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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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königlichen Gottesdienst herausgeputzten Gemeinde. Musik hatte den Raum erfüllt, bunte Banner und festliche Messgewänder hatten ihm Farbe verliehen. Diese ruhige, intime Zeit am Morgen gefiel Cat besser.
    Sie fand einen Platz unter den bereits knienden zwei Dutzend Menschen, während der Küster den Priester zum Altar geleitete.
    Ohne die Kraft, die sie aus ihrem Glauben bezog, hätte sie ihre Aufgaben als Ärztin nicht bewältigen können. Die meisten anderen, die sie kannte und mit denen sie arbeitete, schienen auch so bestens zurechtzukommen, und sie stach auch aus ihrer Familie hervor – obwohl Simon, dachte sie, ihre Überzeugung noch am ehesten teilte.
    Auf dem Weg zur Kommunionsbank fiel ihr lebhaft das letzte Mal wieder ein, als ihr Bruder und sie hier Seite an Seite gesessen hatten. Das war bei der Beerdigung der drei jungen Brüder gewesen, die von ihrem Onkel ermordet worden waren. Simon war aus beruflichen Gründen hier gewesen, als Leiter der polizeilichen Ermittlungen, Cat als die Ärztin der Familie. Der Gottesdienst war herzzerreißend gewesen. Auf der anderen Seite hatte Paula Osgood gesessen, als forensische Pathologin am Tatort und bei der Obduktion tätig, und hatte Cat später gestanden, dass sie ihr zweites Kind erwartete. Cat fragte sich nach wie vor, wie Paula es geschafft hatte, mit professioneller Distanz und Ruhe die drei kleinen Leichen zu obduzieren, ermordet mit einer Axt und einem Fleischermesser. Menschen wie Paula, Polizisten wie Simon – das waren diejenigen, die alle Kraft und Unterstützung brauchten, die sie bekommen konnten. Dagegen war Cats Beruf als Allgemeinärztin in einem so freundlichen Ort wie Lafferton ein Klacks.
    Der kurze Gottesdienst endete, und Rauchwölkchen von den gelöschten Kerzen schwebten auf Cat zu … Sie erhob sich. Eine Frau, die bereits den Gang hinunterging, fing Cats Blick auf und direkt danach noch eine zweite. Beide lächelten.
    Cat blieb noch ein paar Sekunden, ließ die anderen vorausgehen und schlüpfte dann rasch aus der Tür auf der anderen Seite des Mittelgangs. Von hier aus konnte sie über den Kirchplatz entkommen und den Pfad zum Kathedralenhof einschlagen, bevor es jemandem gelang, sie abzufangen und entschuldigend um eine inoffizielle Beratung zu bitten.

    Außer den Geistlichen der Kathedrale wohnte jetzt kaum noch jemand in den schönen georgianischen Häusern des kleinen Hofs, die größtenteils in Büros umgewandelt worden waren.
    Das Haus, in dem Simon Serrailler wohnte, hatte Fenster, die auf den Innenhof und, auf der anderen Seite, zum Fluss Gleen hinausgingen, einem ruhigen Flüsschen, das durch diesen Teil Laffertons floss. Der Eingang zu St. Michael’s 6 befand sich auf dieser Seite, neben einer gewölbten Eisenbrücke, die zum gegenüberliegenden Treidelpfad führte. Eine Entenschar paddelte darunter herum. Weiter oben trat ein Schwan Wasser. Im Frühjahr konnte man von Simons Fenster aus Eisvögel an den Ufern schwirren sehen.

    Case und Chaundy. Anwälte
    Diözesanbüro
    Parker, Phipps, Burns. Steuerberater
    Davies, Davies. Anwaltssozietät

    Cat drückte auf die oberste Klingel über den Messingschildern, neben einem schmalen, elegant beschrifteten Holzschild. Serrailler.
    Da sie ihren Bruder gut kannte – und besser hätte ihn wohl niemand kennen können –, hatte es sie nie überrascht, dass er es vorzog, allein im obersten Stock eines Hauses zu wohnen, unter sich Büros, die meist leer waren, wenn er zu Hause war, und nur mit Enten, dem dunklen Wasser vor dem Fenster und den Kirchenglocken als Gesellschaft.
    Si war anders – anders als seine beiden Drillingsgeschwister Cat und Ivo, und auch ganz anders als ihre Eltern und die sonstige Serrailler-Familie. Er war schon immer ein Sonderling gewesen, schon in frühester Kindheit, hatte nie so recht zu einer Familie lärmender, streitlustiger, immer zu Streichen aufgelegter Mediziner gepasst. Wie so ein stiller, selbstzufriedener Mann zur Polizei passte, und das auch noch außerordentlich gut, war ein weiteres Rätsel.
    Im Haus war es düster und still. Cats Schritte hallten auf der Holztreppe, die immer höher hinaufführte, vier schmale Stockwerke. An jeder Etage drückte sie auf den Schalter des Treppenlichts, das immer ausging, bevor sie den nächsten Absatz erreichte. Serrailler. Dieselbe Schrift wie auf dem Schild an der Klingel.
    »Cat! Hallo!« Ihr Bruder beugte sich von seinen ein Meter zweiundneunzig herab und schloss Cat in die Arme.
    »Ich musste
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