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Hier und jetzt

Hier und jetzt

Titel: Hier und jetzt
Autoren: Eileen Wilks
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Arbeit vor sich, und vielleicht versagte er auch noch oft. Aber er ging nun wenigstens zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker, weil er es wollte, und nicht, weil er jemandem eine Freude machen oder ihn täuschen wollte - zum Beispiel sie oder einen Richter.
    „Was ist mit dir?” fragte er. „Wirst du heute einen wilden Abend mit deinem neuen Boss haben?”
    „Wohl kaum.”
    „Diesen hochmütigen, arroganten Ton beherrschst du perfekt. Wie lange liegt eigentlich deine letzte richtige Verabredung schon zurück, Claire?”
    „Du weißt genau, dass ich weder Zeit noch Energie für Privatleben habe. Schließlich soll meine Beratungsfirma ein Erfolg werden.”
    „Das ist nur ein Vorwand. Nein, hör mir kurz zu! Dir macht es Spaß, mit Geld zu spielen, und du bist darin auch gut. Im Grunde deines Herzens bist du aber nicht ehrgeizig. Dir gefällt nur das Spiel.”
    „Vom Spielen allein kann man keine Rechnungen bezahlen”, erwiderte sie trocken. „Und das nehme ich sehr ernst.”
    „Du versteckst dich, Claire. Sieh dir doch bloß deine Kleidung an.”
    Allmählich ärgerte sie sich. Wenn sie etwas verstand, war es, wie sie sich zu kleiden hatte.
    „Was stimmt denn nicht mit meinen Sachen?”
    „Deine Karriere-Kostüme sind genauso Tarnung wie die Stadtstreicher-Klamotten, die du eine Weile getragen hast.”
    „Mir ist schon klar, dass du nicht ganz begreifst, wie man sich für eine erfolgreiche Karriere kleiden muss. Du solltest mir aber glauben, dass ich professionell aussehen muss. In neunundneunzig Prozent aller Fälle werden wir danach beurteilt, wie wir aus sehen.”
    „Ich weiß, wieso du so denkst”, erwiderte Danny betrübt. „Aber … ach, verdammt, Claire, manchmal fehlst du mir, wie du früher warst. Ich sehne mich nach der Cousine, die stets fröhlich war und die verrücktesten Sachen anstellte, nach der Person, die ihr Leben nicht minutiös geplant hat.”
    „Diese Person hat zu viele Fehler gemacht”, erwiderte sie zö gernd. Danny sollte das eigentlich wissen. Eine ihrer impulsiven Handlungen war mitverantwortlich für die Hölle, die er in den letzten Jahren durchlebt hatte.
    „Schon möglich, aber sie war wenigstens menschlich. Im Moment lerne ich viel darüber, was es heißt, menschlich zu sein und Fehler zu machen. Claire, ich bin froh, dass du aus diesem Haus fort bist, in dem Ken Lawrence dich finden kann. Du solltest nur nicht auch in anderer Hinsicht vor ihm weglaufen.”
    „Ich muss jetzt Schluss machen. Wir sehen uns heute Abend, in Ordnung?”
    Nachdem sie aufgelegt hatte, holte Claire tief Luft, um sich wieder zu beruhigen. Danny irrte sich eindeutig, und es war dumm von ihr, sich von ihm verunsichern zu lassen. Sie lief nicht weg, sondern sie lief auf etwas zu - auf die Zukunft, die sie sich aufgebaut hatte, und auf die Person, zu der sie allmählich wurde. Das war eine Frau, die nie wieder jene Fehler begehen würde, die nicht nur ihr eigenes Leben ruiniert hatten. Nein, sie vermisste ihr früheres Ich überhaupt nicht.
    Endlich öffnete sie die Tür zum Korridor und prallte mit einem Mann zusammen. Im letzten Moment unterdrückte sie einen Aufschrei.
    „Vorsicht!” Starke Hände stützten sie.
    Das war nicht Jacob und natürlich auch nicht Ken. Er kam hier nicht an sie heran. Nein, dieser Mann war ein Fremder.
    „Tut mir Leid”, sagte sie, „ich habe nicht aufgepasst.”
    Er ließ die Hände sinken. „Sie sind doch nicht Claire McGuire!”
    „Ich widerspreche Ihnen nur ungern, aber die bin ich.”
    „Sie können mir gern widersprechen”, meinte er lächelnd. „Vor allem, wenn ich etwas so Dummes sage. Natürlich sind Sie Claire McGuire. Ich bin Michael West.”
    „Jacobs Bruder?”
    „Schuldig im Sinne der Anklage.”
    Michael war ein gut aussehender Mann mit ebenmäßigen, sanften Zügen. Mit den dunklen Augen wirkte er wie ein Latino. Rein körperlich hatte er viel Ähnlichkeit mit Jacob - er war kräftig und wirkte wie ein Mensch, der immer die Kontrolle über alles hatte. „Sie sind also einer der beiden Menschen, für die Jacob an meinem ersten Tag hier erreichbar gewesen wäre. Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. West.”
    „Sagen Sie bitte Michael oder Mick zu mir, damit ich Sie nicht Miss McGuire nennen muss. War Jacob schwierig?”
    „Das war unterschiedlich. Auf einer Skala von Teddybär bis Grizzly schwankte er meistens zwischen Klapperschlange und
    Waschbär.”
    Michael lächelte. „Sie scheinen ihn schon gut zu kennen. Wollen Sie gerade
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