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Hotel

Hotel

Titel: Hotel
Autoren: Arthur Hailey
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tränten, und die Adern auf seinen dürren Händen, die er nervös knetete, ragten wie Stränge hervor.
    »Was gibt’s, Sol?«
    Mit einer Stimme, die vor unterdrückter Erregung bebte, sagte der Kellner: »Ich nehme an, Sie sind wegen der Beschwerde hier … der Beschwerde über mich.«
    Peter warf einen Blick auf die Tür, die bisher nicht geöffnet worden war. Aus dem Inneren der Suite war außer dem Kläffen der Hunde bisher kein Laut gedrungen. »Erzählen Sie mir schnell, was passiert ist.«
    Der andere schluckte krampfhaft. Ohne auf die Frage einzugehen, flüsterte er hastig und flehend: »Wenn ich meine Stellung verliere, Mr. McDermott, ist’s für mich in meinem Alter schwer, eine neue zu finden.« Er betrachtete die Präsidentensuite mit halb besorgter, halb gehässiger Miene. »Im allgemeinen komme ich gut mit ihnen aus … aber heute abend war’s wie verhext. Sie sind ziemlich anspruchsvoll, aber das hat mir nie was ausgemacht, obwohl sie keine Trinkgelder geben.«
    McDermott mußte unwillkürlich lächeln. Angehörige des englischen Adels gaben selten ein Trinkgeld, vielleicht weil sie glaubten, daß die Ehre, sie bedienen zu dürfen, Belohnung genug sei.
    »Sie haben mir noch immer nicht gesagt –«
    »Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen, Mr. McDermott.« Peter war die Zerknirschtheit dieses Mannes, der alt genug war, um sein Großvater zu sein, fast peinlich. »Es ist ungefähr eine halbe Stunde her. Sie hatten ein spätes Nachtmahl bestellt … der Herzog und die Herzogin, meine ich … Austern, Champagner und Shrimps Creole.«
    »Schön, und was ist dann passiert?«
    »Es ist bei den Shrimps Creole passiert, Sir. Als ich sie servierte … also, ich weiß selbst nicht, wie’s zuging … in all den Jahren ist mir das kaum jemals passiert –«
    »Mein Gott, kommen Sie zur Sache, Sol!« Peter ließ die Tür nicht aus den Augen, um das Gespräch sofort abzubrechen, falls sie sich öffnete.
    »Ja, Mr. McDermott. Als ich die Creole servierte, stand die Herzogin vom Tisch auf, und als sie zurücktrat, stieß sie mich am Arm. Also, wenn ich’s nicht besser wüßte, würde ich sagen, sie hätte es absichtlich getan.«
    »Das ist doch absurd!«
    »Ich weiß, Sir. Aber das Theater danach …! Es hat nur einen kleinen Fleck gegeben … ich schwöre Ihnen, Sir, er war nicht größer als ein halber Zentimeter, auf dem einen Hosenbein des Herzogs.«
    »Und das ist alles?« fragte Peter zweifelnd.
    »Ja. Ich kann beschwören, daß es nicht mehr war, Mr. McDermott. Aber bei dem Theater, das die Herzogin machte … hätte man denken können … ich hätte einen Mord begangen. Ich entschuldigte mich, holte eine saubere Serviette und Wasser, um den Fleck wegzumachen, aber das genügte ihr nicht. Sie wollte unbedingt mit Mr. Trent sprechen –«
    »Mr. Trent ist nicht im Hotel.«
    Peter beschloß, sich zunächst die Version der anderen Seite anzuhören, bevor er eine Entscheidung fällte. »Wenn Sie für heute fertig sind, gehen Sie am besten nach Hause. Melden Sie sich morgen wie immer zum Dienst. Dann werden Sie erfahren, was weiter geschieht.«
    Als der Kellner verschwunden war, drückte Peter McDermott wieder auf die Klingel. Kaum hatten die jungen Hunde von neuem zu bellen begonnen, als die Tür von einem jungen Mann geöffnet wurde, der ein rundes Gesicht hatte und einen Kneifer auf der Nase trug – dem Sekretär der Croydons.
    Bevor einer der beiden etwas äußern konnte, rief eine weibliche Stimme aus dem Inneren der Suite: »Wer immer auch an der Tür ist, sagen Sie ihm, er soll endlich aufhören zu klingeln.« Es war eine Stimme, fand Peter, die trotz ihres herrischen Tonfalls anziehend wirkte und durch ihre rauhe Klangfülle Interesse erregte.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er zum Sekretär, »ich dachte, Sie hätten das Klingeln vielleicht nicht gehört.« Er nannte seinen Namen und fügte hinzu: »Man hat mir berichtet, daß die Bedienung Anlaß zur Klage gab. Ich kam her, um zu fragen, ob ich Ihnen behilflich sein kann.«
    »Wir erwarteten Mr. Trent«, antwortete der Sekretär.
    »Mr. Trent ist heute abend nicht im Hotel.«
    Während des Gesprächs hatten sich die beiden Männer von der Tür entfernt und standen nun in der Diele, einem mit dicken Teppichen ausgelegten und mit zwei Polstersesseln und einem Tischchen geschmackvoll ausgestatteten Raum. Ein Stich von Morris Henry Hobbs zeigte das alte New Orleans. Am einen Ende der Diele befand sich die Doppeltür zum Korridor,
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