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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte
Autoren: Anthony Horowitz
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Leben Waise.
    Paul und Vanessa Adams waren zwar nicht gestorben, dafür aber ihre Ehe. In gewisser Weise war es erstaunlich, dass sie es so lange miteinander ausgehalten hatten. Scarletts Vater hatte einen neuen Job bei einem multinationalen Konzern in Hongkong angenommen und ihre Mutter verbrachte mehr und mehr Zeit mit ihrem eigenen Betrieb und ihren Kunden, die anscheinend vierundzwanzig Stunden am Tag ihre Aufmerksamkeit forderten. Die beiden sahen immer weniger voneinander und stellten irgendwann fest, dass es ihnen so gefiel. Sie stritten nicht und schrien sich auch nicht an. Sie entschieden einfach, dass beide glücklicher sein würden, wenn sie sich trennten.
    Als sie es Scarlett am Ende der Sommerferien mitteilten, war sie nicht sicher, wie sie sich deswegen fühlen sollte. Aber die Wahrheit war, dass es eigentlich nichts an ihrem Leben änderte. Die meiste Zeit war sie ohnehin mit Mrs Murdoch allein, und auch wenn sie sich immer freute, ihre Eltern zu sehen, war sie doch daran gewöhnt, dass die beiden fast nie zu Hause waren. Die drei hatten ein letztes Gespräch in der Küche. Die beiden Erwachsenen machten ernste Gesichter und hielten ihre Weingläser fest.
    »Deine Mutter wird mit ihrem Geschäft nach Australien gehen und sich in Melbourne niederlassen«, sagte Paul. »Sie muss dahin gehen, wo der Markt ist, und Melbourne ist eine große Chance für sie.« Er warf Vanessa einen kurzen Blick zu und in diesem Moment erkannte Scarlett, dass er ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Vielleicht waren die Australier tatsächlich ganz wild auf exotische Reisen. Aber ihre Mutter hatte mit Absicht ein Land gewählt, das so weit weg war wie möglich. Vielleicht hatte sie jemand Neues kennengelernt. Aus welchem Grund auch immer – sie wollte ein neues Leben anfangen. »Und was mich betrifft, so würde Nightrise es begrüßen, wenn ich nach Hongkong zöge…«
    Die Nightrise Corporation . Das war der Konzern, für den ihr Dad arbeitete.
    »Ich weiß, wie schwierig das für dich ist, Scarly«, fuhr er fort. »Zwei so gewaltige Veränderungen. Aber wir möchten uns beide um dich kümmern. Du kannst dir aussuchen, mit wem du leben willst.«
    Eigentlich war es überhaupt nicht schwierig für Scarlett. Sie hatte bereits darüber nachgedacht und eine Lösung gefunden. »Wieso kann ich nicht hierbleiben?«, fragte sie.
    »Allein?«
    »Mrs Murdoch ist doch da. Ihr wollt das Haus nicht verkaufen, oder? Es ist mein Zuhause! Außerdem will ich St. Genevieve nicht verlassen. All meine Freunde sind hier…«
    Natürlich protestierten ihre Eltern. Sie wollten Scarlett mitnehmen. Wie sollte sie ohne sie zurechtkommen? Aber eigentlich wussten sie alle, dass es so am besten und am einfachsten war. Mrs Murdoch arbeitete nun schon zehn Jahre für sie und kannte Scarlett vermutlich genauso gut wie sie selbst. In gewisser Weise hätten sie nicht glücklicher sein können, wenn sie selbst den Vorschlag gemacht hätten. Es war vielleicht etwas unüblich, aber eindeutig die beste Lösung für alle.
    Und so war es entschieden. Ein paar Wochen später reiste Vanessa ab. Sie nahm Scarlett in den Arm und versprach ihr, dass sie sich schon bald wiedersehen würden. Insgeheim fragte sich Scarlett, ob das nicht eher unwahrscheinlich war. Sie hatte sich zwar immer um ein enges Verhältnis zu Vanessa bemüht, aber im Grunde hatten sie nichts gemeinsam. Sie waren nicht wirklich Mutter und Tochter und deshalb war es für Scarlett auch keine wirkliche Trennung.
    Kurze Zeit später reiste Paul Adams nach Hongkong ab und plötzlich fand sich Scarlett in einem neuen Abschnitt ihres Lebens wieder, in dem sie quasi auf sich allein gestellt war. Aber wie sie erwartet hatte, war es wirklich kaum anders als vorher. Mrs Murdoch war immer noch da, kochte, putzte und sorgte dafür, dass sie zur Schule ging. Ihr Vater rief regelmäßig an, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Vanessa schickte lange E-Mails. Die Lehrer – die informiert waren – achteten besonders auf sie. Scarlett war selbst erstaunt, wie schnell sie sich an ihr verändertes Leben gewöhnte.
    Sie war glücklich. Sie hatte viele Freunde und Aidan war auch noch da. Die beiden unternahmen jetzt noch mehr zusammen. Sie gingen shoppen, hörten Musik oder gingen mit Aidans schwarzem Labrador auf der Gemeindewiese von Dulwich spazieren. Scarlett durfte wieder allein von der Schule nach Hause gehen. Genau genommen hatte sie jetzt sogar deutlich mehr Freiheiten als vorher. An den
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