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Hoher Einsatz (German Edition)

Hoher Einsatz (German Edition)

Titel: Hoher Einsatz (German Edition)
Autoren: Saskia Berwein
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noch eine Schlaftablette genommen. Dann … dann bin ich aufgewacht. Mein Handy klingelte …«
    »Frau Ahrens, ich möchte Ihnen keinesfalls zu nahe treten«, sagte Jennifer, als Julia verstummte. »Aber wäre es nicht möglich, dass Sie das alles geträumt haben?«
    Die junge Frau setzte sich auf und wollte ihr dazwischenfahren, Jennifer fuhr aber ruhig fort: »Herr Olbrich sitzt in Haft. Wenn er nicht der Täter wäre, ergäbe es keinen Sinn, Sie unter Druck zu setzen, ihn nicht zu identifizieren. Er kennt Sie nicht. Woher sollte er Ihre Handynummer haben oder Ihre Adresse? Seine Vergangenheit spricht eine deutliche Sprache. Wir sind überzeugt davon, dass er der Mann ist, der Ihnen das angetan hat.«
    »Sie glauben also, dass ich spinne?«
    Jennifer schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist eine ganz natürliche Reaktion. Sie haben Schlimmes erlebt, Sie stehen unter dem Einfluss von Medikamenten, Sie haben Angst.«
    »Es fühlte sich so echt an.«
    »Das tun derartige Träume meistens.«
    »Sie denken also wirklich, dass ich das geträumt habe?«
    Jennifer nickte. »Ich habe keine andere Erklärung dafür.«
    Julia wollte gerade etwas erwidern, als die Tür geöffnet wurde. Freya Olsson, die Assistentin der Kripo, steckte den Kopf herein und nickte Jennifer zu. Für die Gegenüberstellung war alles vorbereitet.
    »Wir sollten das nun hinter uns bringen, Frau Ahrens. Identifizieren Sie den Täter. Dann ist es vorbei.«
    Die junge Frau machte keinen besonders zuversichtlichen Eindruck. »Vorerst.«
    »Ich verspreche Ihnen, alles zu tun, was nötig und möglich ist, um ein Geständnis zu bekommen. Dann müssten Sie nicht vor Gericht aussagen.«
    »Das mit dem Geständnis haben Sie mir schon einmal versprochen.«
    Jennifer ging auf diesen Vorwurf nicht ein. »Kommen Sie.«
    Julia stand mit Jennifer Leitner vor der Glasscheibe und sah dabei zu, wie fünf Männer in den Raum dahinter geführt wurden. Sie alle schienen direkt ihrer persönlichen Hölle entstiegen zu sein: groß, muskulös, blondierte Strähnen und blaue Augen. Eine Kombination, die ihr vermutlich ihr Leben lang den Angstschweiß auf die Stirn treiben würde.
    Trotzdem, ihn erkannte sie sofort.
    Er war der Vierte in der Reihe.
    Sie tat unwillkürlich einen Schritt zurück und prallte gegen die Kommissarin, die versetzt hinter ihr gestanden hatte. Sie spürte ihre Hände auf den Schultern. Es war nur eine zarte Berührung, die sie mehr beruhigen als stützen sollte.
    »Lassen Sie sich Zeit.« Die Beamtin flüsterte beinahe. »Sie brauchen sich nicht zu hetzen. Und denken Sie daran: Sie müssen keine Angst haben.«
    Ihr Verstand begriff die Botschaft, ihr Körper tat es jedoch nicht. Sie hyperventilierte, zitterte, und der Pullover klebte ihr schweißnass am Rücken.
    Sie wollte ihn nicht erneut ansehen, musste es aber doch.
    Bilder blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Gefühle, Schmerzen. Wie er sie gepackt hatte, wie er in sie eingedrungen war. Der Gestank seines Atems schien mit einem Mal den gesamten Raum zu füllen.
    Julia öffnete den Mund, um die Nummer laut herauszuschreien, blieb jedoch stumm. Denn sie konnte ihn auch sehen, wie er unter der Laterne vor dem Haus stand.
    Der Typ hinter der Scheibe und der Kerl von gestern Nacht …
    Unwillkürlich steckte sie die Hand in die Hosentasche, wo sie sich um ihr Handy schloss.
    Das Aufblitzen eines Messers.
    Die Mundwinkel der Nummer vier hinter der Scheibe hoben sich zu einem kaum wahrnehmbaren Grinsen. Eine Lichtreflektion blitzte irgendwo neben ihr auf.
    Julia biss sich so fest auf die Unterlippe, dass sie Blut schmeckte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein«, konnte sie nur hervorpressen, bevor sie auf der Stelle kehrtmachte und aus dem Raum floh.
    Sie hielt noch immer ihr Telefon umklammert.
    Wenn Sie wirklich geträumt hatte … Wieso war dann das Display ihres Smartphones gesprungen?
    »So eine Scheiße!« Jennifer ließ sich resigniert auf ihren Stuhl fallen. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass Julia Ahrens den Täter ganz offensichtlich erkannt hatte, sich nun aber standhaft weigerte, eine Aussage zu machen. »Das darf doch nicht wahr sein!«
    Oliver Grohmann war im Türrahmen stehen geblieben und sah ihr dabei zu, wie sie nach irgendetwas suchte, das sie gegen die Wand werfen konnte, aber nichts fand. »Das ist nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Es war ein bekanntes Risiko.«
    Jennifer vergrub ihr Gesicht in beiden Händen. »Aber doch nicht wegen eines Traums! Herrgott noch mal!
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