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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower
Autoren: C. S. Forester
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wohin du fährst?«
    »Ich könnte dir auf diese Frage keine Antwort geben«, sagte Hornblower mit gezwungenem Lächeln, »das tut mir besonders leid, mein Schatz.« Barbara hätte natürlich kein Wort weitererzählt, er konnte auch sicher sein, daß es ihr nicht einfiel, die Leute durch versteckte Winke und Andeutungen erraten zu lassen, welcher Art sein Auftrag war, dennoch konnte er ihr nichts darüber sagen. Dann blieb ihr wenigstens jeder Vorwurf erspart, wenn die Meuterei doch auf irgendeine Weise bekannt werden sollte. Aber der eigentliche Grund für sein Verhalten war ein anderer. Es war einfach seine Pflicht, Stillschweigen zu bewahren, und diese Pflicht duldete keine Ausnahme. Barbara erwiderte sein Lächeln mit der heiteren Gefaßtheit, die er jetzt von ihr erwarten durfte. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit seinem seidenen Umhang zu und legte ihn in schönerem Wurf über seine Schultern.
    »Schade«, sagte sie, »daß es in unseren Tagen für Männer so wenig Gelegenheiten gibt, sich schön anzuziehen. Dieses Rot und dieses Weiß hebt dein gutes Aussehen, Liebster. Du bist ein sehr schöner Mann, weißt du das eigentlich?«
    Dann brach die künstlich errichtete, ach so gebrechliche Schranke zwischen ihnen zusammen und löste sich in nichts auf wie eine angestochene Seifenblase. Sein Wesen dürstete nach menschlicher Nähe, bedurfte der Liebe, aber er hatte in einer Welt ohne Erbarmen gelebt, und Selbstzucht hieß sein tägliches Brot. So fiel es ihm unendlich schwer, war es ihm fast unmöglich, sich so zu geben, wie er in Wirklichkeit war. Da war immer die lauernde Angst, eine Zurückweisung zu erfahren, eine schreckliche Möglichkeit, die er natürlich nie in Kauf nehmen konnte. Und sie, sie wußte genau, was da in ihm vorging, und ihr Stolz lehnte sich dagegen auf. Die in England übliche stoische Erziehungsmethode hatte sie daran gewöhnt, allen Gefühlsregungen zu mißtrauen und alles hemmungslose Zurschaustellen von Gefühlen zu verachten. Ihr Stolz war genauso entwickelt wie der seinige, sie litt gelegentlich darunter, daß sie zur Erfüllung ihres Lebens seiner bedurfte, genauso wie er darunter leiden konnte, daß er sein Leben ohne ihre Liebe als Stückwerk empfand. Beide waren stolze Naturen, für die aus irgendeinem Grunde ein Dasein, das sich selbst genügte und der Gemeinschaft mit anderen nicht bedurfte, den Inbegriff des Vollkommenen bedeutete. Beide erblickten sie in dem Verzicht auf diese Lebensform ein Opfer, das ihnen oft unangemessen groß erschien. Aber in diesem Augenblick, da sie die Schatten der Trennung schon umgaben, schwanden aller Stolz und alle Gegenwehr, sie streiften den starren Panzer ab, den die Jahre um ihre Herzen gelegt hatten, und entdeckten den Segen ihrer natürlichen Gefühle. Sie lag in seinen Armen, ihre Hände griffen unter seinen Rittermantel und fühlten durch das dünne Seidenwams die Wärme seines Körpers. Er umfing sie mit der gleichen glühenden Leidenschaft, die sie entflammte. Korsetts waren damals verpönt, und auch sie trug daher nur eine winzige Versteifung aus Fischbein um die Hüften. Er fühlte also in seinen Armen die ganze Pracht ihres schlanken Körpers, der trotz seiner wunderbaren Muskeln, dem Ergebnis scharfer Ritte und langer Wanderungen, so herrlich biegsam war. Er hatte sich erst dazu erziehen müssen, Muskeln bei einer Frau für begehrenswert zu halten. Früher war er der Ansicht gewesen, Frauen müßten schwach und weichlich sein. Ihre warmen Lippen preßten sich aufeinander, und zwei Augenpaare lächelten sich an.
    »Mein Liebling, o mein Herz!« sagte sie und flüsterte dann Lippe an Lippe immer wieder jene süßeste Liebkosung der kinderlosen Frau für ihren Geliebten: »Mein Kindchen, mein Herzenskindchen!« Das war das Köstlichste, was sie zu ihm sagen konnte. Und ihm war es recht, er wollte ihr Kind und ihr Mann sein, sobald er einmal seinen schützenden Panzer abgelegt hatte und seine Gefühle frei strömen ließ. In seiner schutzlosen Blöße wünschte er sich dann nichts anderes als Geborgenheit, und dazu mußte sie so wahrhaftig und so treu zu ihm sein wie eine Mutter zu ihrem Kind, durfte sie aus seiner Wehrlosigkeit nicht den leisesten Vorteil ziehen. Nun lösten sich auch die letzten Vorbehalte, und sie schmolzen in jener heißesten Glut der Leidenschaften ineinander, die ihnen so selten geschenkt war. Heute aber hätte sie nichts mehr zu löschen vermocht.
    Hornblowers kräftige Finger rissen die Seidenschnur los, die den
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