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Horror Factory 05 - - Necroversum: Der Riss

Horror Factory 05 - - Necroversum: Der Riss

Titel: Horror Factory 05 - - Necroversum: Der Riss
Autoren: Uwe Voehl
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wurde Syriah einmal mehr bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie die Glocken zum Läuten bringen sollte. Vielleicht bediente man sie heutzutage sogar von unten.
    Weiter!, hämmerte sie sich ein, während die pochenden Schmerzen tief in ihrem Kopf wühlten.
    Endlich erreichte sie ihr Ziel. Vor ihr lag der Glockenstuhl. Rasch schlug sie die Tür hinter sich zu. Ihre Blicke huschten umher. Schnell fand sie, was sie suchte. Es war eine eiserne Stange, die einer der Arbeiter zurückgelassen haben musste.
    Syriah ergriff sie, schob sie unter die Türklinke und keilte sie auf diese Weise ein.
    Durch das Geflecht der Verankerungskonstruktionen erkannte sie die Silhouetten der Speciosa und der Pretiosa. Beide Glocken flankierten den Star des Geläuts, die mächtige St. Petersglocke. Sie allein wog mehr als vierundzwanzig Tonnen.
    Wie soll ich sie zum Schlagen bringen, Herrgott, wie?
    Das »Herrgott« war nur eine Floskel. Syriah wünschte, Ihr Stoßgebet würde tatsächlich erhört werden. Aber ihresgleichen hatten keinen direkten Draht zu Gott, auch wenn das sicherlich viele annahmen.
    Sie war einst zu tief gefallen. Viel zu tief, als dass noch irgendein göttlicher Funke, und sei es nur der matte Abglanz, sie beseelte.
    Nein, ihresgleichen waren nur dazu geschaffen, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Den Schmutz zu beseitigen. Und dabei zu versuchen, jedes Mal möglichst unversehrt wieder aus dem Dreck hervorzukriechen.
    Syriahs Puls verlangsamte sich. Sie spürte, wie der Zynismus ihr die nötige Sicherheit zurückgab. Und die Gewissheit, dass es irgendeinen Weg geben musste. Es gab immer einen Weg. Und wenn Beppo sagte, das Glockengeläut würde die Schwärze dorthin zurückschicken, von wo sie hervorgekrochen kam, dann war es so.
    In diesem Moment geschahen drei Dinge gleichzeitig.
    Hinter ihr pochte es an der Tür.
    Zugleich läutete wieder ihr Handy.
    Und sie bemerkte, dass sie sich nicht allein auf dem Glockenstuhl befand.
    Da drüben, auf der anderen Seite, hinter der St. Petersglocke, hockte eine Gestalt und sah sie unverwandt an.
    »Wollen Sie nicht an ihr Handy gehen?«, fragte der Unbekannte mit kindlicher Stimme, die sich anhörte, als wäre er im Stimmbruch.
    Syriah drückte sich das Handy ans Ohr. »Bist du es, Beppo?«, fragte sie.
    »Natürlich. Hast du den Teufel erwartet, Kleines?«
    »Komm zur Sache, ich habe nicht viel Zeit.« Die Verfolger hämmerten nun so vehement gegen die Tür, dass es nur eine Frage von Minuten sein konnte, bis die Tür aufgebrochen war. »Außerdem bin ich nicht allein.«
    Das Schnaufen am anderen Ende der Leitung verriet ihr, dass Beppo genau wusste, wer die andere Person war.
    »Ich habe ihn dir geschickt.«
    »Sprich nicht in Rätseln.«
    »Du weißt sicher, dass die St. Petersglocke die größte Glocke der Welt ist. Aber sie wurde erst 1923 gegossen. Ein geradezu läppisches Alter im Vergleich zu der halb so schweren Pretiosa. Sie wurde bereits 1448 gegossen. Damals galt sie als größte Glocke des Abendlandes.«
    »Der Empfang hier oben ist sehr gut, und ich könnte dir noch stundenlang zuhören. Allerdings weiß ich nicht, wie lange der Akku noch durchhält.« Sie versuchte, ihren Sarkasmus zu zügeln, doch es gelang ihr nicht. »Oder willst du dich als Turmführer bewerben?«
    »Alles ist miteinander verknüpft. Keine Sorge, ich komme gleich zum Punkt. Der letzte Papst, der vor Benedikt zurücktrat, war Coelestin V. im dreizehnten Jahrhundert. Danach versank die Welt in Finsternis. Es gibt nicht viele Quellen aus dieser Zeit, aber es muss etwas hervorgekommen sein, was alles andere vertilgt hat. Coelestin hat seine Ohnmacht vorausgesehen, genau wie Benedikt. Oder irgendetwas hat beide Päpste zum Rücktritt gezwungen. Wir werden es erfahren. Entscheidend ist, dass die Menschen in späteren Jahrhunderten Glocken wie die Pretiosa gegossen haben, denn ihr Läuten treibt die Dunkelheit dorthin zurück, von wo sie kommt.«
    Syriah fragte gar nicht erst, woher Beppo sein Wissen bezog. Auch in der Vergangenheit hatte er sie oft damit überrascht und jedes Mal recht behalten.
    »Also gut, wie bringe ich die Glocken zum Läuten?«
    »Jan wird dir dabei helfen. Er ist in solchen Dingen begabter als du …«
    »Jan?« Das musste die Gestalt sein, die sich noch immer halb hinter den Glocken im Schatten verborgen hielt.
    »Du weißt, dass ich überall nach Talenten wie ihn Ausschau halte.«
    Natürlich wusste sie das. So hatte er auch sie damals gefunden. Vor Urzeiten. Aber das
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