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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe
Autoren: Terry Pratchett
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samtenen Dunkel der Königlichen Schule zurück.
    Vermutlich läßt Vetinari ihn bald wieder frei, dachte er. Das ist Politik. Drachenkönig gehört zur Funktionsweise dieser Stadt. Außerdem gibt es da noch die Frage nach den
Beweisen.
Ich bin von seiner Schuld überzeugt, aber…
    Wie dem auch sei: Ich
weiß,
daß er schuldig ist.
    Man wird ihn im Auge behalten, und eines Tages, wenn Vetinari den Zeitpunkt für gekommen hält, bricht ein besonders guter Assassine mit einem in Knoblauchbrühe getränkten Holzdolch auf. Dann wird alles hinter den Kulissen erledigt. Ja, darum dreht sich die Politik in dieser Stadt. Sie ähnelt einem Schachspiel: Wen kümmert’s, wenn ein paar Bauern dran glauben müssen?
    Aber
ich
weiß Bescheid. Und vielleicht bin ich der einzige, der die Hintergründe kennt.
    Automatisch klopfte er seine Taschen nach einer Zigarre ab.
    Es war schwierig genug, einen Vampir zu töten. Man pfählte die Burschen, verwandelte sie in Staub, und zehn Jahre später ließ jemand ein wenig Blut an die falsche Stelle tropfen, und zack –
ratet mal, wer wieder da ist?
Vampire kehrten häufiger zurück als roher Brokkoli.
    Mumm wußte, daß er gefährlichen Gedanken nachhing. Sie regten sich in einem Wächter, wenn die Jagd vorbei war, wenn man dem Halunken gegenüberstand, wenn sich das Universum auf ihn und die eigene Person reduzierte, auf einen atemlosen Augenblick zwischen Verbrechen und Strafe.
    Vielleicht hatte der Wächter einmal zu oft gesehen, wie der Zivilisation die Haut abgerissen wurde, woraufhin er sich nicht mehr wie ein Wächter verhielt, sondern wie ein ganz normaler Mensch. Vielleicht glaubte er dann, daß man mit Armbrust und Schwert eine
saubere
Welt schaffen konnte.
    Nein, so durfte man nicht denken, nicht einmal über Vampire. Obwohl sie nicht zögerten, anderen Leuten das Leben zu nehmen, weil das Leben der kleinen Leute überhaupt keine Rolle für sie spielte. Was konnte man
ihnen
nehmen?
    Nein, so durfte man nicht denken, denn man hatte ein Schwert und eine Dienstmarke bekommen und war dadurch zu jemand anderem geworden. Und
das
bedeutete, daß man gewisse Gedanken besser nicht dachte.
    Nur die Verbrechen fanden in der Dunkelheit statt. Die Bestrafung erfolgte im Licht. Das war die Arbeit eines guten Wächters, wie Karotte immer wieder sagte: in der Finsternis eine Kerze anzünden.
    Mumm entdeckte eine Zigarre, und seine Hände begannen mit der automatischen Suche nach Streichhölzern.
    Zahllose Bücher reichten an den Wänden empor. Das Kerzenlicht strich über goldene Buchstaben und dunkles Leder. Hier lagerte alles: Tausende von Stammbäumen, die unendlichen Einzelheiten der Wappenkunde. Das Wer-mit-und-von-wem der Jahrhunderte. Die Zuchtbücher der Stadt. Leute benutzten sie, um auf andere Leute hinabzublicken.
    Keine Streichhölzer…
    In der staubigen Stille der Königlichen Schule griff Mumm nach einem der Leuchter und zündete sich die Zigarre an.
    Er paffte genießerisch und richtete einen nachdenklichen Blick auf die Bücher. Die Kerzen des Leuchters zischten leise…
     
    Die Uhr tickte in unregelmäßigen Abständen. Schließlich stotterte sie sich zu ein Uhr vor – Mumm stand auf und betrat das Rechteckige Büro.
    »Ah, Mumm«, sagte Lord Vetinari und sah auf.
    »Ja, Herr.«
    Der Kommandeur hatte einige Stunden geschlafen und auch versucht, sich zu rasieren.
    Vetinari schob die Papiere auf dem Schreibtisch hin und her. »Die vergangene Nacht scheint recht ereignisreich gewesen zu sein…«
    »Ja, Herr.« Mumm nahm Haltung an. Alle Uniformierten wußten tief in ihrem Innern, wie man sich unter diesen Umständen verhielt. Zum Beispiel blickte man starr geradeaus.
    »Offenbar befindet sich Drachenkönig von Wappen im Verlies des Palastes«, stellte der Patrizier fest.
    »Ja, Herr.«
    »Ich habe deinen Bericht gelesen. Von Beweisen in dem Sinn kann eigentlich kaum die Rede sein.«
    »Herr?«
    »Einer deiner Zeugen lebt nicht einmal, Mumm.«
    »Nein, Sir. Genaugenommen gilt das auch für den Verdächtigen.«
    »Allerdings ist er ein wichtiger Bürger dieser Stadt. Eine Autorität.«
    »Ja, Herr.«
    Lord Vetinari schob erneut einige Dokumente hin und her. Auf einem davon waren rußige Fingerabdrücke zu sehen. »Allem Anschein nach hast du eine Belobigung verdient, Kommandeur.«
    »Herr?«
    »Die Herolde der Königlichen Schule – beziehungsweise ihrer
Reste –
haben mir eine Mitteilung geschickt und deine gute Arbeit in der letzten Nacht hervorgehoben.«
    »Herr?«
    »Du
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