Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heyne Galaxy 09

Heyne Galaxy 09

Titel: Heyne Galaxy 09
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
Vom Netzwerk:
Erstauntes Gemurmel wurde auf der Bordfrequenz laut.
    »Ihr wißt, wer wir sind?« fragte er überrascht.
    Der König sagte verächtlich: »Ich werde doch wohl ein Raumschiff erkennen, wenn ich es sehe, Sie Narr!«
    »Eure Weisheit entzückt mich, großer Herrscher! Sind bereits vor uns Sternenschiffe in Euer Königreich eingedrungen?«
    »Natürlich! Wie sollte ich sonst wohl Bescheid wissen, Dummkopf!«
    (Die Frau an den Detektorschirmen sagte aufgeregt: »Nach unseren Unterlagen ist auf diesem Planeten noch kein Schiff unserer Flotte gelandet!«)
    (Der Aufzeichnungstechniker fügte hinzu: »Aber er sagt die Wahrheit. Und er scheint uns für eine Bande von Narren zu halten.«)
    (»Bemerkenswert«, sagte Neunzehn. »Und vielleicht hat er sogar recht. Wenn ich darüber nachdenke, war er von unserer Ankunft eigentlich recht wenig überrascht. Offensichtlich reichen seine Erinnerungen weiter zurück als unsere Unterlagen. Ich werde ihm jetzt die Schlüsselfrage stellen.«)
    Neunzehn wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Eingeborenen zu. »Ehrwürdiger Herrscher, Ihr müßt eine lange Zeit gelebt haben, wenn Ihr den Untergang Eures Volkes miterleben konntet, und wenn Ihr Euch an den Besuch anderer Sternenschiffe erinnert. Gütiger Herrscher, wie ist Euer wertes Alter?«
    Der König des Planeten sagte es ihm, und in seinen Worten war Bitterkeit.
    Die Antwort war für die Besucher nicht sofort verständlich, denn sie enthielt einen weiteren unbekannten Zeitfaktor, der auf örtlichen Gegebenheiten basierte, und – um die Dinge noch zu komplizieren – da war wieder diese leise Veränderung. Der König hatte es für nötig befunden, erneut die Sprache zu wechseln, und gab seine Antwort auf moabitisch.
    Der Fremde vermochte schließlich nur zu sagen, daß das Leben des ungewöhnlichen alten Mannes eine unbestimmte Anzahl von Jahrhunderten gedauert haben mußte, und damit hatte er sich vorerst zufriedenzugeben. Trotzdem setzte er die Befragung fort.
    Vier Tage lang stellten die Besucher eine Frage nach der anderen. Ihr Wissensdurst war einfach unstillbar.
    Neunzehn, unterstützt durch geflüsterte Vorschläge aus dem Schiff und von den Wissenschaftlern, die auf der Lichtung arbeiteten, bemühte sich tapfer, den alten Mann auszuquetschen – seine Fragen berührten Themen der Anthropologie, Archäologie, Astronomie, Biologie (hier sowohl Botanik als auch Zoologie – nur die Biometrie erwies sich als ausgesprochen schwierig), Chemie, Volkswirtschaft, Elektronik, Geologie, Geographie, Geschichte (welch Schatz an Informationen!), Mathematik, Medizin, Heilkunde, Mythologie – die Liste der interessanten Gebiete und Nebengebiete war endlos.
    Die Besucher fragten – und der alte Mann antwortete auf seine Weise. Er sprang von einer Sprachengruppe in die andere, verfiel in die verschiedensten Mundarten und beobachtete die Bemühungen der Übersetzungsmaschine mit boshaftem Vergnügen. Es konnte geschehen, daß er ohne Vorwarnung plötzlich vom hochmodernen Englisch ins Prakritische, Illyrische, Französische, Chaldäische, Pahlavische oder Umbrische verfiel und sich dabei insgeheim freute, sein Gegenüber zu verwirren. Er beherrschte die zahllosen Sprachen mit einer Meisterschaft, die nur durch sein nachlassendes Gedächtnis beeinflußt wurde, und hatte seinen Spaß daran – bis er plötzlich feststellen mußte, daß der Besucher aus dem Weltall seinem Spielchen durchaus gewachsen war.
    Irgendwann während der langen Fragestunden hatte der Fremde etwas gemerkt und hatte von da an die verblüffenden Wechsel einfach ignoriert. Der König des Planeten wechselte schließlich ins Aramische, seine Lieblingssprache, und blieb dabei. Der Spaß war vorüber.
    Die Sitzungen mußten ziemlich oft unterbrochen werden, weil der alte Mann schnell ermüdete und gelegentlich auch in nachdenkliches Schweigen verfiel. In solchen Augenblicken war er nicht ansprechbar.
    Die Fremden nutzten die Zeit, um zu essen und zu trinken, und das junge Mädchen versorgte den alten Mann mit Lebensmitteln.
    Aber er aß nur wenig.
    Zwischendurch begutachteten sie die zahlreichen Funde der Archäologen, und als die Nacht hereinbrach, zogen sie sich zum Schlafen zurück. Der König hatte die freundliche Einladung, die Nacht im Erkundungsschiff oder gar im großen Mutterschiff zu verbringen, dankend abgelehnt; sein Mausoleum war ihm tausendmal lieber.
    Ehe der König am Abend des ersten Tages die Lichtung verließ, erbat er sich noch einen kleinen Gefallen, einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher