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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice
Autoren: David Sedaris
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sie sich aus vor Lachen, weil sie glauben, sie sind der erste Mensch, der die Stirn hat, sich solche Annehmlichkeiten zu wünschen.
    Der Weihnachtsmann sagt: »Ich werde sehen, was ich machen kann.«
    Paare über fünfzig sagen: »Ich will nicht bei dir auf dem Schoß sitzen, lieber Weihnachtsmann; ich hab Angst, dann geht er kaputt!«
    Wie macht man denn wohl einen Scho ß kaputt? Wie sind so viele Menschen auf die Idee gekommen, genau dasselbe zu sagen?
    Ich war in einem Laden auf der Upper West Side. Dieser Laden ist wie ein Naturkundliches Museum, in dem man alle Exponate kaufen kann: Jedes ausgestopfte oder skelettierte Tier, das über den Erdball streunt, ist in diesem Laden vertreten, und deshalb ist der Laden so beliebt. Ich bin letztes Wochenende mit meinem Bruder hingegangen. Bei der Kasse stand eine Sch üssel mit Glasaugen und einem Schild dran: »HALTEN SIE SICH DIESE GLASAUGEN NICHT ZU NAH VOR DIE EIGENEN AUGEN: DER RAUHE STIEL (NACHBILDUNG DES SEHNERVS) KANN VERLETZUNGEN VERURSACHEN.«
    Ich sprach mit dem Burschen hinterm Ladentisch, und er sagte: »Es ist jedes Mal dasselbe. Erst halten sie sich die Augen vor, und dann setzen sie sich die Hörner auf. Ich habe es ja so satt.«
    Es st örte mich, dass mein erster Impuls, bevor ich das Schild las, gewesen war, mir diese Augen vor die Augen zu halten. Ich hatte angenommen, das wäre zum Schreien komisch.
    Wir alle ziehen Stolz und Vergn ügen aus der Tatsache, dass wir einmalig sind, aber ich fürchte, dass letztlich doch die Polizei recht behält: Verschieden sind nur die Fingerabdrücke.
    Im Madison Square Garden war eine riesenhafte »Sesamstraße live«-Ausstattungsrevue, also beschlossen Tausende von Menschen, dass sie's jetzt aber wissen wollten, und dachten, sie hängen den Weihnachtsmann noch schnell an die Sesamstraße dran. Heute hatten wir ein volles Haus, gerammelt voll, und alle hatten schlechte Laune. Sobald die Schlange zu lang wird, verteilen wir sie auf vier neue Schlangen, denn jeder, der einigermaßen bei Trost ist, haut ab, wenn er wei ß, dass es über zwei Stunden dauert, bis er den Weihnachtsmann zu sehen kriegt. Zwei Stunden – In zwei Stunden könnte man einen Film sehen. Wenn sie in einer Zwei-Stunden-Schlange stehen, befürchten die Menschen plötzlich, nicht in einer demokratischen Nation zu leben. Die Menschen stehen zwei Stunden lang Schlange, und dann drehen sie durch. Ich wurde in den Korridor geschickt, um die zweite Phase der Schlange zu dirigieren. Der Korridor war voller Leute, und alle schienen mich mit einer Frage aufzuhalten: Wo geht es zur Abwärts-Rolltreppe, wo geht's zum Aufzug, wo zum Innenhof-Restaurant, zur Geschenkverpackung, zur Damentoilette, zum Baumschmuck leichtgemacht. Es gab eine Schlange für den Weihnachtsmann und eine Schlange für die Damentoilette, und eine Frau fragte, nachdem sie bereits ein Dutzend Fragen gestellt hatte: »Wo ist denn die Schlange für die Damentoilette?« Ich schrie, ich glaubte, es wäre die mit den ganzen Damen drin.
    Sie sagte: »Ich werde Sie melden; dann werden Sie gefeuert.«
    Das haben heute schon zwei Leute zu mir gesagt: »Ich werde Sie melden; dann werden Sie gefeuert.« Nur zu, lassen Sie sich von mir nicht stören. Ich trage ein grünes Samtkostüm; sehr viel schlimmer kann es nicht mehr werden. Was glauben denn diese Menschen, wer sie sind?
    »Ich werde Sie melden; dann werden Sie gefeuert!« Und ich hätte mich gern vorgebeugt und leise und deutlich gesagt: »Ich werde Sie melden; dann werden Sie umgebracht.« Im Irrgarten, auf dem Weg zum Haus des Weihnachtsmanns, kommt man an kleinen Inszenierungen vorbei —, elektrischen Eisenbahnen, tanzenden Bären, dem Zuckerstangenwald und den Pinguinen. Die Pinguine sind in ihrem eigenen eisigen Wunderland. Sie stehen vor ihrem Iglu und fahren Schlitten und laufen Schlittschuh und braten sich Fisch in einer Pfanne. Aus irgendeinem Grund verspüren die Menschen den Zwang, Münzen in die Pinguin-Anlage zu werfen. Ich steige beim besten Willen nicht durch, warum sie das tun —; sie werfen kein Geld gegen den Geschenkebaum oder die mechanischen Zwerge oder den Briefkasten, aber sie leeren ihre Taschen für die Pinguine. Ich fragte, was mit dem Geld geschieht, und ein Geschäftsführer sagte mir, es würde für wohltätige Zwecke eingesammelt, aber das glaube ich nicht. Die Zwerge nehmen die Vierteldollars für den Münzfernsprecher, die Putzfrauen nehmen die Zehncentstücke, und ich habe Besucher gesehen, die kein Geld
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