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Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph
Autoren: Michael Marrak
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anmutenden Schwebens hatte aufgehört. Alles fühlte sich statischer an, gebundener. Ein peitschenartiges Geräusch riss mich schließlich aus meinem Dämmerzustand.
    Als ich die Augen ein zweites Mal öffnete, erwartete ich bereits wieder Naumanns Gesicht vor mir, blickte jedoch nach wie vor in konturlose Finsternis. Irgendetwas hing mir ins Gesicht. Es fühlte sich an wie Spinnweben und juckte lästig auf der Haut. Jeder meine Atemstöße blähte das netzartige Gewebe über meinem Gesicht auf, doch es sank augenblicklich wieder in sich zusammen. Ich wollte es mit der Hand wegwischen, doch sosehr ich mich bemühte, ich konnte die Arme nicht bewegen. Sie fühlten sich an, als hätte man sie mir von den Ellbogen an abwärts an den Körper geklebt. Nicht einmal die Finger zu krümmen war mir möglich.
    Eine leise Frauenstimme drang an mein Ohr und ließ mich innehalten. Ich vermochte nicht zu bestimmen, aus welcher Richtung sie kam. Sie klang dumpf, als befände sich zwischen uns eine Wand oder eine dicke Lage Stoff. Die Stimme kam von draußen , während ich mich im Inneren zu befinden schien – wo oder was auch immer dieses Innen war. Die geisterhafte Stimme sang ein Lied in einer Sprache, die weder Khmer noch einer anderen austroasiatischen oder sinitischen Sprache ähnelte. Mal schien sie näher, mal weiter entfernt zu sein und erstarb schließlich ganz.
*
    Im Nachhinein konnte ich nicht sagen, ob die Stimme tatsächlich verstummt war oder mich nur der Schlaf übermannt hatte.
    Was mich aufschrecken ließ, war ein Geräusch, das wie Millionen zerreißender Haare klang und in meiner Erinnerung so unwirklich widerhallte wie ein Traum in einem Traum. Stille herrschte allenthalben, lediglich das dumpfe Pochen meines Herzens drang an meine Ohren. Ich drehte mühsam meinen Kopf und blickte nach rechts. Die Bewegung fiel mir unendlich schwer und schmerzte, als wären sämtliche Halswirbel steif. Hinter mir erstreckte sich eine schmutzig graue, von Flechten überzogene Felswand. Etliche Meter entfernt prangte darauf ein gut mannsgroßes Symbol, das an eine Zwei erinnerte. Nachdem ich es eine Weile betrachtet hatte, erkannte ich, dass es sich um eine auf dem Kopf stehende Fünf handelte. Gut zehn Meter jenseits der Ziffer war eine Vier im Halbdunkel zu erkennen. Ich sah nach links und erkannte eine Sieben, einen Steinwurf davon entfernt die Acht. Sechs , durchfuhr es mich. Ich hänge über der Sechs.
    Etwas Seltsames kam langsam und vollkommen lautlos von schräg rechts unten – oder oben? – auf mich zu. Ich kniff die Augen zusammen, um das sich nähernde Gebilde besser erkennen zu können, und riss sie ungläubig wieder auf: Es war der in irrationale Länge gestreckte Körper einer Frau! Die herabgefallenen Haare verbargen das Gesicht, das annähernd drei Meter lang sein musste. Die Arme verwuchsen kurz über den Hüften mit dem Körper, was sie wie die Henkel einer Amphore aussehen ließ. Der Oberkörper der Frau maß annähernd zwölf Meter, die Beine wohl noch einmal fast das Doppelte. Sie verschmolzen auf Höhe der Oberschenkel mit der Dunkelheit, bei deren Anblick mich ein unbehagliches Gefühl erfüllte.
    »Hallo«, flüsterte die Frau, als sie bis auf einen Meter herangeschwebt war und ich ihr Gesicht erkennen konnte. Es war unmöglich zu bestimmen, welcher Rasse oder Nationalität sie angehörte. Schließlich strich ihr Körper mit den paradox in die Länge verzerrten Brüsten langsam über den meinen, was mich gebannt die Luft anhalten ließ.
    »Verzeihung«, murmelte die Frau, wobei sich ein schmales, aber sehr hohes Lächeln der Verlegenheit auf ihre Lippen schlich. »Ich bin nur der Sekundenzeiger …«
    Dann war der Körperkontakt vorbei, und die bizarre Gestalt entschwebte langsam wieder in die Schwärze, auf die Sieben zu.
    Fassungslos starrte ich in die Finsternis, konnte nicht glauben, was ich soeben gesehen hatte. Mühsam neigte ich den Kopf und blickte an mir herab. Mein Bauchnabel war ungefähr zehn Meter entfernt und sah aus wie der Geldschlitz eines monströsen Sparschweins. Faserige Reste eines watte- oder spinnwebartigen Gespinsts klebten an meiner Haut.
    Unvermittelt zwang mich eine unwiderstehliche Kraft ein Stück nach links.
    Ich bin der Minutenzeiger!, durchfuhr es mich. Kurz darauf tauchte der Schatten der Sekundenfrau wieder aus dem Zwielicht auf.
    »Was ist das hier für ein Ort?«, fragte ich, als ich sie in Hörweite wähnte. Meine Stimme klang wie das Grunzen eines
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