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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür
Autoren: Stefan Wolf
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Mailänder Kennzeichen.
    Im Wohnzimmer des Bungalows saß
Gunnar Korlitzer auf der zweisitzigen Ledercouch. Sein Gesicht war fahl wie
abgestandener Leim, aber ihm war nicht mehr so kotzübel wie im ersten Moment
des Schrecks.
    Ein so wundervoller Plan! Eine
so grandiose Pleite!
    Maria, Sophia und Enrico
verteilten sich im Halbkreis auf den Sesseln. Auch sie wirkten erschöpft.
Immerhin hatte Gunnar ihnen Cola light angeboten. Damit war Alexanders
Kühlschrank gefüllt.
    Im Moment herrschte Stille.
Alles war gesagt. Beide Seiten hatten ausgepackt. Für Verheimlichung und Lügen
war nun kein Platz mehr. Staunend hatte Gunnar erfahren, weshalb Maria sich bei
ihm eingeschlichen hatte. Er seinerseits hatte alles gesagt, was seinen
verstorbenen Bruder betraf.
    Alina lag in der Diele und
schlief. Ein Stück die Straße hinunter dröhnte ein Rasenmäher.
    »Alexanders unvermuteter Tod«,
sagte der Kunstmaler, »war der Strohhalm, an den ich mich geklammert habe.
Hergekommen war ich nur, um mir Geld zu borgen — oder um unterzutauchen. Ich
war mir noch nicht schlüssig. Denn in einem, Maria, irrst du dich. Von Sophias
Vermögen habe ich damals nichts beiseite gebracht. Ich habe es verzockt. Bis
auf die letzte Münze. Geld bunkern für meine alten Tage — das werde ich nie
schaffen. Da ist der Spielteufel davor.«
    Maria machte eine Geste, die
alles und nichts besagte. Sophia sah ihren Stiefvater an mit einer Mischung aus
Ekel und Wut. Enrico fühlte sich einerseits wie ein Verräter, andererseits
seiner Liebsten verpflichtet.
    Ich glaube ihm, dachte Maria.
Sein Bruder ist wirklich gestorben. Sophias Geld ist futsch. Aber...
    »Du wolltest deinen Bruder also
um ein Darlehen angehen, Gunnar. Da du 400 000 Euro brauchst, wird es eine
entsprechende Summe gewesen sein. Du sagst, er war blind und er hatte nur eine
kleine Rente. Wie passt das zusammen?«
    Gunnar gab sich einen Ruck.
»Alexander hat sein Erbe noch. Mir ist es durch die Finger gerieselt.«
    »Wie viel hat er?«
    »Etwas mehr als 1,2 Millionen
Euro. Ich habe mir seine Kontoauszüge angesehen.«
    »Dann kannst du — wenigstens
zum größten Teil — zurückzahlen, was du Sophia gestohlen hast.«
    Er nickte.
    Sophia schien aufzuatmen. Sie
beugte sich vor, nahm ihr Glas und trank einen großen Schluck Coke.
    Die Türglocke schrillte.
    »Ich muss nachsehen«, sagte er.
»Und auf blind machen.« Er ging in die Diele und zog die Tür hinter sich zu,
schloss sie aber nicht ganz. Vorsichtshalber sah er durch das Fenster neben der
Tür, ohne dass man ihn draußen bemerkte. Dort standen zwei stabile Typen, ein
bulliger Italiener im geblümten Seiden-Sakko und ein Klotztyp mit unechtem
Grinsen auf derbem Gesicht. Er trug einen gestreiften Anzug.
    Vertreter, dachte Gunnar, der
die beiden nicht kannte. Na ja, ich muss sie abwimmeln. Er hatte den
Blindenblick, wie er es bei sich nannte, schon geübt: eine Ruhigstellung der
Augen, die auf nichts gerichtet sind und nichts festhalten. Er verzichtete auf
die tarnende Sonnenbrille und öffnete die Tür.

     
    *
     
    TKKG radelten in gewohnter
Formation, also mit Tim an der Spitze, rollten die Messbold-Straße entlang und
waren noch etwa 200 Meter von Grundstück Nr. 62 entfernt. Tims Tritt auf die
Pedale stockte. Er sah die Wagen vor Korlitzers Adresse: einen blauen Alfa
Romeo und einen wuchtigen Chrysler. Hinter Tim kiekste Gaby erschrocken.
Natürlich bezog sich das auf die beiden Typen vor der Haustür.
    »Tim! Das sind Morolato und
Vorderstein.«
    »Stopp!«
    Sie hielten.
    In diesem Moment wurde die
Haustür geöffnet und Korlitzer — Tim vermutete, dass er es war — zeigte sich.
    »Was wollen die hier?« Gabys
Stimme klirrte. »Was hat er mit diesen Verbrechern zu tun?«
    »Wirklich höchst seltsam,
Pfote.« Tim sah, dass sie redeten. Der Italiener hatte plötzlich etwas in der
Hand, das Tim stark an den erbeuteten Totschläger erinnerte. Vermutlich besaß
der Geldeintreiber ein ganzes Arsenal. Der andere hatte irgendwelche Papiere
und streckte sie dem Blinden hin, der auch tatsächlich das Gesicht in die
Richtung drehte.
    Im nächsten Moment drang
Morolato auf Korlitzer ein, und der wich zurück, kaum dass sich der Italiener
bewegt hatte. Dennoch erhielt der Blinde einen Stoß vor die Brust und taumelte.
Die beiden setzten nach, waren auch schon im Haus und die Tür fiel ins Schloss.
    »O nein!«, rief Gaby. »Was
machen die mit ihm?«
    »War das Korlitzer?«, fragte
Tim.
    »Ja, natürlich.«
    Hm!, dachte Tim. Benommen hat
er
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