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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale
Autoren: Michael Böckler
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nie kennen gelernt. Soviel er wusste, studierte sie in Santa Barbara Wirtschaftswissenschaft. Überhaupt war er erst zweimal bei Roberto Valentino auf seinem Weingut im Napa Valley gewesen, allerdings hatten sie sich häufig in Europa getroffen. Valentino war einer der erfolgreichen Winzer im kalifornischen Napa Valley, der es als Sohn italienischer Einwanderer von bescheidenen Anfängen zu einem kleinen, aber feinen Weinimperium gebracht hatte. Hipp hatte ihm vor einigen Jahren helfen können, als ein Importeur in Deutschland versucht hatte, Roberto übers Ohr zu hauen. Bei dieser Gelegenheit hatte der Italo-Amerikaner die Dienste von Hipp schätzen gelernt. Außerdem hatten sie sich sehr gut verstanden, das stimmte schon. Ihre Vorstellung von einem guten Wein war ziemlich identisch, so etwas brachte einen näher. Roberto Valentinos Weine hatten nichts mit den buttrigen Industrieerzeugnissen gemein, die für Kalifornien charakteristisch waren, vielmehr orientierte er sich am europäischen Stil und setzte konsequent auf Qualität. So war er einer der Ersten, der seine Weine …
    Nun, das war jetzt ziemlich nebensächlich, sortierte Hipp seine Gedanken. Robertos Tochter war verunglückt, und er hatte zugesagt, umgehend nach Turin zu fahren. Das passte ihm überhaupt nicht ins Konzept. Er wollte eigentlich weiter beobachten, wie konsequentes Nichtstun sowohl sein Äußeres als auch seine Persönlichkeit veränderte. Ein außergewöhnlich interessantes Experiment, ein Selbstversuch mit nunmehr ungewissem Ausgang. Hipp nahm die Brille ab, rieb die Gläser an seinem Hemd und hielt sie prüfend gegen das Licht. Wenn man unsanft aus dem Schlaf geweckt und mit einem unerwarteten Problem konfrontiert wurde, dann machte man die unsinnigsten Versprechungen. Nun gut, allzu lange würde sein Ausflug nach Turin nicht dauern. Er musste zunächst mal herausfinden, wie er auf schnellstem Wege dorthin gelangen konnte. Seine Ape war für eine längere Wegstrecke denkbar ungeeignet. Aber unten in Cecina gab es einen Bahnhof. Und in Pisa einen Flughafen. Mit etwas Glück war er übermorgen zurück. Er stand auf, klopfte dreimal auf die Armlehne des Liegestuhls, grüßte zum Olivenbaum und sagte leise: »Ci vediamo! Wir sehen uns bald wieder!«

5
    F abri Angelo saß vornübergebeugt am Küchentisch und streichelte seiner Mutter behutsam die Hände. »Mach dir keine Sorgen«, versuchte er sie zu beruhigen, »Papà ist wohlauf, ganz bestimmt.«
    »Aber wo kann er nur sein?«, flüsterte sie. »Es muss ihm etwas passiert sein. Vielleicht hatte er einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall?«
    »Nein«, sagte Fabri, »dann hätten wir ihn gefunden. Maresciallo Viberti hat mit über hundert Mann und mit Hunden die Weinberge und die umliegenden Wälder absuchen lassen, dort wo Papà immer spazieren geht.«
    Fabri stand auf, nahm zwei Gläser aus dem Küchenschrank, stellte sie auf den Tisch, öffnete eine Flasche Dolcetto* und goss ein. »Komm, Mamma, trink einen Schluck, das beruhigt. Und danach solltest du ins Bett gehen und versuchen zu schlafen.«
    Luciana sah ihren Sohn an. »Kannst du dich erinnern, wie Papà erst vor einigen Tagen gesagt hat, irgendwann schmeiße ich alles hin und hau ab?«
    Fabri nickte. »Aber das hat er doch schon oft gesagt. Du weißt, wie er sich aufregen kann, wenn nicht alles so läuft, wie er sich das vorstellt. Eine Redensart, nichts weiter.«
    Luciana nahm einen Schluck. Sie schloss die Augen und fuhr sich mit der Handfläche über die Stirn. »Aber vielleicht hat er diesmal Ernst gemacht und uns einfach verlassen?«
    »Mamma, was denkst du für einen Unfug. Papà würde uns nie verlassen. Und wo sollte er auch hin?«
    »Ja, wo sollte er hin?« Luciana machte einen tiefen Atemzug. »Das heute ist ein schrecklicher Tag«, sagte sie. »Gianfranco spurlos verschwunden, und dann dieses furchtbare Unglück mit Eva-Maria und diesem anderen Mädchen. Che tragedia!«
    Fabri sah seine Mutter traurig an. »Eva-Maria, sie ist tot. Ich begreife das noch gar nicht.«
    »War sie eine sehr gute Freundin von dir?«
    »Sie war ein nettes Mädchen«, antwortete Fabri, ohne sich genauer festzulegen. »Sie wollte mich heute besuchen, zusammen mit ihrer Cousine aus Amerika.«
    »Sie waren hier und haben nach dir gefragt«, erinnerte sich Luciana.
    »Ich weiß, du hast es mir erzählt. Du hast sie zu mir in die Cantina geschickt.«
    »Sie müssen sich verfahren haben. Dabei habe ich ihnen gesagt, sie sollen an der Kreuzung bei der
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