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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür
Autoren: Stefan Wolf
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sich aber wie ein Sehender. Hat zweimal optisch reagiert. Jedenfalls wirkte
es so.
    »Also noch ein Zocker, der Spielschulden
hat«, meinte Klößchen. »Das scheint ja eine Seuche zu sein. Aber wie macht das
ein Blinder beim Pokern?«
    »Red keinen Unsinn«, zischte
Gaby. »Korlitzer zockt nicht. Hier läuft ein anderes Ding.«
    Tim war schon vom Bike
gesprungen und gab es Karl zum Halten. »Ich pirsche mich an. Da einzugreifen
wird mir schmecken wie der erste Ferientag. Vielleicht kann ich vorher
erlauschen, was im Busch ist.«
    Er sprintete los, ließ seine
Freunde samt Oskar zurück, vermied das Öffnen der quietschenden Gartenpforte,
flankte hinüber und landete lautlos auf Rasen.
    Stimmen hinter der Haustür,
ungeniert wie in einer Bierkneipe. Tim hielt ein Ohr nahe der Kante ans Holz.
Das war jahrzehntealt und hatte sich verzogen. Durch den Spalt drangen Wind und
Geräusche.
    »...verstehe nicht, was Sie
wollen.« Korlitzers Stimme, dieselbe wie vorhin am Telefon, zitterte.
    Das fettige Lachen des Duos
klang selbstgefällig. »Du Armleuchter willst uns hinters Licht führen«, sagte
eine böse Stimme. »Uns, die Gambling-Inc. Aber dafür brauchst du wärmere
Unterhosen. Also, Mann, wir wissen alles. Du bist nicht Alexander Korlitzer,
der Blinde. Du bist Gunnar Korlitzer, der Kunstmaler aus der Gegend von
Mailand. Du hast 400 000 Euro Spielschulden bei unseren dortigen Kollegen. Ihr
beide seid Zwillingsbrüder. Aber Alexander ist tot. Du hast ihn vorletzte Nacht
in deine Bruchbude verbracht ins Uro-Tal und dort hingebrezelt, als wärst du
jüngst verstorben. Ziemlich schlau, denn wie greift man einem Toten in die
Tasche. Aber, Freundchen, du wurdest beobachtet vor der Abreise in der Stazione
Centrale, und — dein dämlichster Fehler — in deiner Blechkutsche, die du bei
deiner Bude zurückgelassen hast, haben unsere Kollegen zwei Reklamebriefe
gefunden. Gerichtet an deinen Bruder, die hiesige Adresse. Seit deiner Ankunft
heute Vormittag stehst du unter Beschattung. Aber erst wollten wir uns über den
Toten informieren. Und siehe da! Welche Freude! Ein Nachbar dort hinten in der
Straße hat uns geflüstert, dass Alexander viel Geld hat auf der Bank, aber bescheiden
lebt. Du kannst also deine Schulden begleichen, Gesäßkrater. Wenn du dann noch
den Blinden spielen willst — unseren Segen hast du.«
    Stille. Tim blieb der Atem weg.
Klößchen hat Recht, dachte er. Spielschulden sind eine Epidemie.
    »Eins möchte ich wissen«, sagte
eine andere Stimme. Und Tim meinte, dass es der Typ war, der ihn in die
Bahnhofstoilette gelotst hatte. »Wie hast du deinem Bruder das Licht
ausgemacht? Vergiftet?«
    »Neiiin!«, schrillte Korlitzers
Stimme. »Alex war herzkrank. Als ich herkam, fand ich ihn tot. Und da wollte
ich... die Gelegenheit...« Er verstummte.
    »Hätte ich wahrscheinlich auch
so gemacht.« Der andere lachte. »Und jetzt führt dich der Blindenhund von...«
Er stockte, zischelte dann wie ein sausendes Fallbeil. »Was war das? Da war doch
ein Geräusch in dem Zimmer! Ist da wer?«
    »Ich...«, Korlitzer stotterte,
»habe... Besuch.«
    »Waaas?!«
    Inzwischen hatte wohl der
andere dieTür aufgestoßen. »Zwei Weiber! Ich glaub’s nicht. Und ein
Jüngelchen.«
    Schritte entfernten sich ins
Innere des Hauses. Offenbar wurde Korlitzer in den Wohnraum geschubst.
    Tim sah sich nach seinen
Freunden um, die inzwischen heran waren.
    »Karl«, er rief halblaut und
winkte ihn zu sich. »Sofort Kommissar Glockner verständigen. Wir brauchen
Verstärkung.«
    Karl zog sein Handy hervor und
telefonierte bereits auf dem Rückweg zur Straße.
    Tim klingelte. Die
Stampfschritte, die sich nach einem Augenblick näherten, gehörten zweifellos zu
einem der Gangster. Tim stellte sich so, dass man ihn durchs Fenster nicht
sehen konnte. Die Tür wurde geöffnet. Luigi glotzte.
    »Du hast meine Freundin
bedroht«, sagte Tim und gebrauchte die rechte Faust.

    Luigi fiel um wie von einer
Granate getroffen. Tim stieß seine Beine beiseite, trat in die Diele und
schloss die Tür.
    »Luigi!« Vorderstein kam aus
dem Wohnraum. »Was war denn das für ein...«
    Tim wandte seine Spezialtechnik
an, den hohen Halbkreistritt an den Kopf. Vorderstein stürzte rücklings auf
seinen Komplizen.
    Alina war erschrocken in eine
Ecke geflüchtet.
    »Braver Hund!«, sagte Tim.
»Keine Sorge! Dir tue ich nichts. Aber Oskar ist draußen und will mit dir
spielen.«
    Er durchsuchte die beiden,
erbeutete zwei weitere Totschläger, eine kleinkalibrige
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