopf wieder. Erschrocken hielt ich den Atem an, angesichts dessen, was ich dort sah. Meine Arme schlossen sich fester um Alex.
    Die Hälfte aller Engel auf der Welt war tot.
    Das spürte Raziel so intuitiv und unverkennbar, wie seinen eigenen Herzschlag. Die Hälfte aller Engel war tatsächlich verschwunden. Wirklich und wahrhaftig verschwunden. Ich fühlte mich wie benebelt, Erleichterung durchströmte mich … doch was ich dann entdeckte, ließ mich erstarren: Raziel war fasziniert von mir und bedauerte es, dass ich sterben musste. Er hatte es genossen, in meinen Gedanken herumzustreifen.
    Unvermittelt riss die Verbindung zwischen uns ab. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ihr entkommen werdet, oder?«, rief mein Vater, während er auf uns zurannte. Der Wind verzerrte seine Worte.
    Ich fröstelte. Es war widerlich, dass er in meinem Kopf gewesen war. Wenn ich könnte, würde ich mein Hirn in Bleiche tauchen.
    »Da gibt es wohl nur einen Weg, um das herauszufinden«, sagte ich leise. Und als mein Engel uns in die Arme schloss, traten Alex und ich über die Dachkante.
    Wind toste an uns vorbei, verschwommene, wütende Gesichter starrten zu uns herunter. Die Straße unter uns schoss auf uns zu, in dem gewölbten, grünen Glas sah ich unsere Spiegelbilder in die Tiefe stürzen.
    In meinem Engelskörper schlug ich heftig mit den Flügeln. Ich kämpfte mit dem ungewohnten Gewicht. Ein bisschen weiter weg hatte Seb dasselbe Problem, nur schlimmer, denn sein Engel musste drei Menschen tragen.
    Ich würde nicht zulassen, dass wir abstürzten, und tatsächlich gelang es mir irgendwie, unseren Fall unter Kontrolle zu bringen. Es war, als hätte sich ein Fallschirm geöffnet und uns neuen Auftrieb gegeben. Zu meiner Erleichterung sah ich, dass auch Sebs starke Flügel die Situation jetzt in den Griff bekommen hatten.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Alex über den Wind hinweg.
    Ich rang mir ein »Ja« ab. Immer noch hielt ich ihn ganz fest. Ich konnte seinen warmen Alexgeruch riechen, wir waren uns so nah wie tausend Male zuvor, und alles, was ich wollte, war, ihn zu küssen. Ich wandte den Blick ab, aber nicht ohne zu sehen, wie er schluckte.
    »Willow …«, setzte er an, als er von einer Art Donnergrollen unterbrochen wurde. Die Wurzeln des Konzils, die sich aus ihrer Verankerung rissen und mit bedrohlicher Eigenständigkeit bewegten. Durch die Abwesenheit der Zwölf war alles aus dem Gleichgewicht geraten, wie ein Felsblock, der am Rande eines Abgrunds schwankte.
    »Das ist nicht gut, oder?«, fragte Alex, der mein Gesicht beobachtete.
    Bevor ich antworten konnte, versteifte sich mein Engel vor Schreck – und in einem hellen Lichtschein stieß Raziel auf uns herab. Seine Engelsgestalt spiegelte sich im Glas des Torre Mayor.
    »Wisst ihr was? Mir wäre es doch bedeutend
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