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Home - Wieder zu Hause

Home - Wieder zu Hause

Titel: Home - Wieder zu Hause
Autoren: Cardeno C.
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das nicht.“
    Meine Wut verließ mich so plötzlich, wie sie gekommen war. Ich fuhr ihm mit der Hand über Gesicht und Hals, um mich davon zu überzeugen, dass ihm nichts passiert war. Mein Bruder hatte ihn nicht angefasst, aber ich wollte sichergehen. Vorsichtig berührte ich Nase, Wangen und Augen. Dann bedeckte ich sein Gesicht mit Küssen.
    „Und was ist mit dem, was ich will?“
    Wir blickten auf Ben, der immer noch zusammengesunken auf dem Boden kniete. Er hatte die Hände vom Kopf genommen und sah Clark an.
    „Wir waren jahrelang die besten Freunde, wir haben sogar zusammen gewohnt. Ich dachte, wir wären füreinander da. Ich dachte, wir ... wir würden uns auch lieben.“
    Mein Bruder sah so verloren aus, dass er mir fast leid tat. Wir hatten oft darüber gesprochen. Als ich ihm von meiner Liebe zu Clark erzählte, fühlte Ben sich betrogen. In seinen Augen hatte sein bester Freund seinen Bruder verführt. Ich hatte ihm wieder und wieder erklärt, dass das nicht stimmte, dass ich Clark dazu überredet hätte. Ich hatte versucht, ihm zu erklären, dass ich auch ohne Clark schwul wäre. Keine Ahnung, warum Mister Magna-cum-laude es einfach nicht verstehen wollte.
     
     
    I CH habe Ben erst nach meinem College-Abschluss erzählt, dass ich schwul bin. Bis zu diesem Zeitpunkt war es einfacher gewesen, ihn darüber im Unklaren zu lassen. Ich wollte mich nicht mit einem Ausbildungsdarlehen belasten, sondern meine Eltern für das College bezahlen lassen. Ich weiß, das ist erbärmlich. Aber Clark hatte mich davon überzeugt, dass es unter finanziellen Gesichtspunkten verantwortlicher wäre.
    Für uns beide hätte sich sowieso nicht viel geändert. Wir wohnten während meiner gesamten Studienzeit zusammen in einer kleinen Einzimmerwohnung. Als ich mit dem Studium anfing, hatte er noch ein Jahr vor sich. Nach seinem Abschluss fing er an zu arbeiten und wir blieben in der gemeinsamen Wohnung. Meine Familie hielt ihn nur für meinen Mitbewohner, so wie er damals mit Ben zusammen gewohnt hatte. Natürlich haben wir sie nie eingeladen, aber das fiel nicht auf. Ben wollte uns sowieso nicht besuchen und meinen Eltern war es auch egal, solange wir nur während der Feiertage bei ihnen zu Besuch waren.
    Das staatliche College ist nur etwa eine Autostunde von meinem Elternhaus in E. C. North entfernt, deshalb konnten wir an den Feiertagen unsere Zeit zwischen ihnen und der Familie von Clarks Tante aufteilen. Meine Eltern hatten Clark immer gemocht. Er tat ihnen leid, weil er seine Mutter verloren hatte. Deshalb luden sie ihn gerne zu den Feiertagen ein. Das hatte den Vorteil, dass wir zusammen waren. Der Nachteil war, dass wir uns nicht berühren konnten. Aber das machten wir bei Clarks Familie wieder wett. Die arme Tante Shirley musste sich ständig räuspern, um uns daran zu erinnern, dass wir nicht alleine waren.
    Nach meinem Abschluss war ich endlich unabhängig von meinen Eltern und bereit, ihnen alles zu erzählen. Clark war der Meinung, wir sollten erst mit Ben reden. Er war sich sicher, dass mein Bruder uns akzeptieren und auf unserer Seite stehen würde, wenn wir mit meinen Eltern sprachen. Ich selbst erwartete, dass sie alle drei ausrasten und mich aus dem Haus jagen würden, also war mir die Reihenfolge so ziemlich egal.
    Unglücklicherweise erwies sich Clarks Optimismus bezüglich Bens Reaktion als Fehleinschätzung. Als ich ihm erklärte, dass ich schwul wäre und mit Clark zusammen nach E. C. West ziehen wollte, drehte er durch. Er erzählte es ihren gemeinsamen Freunden, von denen viele nichts mehr mit Clark zu tun haben wollten. Der verbrachte etliche einsame Jahre ohne seine Freunde, bis er einige von ihnen dazu bringen konnte, ihm zuzuhören und wieder mit ihm zu reden.
    Danach weigerte ich mich, mit Ben zu reden, solange er sich nicht bei Clark entschuldigte. Jedes Gespräch mit ihm endete damit, dass er mit Beleidigungen über seinen ehemaligen besten Freund nur so um sich warf. Es reichte mir schließlich und nach zwei Jahren schrieb ich ihn endgültig ab. Jedenfalls bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem er mich dazu überredete, mich wie das größte Arschloch des Planeten aufzuführen. Aber diesen Teil der Geschichte habe ich schon erzählt.
     
     
    N ACHDEM ich Clark in dieser fürchterlichen Nacht durch meine eigene Dummheit vertrieben hatte, sagte mir Ben, er würde meine Gefühle für Clark jetzt verstehen und es täte ihm leid. Damals dachte ich, mein Bruder hätte endlich akzeptiert, dass ich
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