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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore
Autoren: C. S. Forester
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erkannt und sprach ihn auf deutsch in barschen Worten an. Die wenigen Sätze, die gewechselt wurden, schienen die Spannung ins Unerträgliche zu steigern. Nun schwiegen sie.
    »Er spricht Französisch«, sagte Clausewitz zu Hornblower.
    Dann blickten ihn beide wortlos an und warteten auf das, was er ihnen zu sagen hatte. »Herr General«, begann Hornblower - er war in einem Traum, aber er zwang sich, in diesem Traum zu sprechen -, »ich vertrete hier den König von England, und Oberst von Clausewitz vertritt den Kaiser von Rußland.
    Wir führen einen gemeinsamen Kampf, um Europa von Bonaparte zu befreien. Wofür kämpfen Sie? Geht es Ihnen darum, die Herrschaft des Tyrannen zu erhalten?«
    Das war eine rhetorische Frage, auf die es keine Antwort gab.
    Yorck blieb daher nichts anderes übrig, als schweigend abzuwarten, was Hornblower noch zu sagen hatte. »Bonaparte ist geschlagen, er zieht sich aus - Moskau zurück, keine zehntausend Mann seiner Armee werden die deutsche Grenze erreichen. Wie Sie wissen, haben ihn die Spanier verlassen, ebenso die Portugiesen. Ganz Europa wendet sich gegen ihn, weil es erkennt, wie wenig seine Versprechungen wert sind. Wie er Deutschland behandelt hat, wissen Sie selbst, darüber brauche ich kein Wort zu verlieren. Wenn Sie weiter für ihn kämpfen, mag es Ihnen vielleicht gelingen, ihm auf seinem wankenden Thron noch einige Tage Frist zu verschaffen. Aber Sie verlängern damit auch Deutschlands Elend um die gleiche Zeitspanne. Erkennen Sie Ihre Pflicht, helfen Sie Ihrem versklavten Vaterland, und helfen Sie Ihrem König, der ein Gefangener ist! Sie können beiden zum Befreier werden. In Ihre Hand ist es gegeben, Ihren Soldaten jetzt, in diesem Augenblick, alles weitere, sinnlose Blutvergießen zu ersparen.«
    Yorck wandte den Blick von ihm ab. Nachdenklich sah er in die öde Winterlandschaft hinaus, wo sich die russischen Trappen langsam zum Gefecht entwickelten. Endlich antwortete er:
    »Was schlagen Sie vor?«
    Mehr wollte Hornblower nicht hören. Wenn Yorck Gegenfragen stellte, statt sie sofort gefangenzusetzen, dann war ihre Sache so gut wie gewonnen. Nun konnte er das Weitere getrost Clausewitz überlassen und seiner Müdigkeit nachgeben, die wuchs und wuchs wie eine steigende Flut. Ein Blick genügte, um Clausewitz in das Gespräch einzuschalten.
    »Einen Waffenstillstand«, entgegnete dieser sofort.
    »Augenblickliche Einstellung der Feindseligkeiten. Die endgültigen Bedingungen können dann leicht in Ruhe vereinbart werden.«
    Yorck hielt noch einen Augenblick zurück, und Hornblower betrachtete ihn trotz Krankheit und Elend mit neu aufflackerndem Interesse. Er hatte ein hartes Soldatengesicht, das von der Sonne mahagonibraun gebrannt war, so daß der weiße Schnurrbart und das weiße Haar seltsam davon abstachen.
    Diese Minute entschied über sein Schicksal. Noch war er ein treuer Untertan des Königs von Preußen, ein verhältnismäßig unbekannter General. Und nun brauchte er nur zwei Worte zu sprechen, dann war er heute ein Hochverräter und morgen wahrscheinlich ein großer Mann. Der Abfall Preußens - besser gesagt, der Abfall der preußischen Armee - lieferte der Welt einen stärkeren Beweis für die Brüchigkeit des napoleonischen Reiches als irgendein anderes Ereignis. Der Entschluß dazu lag bei Yorck. Endlich sprach er die entscheidenden Worte: »Ja, einverstanden.«
    Darauf, nur darauf hatte Hornblower gewartet. Jetzt durfte er sich sinken lassen, bis ihn sein Traum, sein Alptraum wieder umfing. Mochten weitere Verhandlung ausgehen, wie sie wollte.
    Als Clausewitz kehrtmachte und die Straße zurückritt folgte ihm Hornblowers Pferd ganz von selbst, sein Reiter gab ihm keine Hilfe. Dann erschien Brown, aber nur sein Gesicht, sonst nichts, alles andere war fort, verschwunden.
    »Wie geht es Ihnen, Sir?«
    »Gut«, gab Hornblower zur Antwort wie ein Automat. Wie, schritt er nicht über eine Wiese? Aber seltsam, es war ihm, als ginge er über weiße Federbetten oder auf einer lose ausgeholten Persenning. Vielleicht war es besser, wenn er sich niederlegte.
    Da, plötzlich machte er eine Entdeckung, die Musik, fand er, war doch etwas sehr Schönes. Sein ganzes Leben lang hatte er sich eingebildet, sie sei nichts als ein widerwärtiges Durcheinander von Tönen, und nun offenbarte sie ihm endlich ihr Geheimnis. In verzücktem Staunen vernahm er eine Fülle überirdisch schöner Klänge, die sich zu einer gewaltigen Melodie emporschwangen. Er konnte nicht anders, er
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