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Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph
Autoren: Michael Marrak
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Eine extrahierte Seele vielleicht, deren vermeintlicher Körper nur eine Projektion irdischer Denkroutinen, Existenzgewohnheiten und Daseinsvertrautheiten war.
    Jene unter dem Personal, die von der Existenz des Epitaphs wussten, nannten ihn hinter vorgehaltener Hand Jaikon Ginju – Seelenfresser.
    Was mich durch diese Finsternis trieb, konnte ich nicht sagen. Vielleicht Wind, vielleicht die Echos von Gedanken, vielleicht aber auch jene Wesen, die diese Sphäre bewohnten. Womöglich war die Dunkelheit selbst eine unbegreifliche Entität in einem Paralleluniversum ohne Sterne. Alle Bemühungen, beide Welten miteinander zu verknüpfen, waren bisher gescheitert. Es war, als versuchten wir eine Brücke in substanzlose Finsternis zu spannen, nur um an einem undurchdringlichen Schutzschirm abzuprallen und wieder ins Diesseits zurückgeschleudert zu werden.
    Zunächst schien es auch dieses Mal bei einem ereignislosen Schweben durch Stille und Nacht zu bleiben – bis ich in der Ferne ein gewaltiges rundes Objekt zu erkennen glaubte. Es erinnerte mich an ein riesiges steinernes Rad oder einen gigantischen Mühlstein. Seine Ausmaße waren enorm. Zuerst wirkte es wie eine blanke Scheibe, doch je näher ich ihm kam, desto deutlicher waren Konturen auf seiner Oberfläche zu erkennen.
    Etwas, das sich wie eine Messerspitze anfühlte, berührte meinen Rücken, strich mir über die Schulter, dann sanft die Wirbelsäule hinab …
*
    Der zweite Blitz kam ebenso unverhofft wie der erste, abermals begleitet von einem Donnerschlag. Ich starrte wieder in die Mondgesichter von Naumann und Liju. Der Direktor hob eine Hand und schnippte mit zwei Fingern vor meinen Augen herum. Er öffnete den Mund, bewegte seine Lippen. »Kannst du mich verstehen?«, vernahm ich seine Stimme, als er längst aufgehört hatte zu sprechen. Ich nickte. Zumindest kam es mir so vor, als hätte ich genickt. Dann begann ich zu erzählen, redete und redete. Kein Laut drang über meine Lippen. Ich grinste lediglich albern vor mich hin.
    Meine beiden Gegenüber tauschten einen Blick, dann beugte Liju sich näher. »Hörst du mich?« Diesmal erklang ihre Stimme kurz nach dem Öffnen ihrer Lippen und endete synchron mit dem letzten Wort. Ich nickte schwach und bat um ein Glas Wasser, dann erzählte ich stockend von meiner Vision.
    »Eine Scheibe aus Stein?«, zweifelte Naumann. »Ein derartiges Relikt wird in keiner der Upanishaden erwähnt.«
    »Womöglich meint er ein Falun «, interpretierte Liju meine Beschreibungen.
    »Das Rad des Dharma? « Naumann verdrehte die Augen. »Das ist doch lächerlich.« Er wandte sich ab und begann im Hintergrund in irgendwelchen Dokumenten zu kramen. »Sah dieses Gebilde so aus?«, fragte er nach kurzer Suche und hielt ein zerknittertes Falun-Gong-Plakat in die Höhe. Es zeigte einen roten Kreis mit einem großen goldenen Swastika-Symbol, der von einem orangefarbenen Ring aus vier weiteren Swastiken und ebenso vielen Yin-Yang-Symbolen umschlossen war.
    »Nein«, sagte ich. »Was ich gesehen habe, war monochrom und besaß eine filigranere Oberfläche.«
    »Und deine Sukkubus-Freundin, war sie auch in der Nähe?«
    »Sie ist immer in meiner Nähe.«
    »Na, dann hast du ja vielleicht sogar ein bisschen Spaß da drüben.« Naumann fingerte am Mischpult herum. »Ich erhöhe die Frequenz um 0,2 Hertz. Vielleicht erleuchtet das deine Wahrnehmung.«
    »Gestalten Sie den Transit etwas gesitteter«, bat ich ihn. »Ich hatte das Gefühl, als befände ich mich im Zentrum einer Atomexplosion.«
    »Hör auf zu jammern«, vernahm ich Lijus Stimme aus dem Hintergrund.
    Ich richtete mich auf. »Leute, ihr wollt etwas von mir! «
    Naumanns Blick sprach Bände. »Ich hole dich in zwanzig Minuten zurück«, sagte er, während er die Frequenzparameter änderte.
    »Zwanzig Minuten?«, wiederholte ich erschrocken. »So lange war ich noch nie …«
    »Wir haben hier alles unter Kontrolle.« Auf Naumanns Fingerzeig hin ließ Liju den Stuhl zurück ins Radom gleiten.
*
    Der Blitz war so grell wie immer, der Knall allerdings nicht mehr ganz so ohrenbetäubend wie beim letzten Mal. Er klang wie eine entfernt zu Tal donnernde Steinlawine, deren Grollen in der Unendlichkeit verhallte.
    Mühsam öffnete ich die Augen, konnte jedoch außer Dunkelheit nichts erkennen und schloss sie wieder. Gespenstische Ruhe herrschte allenthalben. Ich fühlte mich unbehaglich, erkannte den Grund dafür jedoch erst zögerlich: Der Zustand schwerelosen, fast schon körperlos
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