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Höllensog

Höllensog

Titel: Höllensog
Autoren: Jason Dark
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schließlich das Zentrum gewesen.«
    »Am Ufer hat die Flut alles zertrümmert.«
    »Und im Ort selbst?«
    »Gibt es noch welche.«
    »Gut.«
    ***
    Er lag vor uns. Sein Name war Szwalzin. Ein Punkt auf der Karte des riesigen Landes und in der Realität nicht mehr als ein staubiger Fleck in der Unendlichkeit.
    Häuser, auf deren Dächer die Sonne schien, gruppierten sich zu beiden Seiten einer Straße. Mich erinnerte dieser Ort ein wenig an einsame irische oder schottische Dörfer, wo die Zeit stehengeblieben oder an ihnen vorübergegangen war.
    Uns empfingen keine kläffenden Hunde, keine Katzen, keine menschlichen Stimmen, wir sahen nicht einmal eine Tankstelle, so verrückt es sich anhörte, denn ich dachte daran, daß es in beinahe jedem kleinen Kaff in unserem Land auch eine Tankstelle gab.
    Hier nicht. Hier war es still, totenstill. Uns empfing einfach nichts, und es störte schon das Motorengeräusch des Wagens und die Rollgeräusche.
    Wladimir war ebenfalls unruhig geworden, nicht nur der Junge. Mein russischer Freund ließ seine Blicke streifen, er bemerkte wohl, daß ich ihn anschaute, und er sagte nur: »Die Erinnerung, John. Es ist einfach die Erinnerung.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Alles ist anders und trotzdem so gleich. Bist du damit einverstanden, daß wir bis zur Mitte des Ortes fahren, dort aussteigen und erst später zu den Smirnows gehen?«
    »Immer.«
    Es war nicht mehr weit. Wladimir stoppte dort, wo an der rechten Seite zwei Pfosten in den Boden gerammt waren und es so aussah wie in einer Westernstadt.
    Als wir ausgestiegen waren, senkte sich auch der Staub. Wir standen auf der Straße in bedrückender Stille und suchten vergeblich nach einer Bewegung.
    Der Ort war menschen- und tierleer.
    »So war es auch, als ich verschwand«, erklärte Gregor mit zittriger Stimme.
    Wladimir ahnte, was in dem Jungen vorging. Er legte ihm seine Hand auf die Schulter und flüsterte ihm etwas zu, das ich nicht verstand. Ich hatte Suko nachgeschaut, der auf das erste Haus zugegangen war und die Tür aufzog, wobei ihr Knarren und Quietschen die Stille störte. Er schaute erst hinein, dann betrat er das Haus, war aber schon bald wieder draußen. Achselzuckend kehrte er zurück. »Nichts, John, gar nichts. Keine Spur von Leben.«
    »Auch keine Toten?« fragte ich murmelnd.
    »So ist es. Die Menschen sind verschwunden. Dieser verfluchte Sog hat sie alle geholt.«
    Ich nickte. Meine Gedanken schweiften zurück in die Vergangenheit.
    Ähnliches hatte ich schon einmal erlebt. Da war es dem Dämon Kalifato gelungen, ebenfalls ein Dorf zu leeren und die Bewohner auf seinen Planeten zu bringen oder in seine Welt.
    Verhielt es sich hier ähnlich? Ich dachte daran, daß der Junge den Absturz eines Kometen erlebt hatte. Der Schweif des Kometen war später zurückgekehrt und hatte diesen Höllensog gebildet, der die Menschen aus dem Dorf hinein in – ja, wo hinein?
    Ich konnte es nicht sagen. In den See vielleicht? Es war möglich, aber ich rechnete auch mit einer anderen Dimension, wie es bei Kalifato der Fall gewesen war.
    »Du grübelst über eine Erklärung nach«, sagte Wladimir leise.
    »So ist es.«
    »Aber du hast keine.«
    Ich winkte ab. »Dazu brauchst du nicht mal meine Gedanken lesen zu können.« Ich wandte mich an den Jungen. »Wie weit ist es bis zu eurem Haus? Sollen wir zu Fuß gehen?«
    »Ja.«
    Wladimir war dagegen. »Ich möchte den Wagen nicht ohne Aufsicht lassen. Wer weiß, was sich hier noch versteckt hält.«
    »Okay, du kannst ja fahren.«
    Das tat er auch. Wir gingen neben dem Auto her und schluckten den Staub. Durch die Luft segelten einige Vögel. Sie waren vom See gekommen, zogen ihre Kreise, schauten auf den verlassenen Ort nieder und flogen wieder zurück.
    »Hier wird es nicht einmal Mäuse geben«, murmelte Suko. »Und das soll schon was heißen.«
    »Glaube ich auch.«
    Das Haus der Familie Smirnow entpuppte sich als ein relativ großes Gebäude. Die Tür war sehr breit, es gab noch einen Anbau, in dem sonst das Vieh stand. Der Holzschuppen war zu einer Seite hin offen. Ich schaute hinein und sah nur auf die leeren Futtertröge und auf Tränken, aus denen das Wasser verdunstet war. Muffiger Geruch strömte mir entgegen, aber Fliegen waren vorhanden. Sie umsummten die dunklen Kuhfladen, als wären es ihre Lieblingsinseln.
    Wenn die Menschheit unterging, würden die Mäuse und die Fliegen überleben, hatte mal jemand gesagt. Ich war bereit, ihm zuzustimmen.
    Wahrscheinlich würde es dazu
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