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Historical Band 303

Historical Band 303

Titel: Historical Band 303
Autoren: Lucy Ashford , Michelle Willingham
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hinunter. „Nimm Angus mit“, riet sie ihr.
    Nairna legte keinen Wert auf eine Begleitung. Doch kaum hatte sie den großen Saal betreten, folgte ihr Angus MacPherson auch schon wie ein Schatten. Er war ein breitschultriger Mann mit Armen, so dick wie junge Baumstämme.
    Draußen blinzelte Nairna in die Nachmittagssonne. Die englischen Soldaten standen im Innenhof. Über einem der Pferde hing der Körper eines Mannes.
    Bei seinem Anblick begann ihr Herz schneller zu schlagen, und sie eilte näher. Ob sie einen der MacPhersons gefangen hatten?
    Der Anführer hatte sich an Hamish gewandt. „Wir fanden den Mann nicht weit von hier. Einer der Euren vermutlich“, sagte er und verzog den Mund zu einem schmalen Lächeln.
    Nairnas Hand umklammerte unwillkürlich den Dolch an ihrem Gürtel. Ihr Vater sah den Soldaten mit ausdruckslosem Gesicht an. „Lebt er?“
    Der Mann nickte und bedeutete einem der Soldaten, das Pferd mit dem leblosen Körper heranzuführen. Sie hatten das Gesicht des Mannes mit einer Kapuze verhüllt.
    „Wie viel ist Euch das Leben eines Mannes wert?“, fragte der Engländer. „Fünfzehn Pennies vielleicht?“
    „Zeigt mir sein Gesicht“, erwiderte Hamish ruhig und machte seinem Steward stumm ein Zeichen. Nairna wusste, welchen Preis sie auch nannten, ihr Vater würde ihn zahlen. Dabei war noch nicht einmal sicher, dass der Gefangene noch lebte.
    „Zwanzig Pennies“, fuhr der Anführer fort, und befahl seinen Leuten, den Mann vom Pferd zu heben und festzuhalten. Der Gefangene mit der Kapuze war allein nicht fähig zu stehen. An seiner zerrissenen Kleidung konnte Nairna ihn nicht erkennen. Nur das lange Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel, war ein Hinweis.
    Nairna trat zu ihrem Vater. „Das ist keiner von uns“, flüsterte sie.
    Die Soldaten packten ihr Opfer an den Schultern, ein anderer bog ihm den Kopf zurück und entblößte seine Kehle.
    „Fünfundzwanzig Pennies“, forderte der Engländer und zog seinen Dolch. „Sein Leben gehört Euch, wenn Ihr wollt, MacPherson.“ Er hielt dem Gefangenen den Dolch an die Kehle. Als der Stahl die Haut berührte, ballte der Mann plötzlich die Fäuste und versuchte, dem Griff der Soldaten zu entkommen.
    Er lebte also.
    Mit wild klopfendem Herzen starrte Nairna auf den Unbekannten. Ihre Hände zitterten. Die Männer kannten kein Erbarmen mit dem Fremden. Sie würden ihn jetzt und hier, mitten auf dem Hof, umbringen. Und es gab keine Möglichkeit herauszufinden, ob er ein MacPherson oder ein Feind war.
    „Dreißig Pennies“, erklang die Stimme ihres Vaters, der schon nach dem kleinen Beutel griff, den der Verwalter ihm brachte.
    Grinsend fing der Anführer die Börse auf, die Hamish ihm zuwarf. Die Soldaten ließen den Gefangenen los. Er fiel wie ein Sack zu Boden und blieb reglos liegen.
    „Kehrt zu Lord Harkirk zurück“, befahl Hamish.
    Der Engländer stieg in den Sattel und gesellte sich zu den anderen. „Ich habe mich schon gefragt, ob Ihr ihn würdet sterben lassen“, meinte er, während er mit dem Beutel in seiner Hand spielte. „Ich hätte ihn nämlich getötet, müsst Ihr wissen. Wäre ein Schotte weniger gewesen.“ Er lächelte bösartig und warf spielerisch den Beutel in die Luft.
    Angus trat einen Schritt vor. Der Speer in seiner Hand wirkte wie eine stumme Drohung. Weitere Krieger der MacPhersons näherten sich bedrohlich den englischen Soldaten, doch die ritten bereits zum Tor zurück.
    Dreißig Pennies! Dass ihr Vater so unverhohlen zur Bestechung griff, raubte Nairna den Atem. Ihr war, als hätte man ihr einen Schlag versetzt. Ohne auch nur einen Moment lang nachzudenken, hatte er dem Kerl das Geld gegeben!
    Obwohl sie kein Wort gesagt hatte, sah ihr Vater sie an. „Das Leben eines Menschen ist mehr wert als ein paar Münzen.“
    „Das weiß ich auch.“ Nairna krampfte die Hände ineinander und versuchte ruhig zu bleiben. „Aber was willst du tun, wenn sie wiederkommen und noch mehr verlangen? Willst du Lord Harkirk wieder und wieder bezahlen? Am Ende nimmt er sich noch Ballaloch und macht unsere Leute zu seinen Sklaven.“
    Ihr Vater schritt zu dem am Boden liegenden Gefangenen. „Wir sind am Leben, Nairna. Unser Clan ist einer der wenigen, die sie in Ruhe lassen. Und bei Gott, wenn ich um seiner Sicherheit willen den letzten Penny hergeben muss, dann werde ich es eben tun. Ist das klar?“
    Sie schluckte, während er den Mann umdrehte und ihn aufrichtete. „Du solltest aber nicht dafür zahlen müssen. Das ist nicht
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