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Hingebungsvoll

Hingebungsvoll

Titel: Hingebungsvoll
Autoren: Natalie Rabengut
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Nacht.  
    „Ich weiß, ich habe es schön öfter angeboten: Aber meinst du nicht, es würde vielleicht helfen, wenn ich sie darauf ansprechen würde?“
    Nachdrücklich schüttelte Julian den Kopf. „Sie würde sich in die Ecke gedrängt fühlen und denken, dass ich dich darauf angesetzt habe. Dann würde sie uns einfach beiden die Haut abziehen. Ich fürchte, nur Dale kann dieses spezielle Problem lösen. Sie hat nicht dir gegenüber zufällig erwähnt, was eigentlich vorgefallen ist?“ Er sah sie flehend an. Sprachen Frauen nicht untereinander über solche Dinge?
    Plötzlich sah Katie unangenehm berührt aus und eine leichte Röte erschien unter den vereinzelten Sommersprossen auf ihren Wangen. Zu seinem Erstaunen drehte sie den Kopf weg und murmelte: „Nicht wirklich. Hier sind meine Notizen. Ich muss jetzt auch los. Bis morgen, Julian.“
    Verblüfft sah er ihr nach, wie sie schnellen Schrittes um die Ecke bog. Gleich würde sie durch die schwere Tür treten, die den Privatbereich vom Club trennten, die Treppe nach unten nehmen, die Halle durchqueren und dann war sie weg. Er wurde ein wenig schwermütig bei dem Gedanken daran. Sie konnte den Club und die Probleme einfach hinter sich lassen.  
    Der Bogen in seiner Hand war eng beschrieben. Während er ihre klugen Notizen las, betrat er wieder das Zimmer und nahm in seinem Schreibtischstuhl Platz. Wie immer hatte Katie einige tolle Ideen und er wusste langsam nicht mehr, was er ohne ihre Hilfe machen sollte. Sie machte seine Texte so viel besser.  
    Er scrollte in dem geöffneten Dokument nach oben und überlegte, ob er sich direkt an die Überarbeitung des vorherigen Kapitels nach Katies Vorgaben machen sollte oder ob er dem letzten Absatz doch noch eine Chance geben sollte.
    In diesem Moment bewegte Vivian sich unruhig auf dem Sessel, ihr Mund öffnete sich leicht und ihr Schnarchen erfüllte den Raum. Gequält schloss Julian die Augen. Jeder hier wollte ihm das Leben schwer machen. Konnte er nicht einfach seine Ruhe haben und Bücher schreiben? Die ganze Welt schien sich verschworen zu haben, ihn daran zu hindern. Wo war Dale mit seinem Versprechen, ihm den Rücken freizuhalten?  
    Seine Schwester hatte nun den idealen Schnarch-Rhythmus gefunden und zusätzlich an Lautstärke zugelegt. Es brachte alles nichts. Julian schaltete den Computer aus, strich Katies Notizen sorgfältig glatt und schob das Blatt zu den anderen unter seine Schreibtischunterlage. Er löschte das einsame Licht der Schreibtischlampe und verließ sein Zimmer.
    Morgen musste er mit Vivian reden, doch bis dahin würde er im Club ein wenig Ablenkung suchen. Wie sollte er so rechtzeitig sein Buch fertigstellen? Selbst mit Katies Hilfe wäre es nicht machbar. Er würde frühzeitig graue Haare bekommen, damit sollte er sich am besten schon jetzt abfinden. Oder sie würden ihm mit einem Schlag direkt ausfallen; auch eine Möglichkeit, die er nicht außer Acht lassen sollte. Er stellte sich für einen Moment vor, wie er wohl mit weißen Haaren wirken würde. Ganz wie Jim Jarmusch – die Idee gefiel ihm. Aber er ahnte schon, dass er niemals so viel Glück haben würde. Kreisrunder Haarausfall erwartete ihn, wenn es in seinem Leben weiterhin so drunter und drüber gehen würde.
    Kaum hatte er die Verbindungstür geöffnet, nahm der Geräuschpegel deutlich zu. Er stützte seine Hände auf dem Geländer der Balustrade ab und betrachtete das fröhliche Treiben unter ihm. Ein schneller Blick auf die Armbanduhr zeigte ihm, dass es bereits vier Uhr morgens war. In einer Stunde würde der Club seine Türen schließen. Dann würde hier Stille einkehren. Vielleicht sollte er unten auf der Tanzfläche schreiben, da hätte er vermutlich seine Ruhe. Aber er traute seiner Schwester auch zu, dass sie ihm wie ein Hund folgen und zu seinen Füßen schlafen würde. Nein, korrigierte er sich in Gedanken – wenn Vivian ein Tier war, dann eine Katze.  
    Edgar, der Barkeeper, hatte ihn jetzt bemerkt und deutete mit fragendem Gesichtsausdruck auf die Flaschen hinter ihm, die dort in Reih und Glied standen. Düster nickte Julian ihm zu und sein liebster Kollege machte sich daran, ihm einen Blood and Sand zu machen.  
    Kurze Zeit, nachdem Dale, er und Edgar den Club eröffnet hatten, war es in den meisten Nächten noch sehr ruhig gewesen. Als Julian den Anruf bekommen hatte, dass sein Buch auf dem besten Wege war, ein Bestseller zu werden, hatte der Barkeeper darauf bestanden, ihm einen besonderen Cocktail zu
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