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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower
Autoren: C. S. Forester
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als klopfte ein Riese von außen an, und in den Geschoßracks rollten auch die Kugeln ein ganz klein wenig hin und her, so daß es immer gerade am Ende einer jeden Rollbewegung feierlich und infolge der Nacheilung überraschend »Bum« machte. Als Hornblower gerade in seine Kammer eingetreten war, holte die Porta Coeli unerwartet besonders weit über. Offenbar hatte sie den Schutz der Isle of Wight verlassen und legte sich nun unter dem vollen Druck des Westwindes stärker auf die Seite als zuvor.
    Hornblower ließ sich durch die plötzliche Bewegung überraschen - nach einem längeren Landaufenthalt gewann er seine Seebeine immer nur langsam wieder - und taumelte unfreiwillig nach vorn. Glücklicherweise befand sich dort die Koje, auf die er mit dem Gesicht nach unten hinfiel. Während er noch hilflos mit den Beinen angelte, fing sein Ohr auch schon eine ganze Serie von neuen Geräuschen auf. Sie kamen von den verschiedensten losen Gegenständen, die bei Beginn einer jeden Reise meist nicht ordentlich seefest gestaut sind und dann beim ersten stärkeren Überholen durch die Decks poltern. Hornblower kroch nun mühsam ganz auf die Koje, ließ sich dabei noch einmal von einem heftigen Überholen überraschen, so daß er mit dem Kopf gegen den Deckbalken stieß, und sank endlich stöhnend auf das grobe Kopfkissen. In der feuchten Stickluft der Kammer brach ihm der Schweiß aus allen Poren, eine Folge seiner Anstrengung, aber auch ein sicheres Zeichen der nahenden Seekrankheit. Er begann leise, aber inbrünstig vor sich hin zu fluchen, ein abgründiger Haß gegen diesen Krieg stieg in ihm auf und erfüllte ihn deshalb mit besonderer Bitterkeit, weil er so gar keine Hoffnung auf ein Ende schimmern sah. Er konnte sich kaum vorstellen, wie das war: »Friede«. Als die Welt zum letzten Mal Frieden hatte, da war er noch ein Kind gewesen. Dennoch verzehrte er sich vor Sehnsucht danach, nein, er sehnte sich nur nach einem Zustand, der nicht Krieg war. Er hatte genug, übergenug von diesem endlosen Krieg, die Erfahrungen des letzten Jahres bewirkten, daß er diesen Überdruß nur um so nachdrücklicher und bitterer empfand. Die Nachricht von der völligen Vernichtung der Armeen Bonapartes in Rußland hatte in den Menschen gleich die Hoffnung geweckt, daß der Friede unmittelbar bevorstand. Aber Frankreich schien nicht zu wanken, im Gegenteil, es stellte immer neue Heere auf und hatte alle lebenswichtigen Punkte des Reiches vor dem Ansturm des russischen Gegenangriffs bewahrt. Die Neunmalweisen hatten allerdings auf die unerhörte Strenge und den gewaltigen Umfang der von Bonaparte befohlenen Aushebungen hingewiesen, die alle Schichten und Altersklassen in Mitleidenschaft zogen, sie hatten die Härte seines Steuersystems betont und daraus gefolgert, daß eine Volkserhebung im Inneren nahe bevorstehen müsse und vielleicht sogar durch eine Revolte der Generale unterstützt würde. Nun waren aber schon wieder zehn Monate vergangen, seit diese Voraussagen allgemein Verbreitung gefunden hatten, und es gab noch kein Anzeichen dafür, daß sie in Erfüllung gingen. Als Österreich und Schweden in die Reihen der Gegner Bonapartes übertraten, hofften die Menschen wieder, daß nun der Sieg wirklich nahe sei, sie erwarteten, daß Bonapartes unfreiwillige Bundesgenossen, die Dänen, die Holländer und alle die anderen sich endlich entschließen würden, ihm die Gefolgschaft zu kündigen, und daß dann für das Napoleonische Reich der Tag des Zusammenbruchs unmittelbar bevorstünde.
    Aber jedes Mal wurden die Hoffnungen enttäuscht. Kluge Männer hatten schon lange vorausgesagt, das Ringen werde fast von selbst ein Ende nehmen, sobald Bonaparte seine Methode, den Krieg aus dem Krieg zu nähren, nicht mehr auf dem Boden seiner Feinde oder seiner Hilfsvölker anwenden könne, sondern die eigenen Untertanen damit heimsuchen müsse. Und doch, waren nicht schon drei Monate vergangen, seit Wellington mit hunderttausend Mann über die Pyrenäen in das französische Heiligtum selbst eingebrochen war? Stand er nicht immer noch weit unten im Süden, siebenhundert Meilen von Paris, in einem Ringen, in dem es auf Leben und Tod ging? Bonapartes Hilfsquellen, Bonapartes eiserner Wille schienen in der Tat unerschöpflich zu sein.
    Hornblower war es in dieser bösen Stunde zumute, als wären sie alle verurteilt weiterzukämpfen, bis der letzte Mann in ganz Europa tot war, bis die Kraft Englands unwiderruflich verbraucht war, als müsse vor allem er selbst
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