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Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Titel: Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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keine Stimme, keine bewusste Übermittlung von Worten oder Begriffen. Ich wusste einfach. Es war, als hätte ich all diese Dinge schon immer gewusst und nur für eine Weile vergessen.
    Gut eine Stunde ritten wir zwischen sich abwechselnden Sand- und Felsformationen hindurch, und während all dieser Zeit sickerte Wissen in mein Bewusstsein, mehr und deutlicher, je weiter wir uns dem Quell dieser düsteren Ausstrahlung näherten.
    Und dann erreichten wir das Tal.
     
    Guillaume de Saint Denis war der Verzweiflung nahe. Äußerlich war ihm nichts anzumerken: Der grauhaarige Templer ritt mit unbewegtem Gesicht an der Spitze der kleinen Kolonne, hoch aufgerichtet, trotz der leicht hängenden Schultern und der verkrampften Haltung, in der er die rechte, verwundete Hand auf den Sattel vor sich gebettet hatte.
    Sein Gesicht glänzte vor Schweiß und seine Augen hatten einen matten, leicht fiebrigen Glanz angenommen. Wem immer dies aufgefallen wäre, hätte es auf die Verwundung zurückgeführt und auf die tagelangen Strapazen, die er durchgestanden hatte. Und es wäre nicht einmal falsch gewesen – Guillaume de Saint Denis war mit seinen Kräften am Ende. Er hatte körperlich mehr gegeben, als so mancher andere Mann in seinem Alter gekonnt hätte, und selbst ihn würden die Strapazen umbringen, wenn er sich nicht bald die Ruhe gönnte, nach der sein Körper schrie.
    Und doch verschwendete er kaum einen Gedanken daran, ebenso wenig wie an Sill el Mot, den Templerjäger, den … nein, die sie nach so langer Zeit nun endlich in ihrer Gewalt hatten, oder an Robert Craven, den englischen Magier, der ihm so viele Schwierigkeiten bereitet hatte – nicht einmal an das Auge des Satans, das er nun endlich zu seinen Brüdern bringen und mit dessen Hilfe sie die Festung des Antichristen vernichten konnten.
    Er hätte all dies getauscht gegen eine einzige Stunde mit ihr.
    Gegen eine Minute.
    Gegen einen einzigen Blick aus ihren unergründlichen, dunklen Augen.
    Guillaume merkte kaum, dass sie der Sandrose immer näher kamen; er befand sich in einem Zustand, der irgendwo zwischen Schlaf und Wachen, zwischen Trance und totaler Erschöpfung war. Bis vor kurzem hatte er noch etwas gehabt, womit er sich ablenken konnte – die Jagd auf Robert Craven und Sill el Mot. Sie hatten ihn längst nicht mehr wirklich interessiert, so wenig wie ihn die Sandrose interessierte, die anderen Templer, selbst sein Glaube, für den er noch vor wenigen Tagen mit Freuden sein Leben geopfert hätte. Aber sie war ihm gerade recht gekommen, seine Gedanken abzulenken, ihr Bild – wenigstens für eine Weile aus seinem Geist zu verdrängen.
    Jetzt ging nicht einmal mehr das.
    Sie ritten durch die Wüste, die an dieser Stelle eine bizarre Mischung aus ineinander fließenden Fels- und Sandformationen war, aber er sah nichts von all den bizarren Schöpfungen einer launischen Natur. Er sah nur sie.
    Hatte sie nicht gesagt, dass sie kommen würde, wann immer er sie rief? Sie, die Frau, die nach seinen Gedanken und Wünschen erschaffen worden war, das Weib seiner Träume, dem all sein Sehnen galt – immer gegolten hatte, auch lange, bevor er sich dessen bewusst geworden war.
    Und er hatte sie gerufen, tausend Mal.
    Er hatte in seinen Gedanken verzweifelt nach ihr geschrien, immer und immer wieder. Aber sie war nicht gekommen.
    Guillaume de Saint Denis wusste, dass er sterben würde, wenn es ihm nicht gelang, sie wiederzusehen.
    Fast ohne sein Zutun kroch seine Hand zum Gürtel, schmiegte sich um das Yighhurat, das er darunter verborgen hatte, und zog sie so hastig wieder zurück, als hätte er glühendes Eisen berührt.
    Nein, dachte er.
    Er würde der Versuchung widerstehen.
    Noch war er stark genug dazu.
    Noch …
     
    Der Anblick der Wüstenfestung traf mich wie ein Schock. Ich hatte ein altes römisches Kastell erwartet, eine arabische osmanische Trutzburg, vielleicht sogar etwas so Bizarres wie Nizars Albtraumfestung – aber nicht das!
    Unser kleiner Trupp hatte angehalten, als wolle Guillaume de Saint Denis Sill und mir ausreichend Gelegenheit geben, das Ding zu bewundern, das unter uns lag, halb im lockeren Flugsand der Wüste versunken, halb mit dem zerschundenen Fels verwachsen, der aus ihm hervorblickte.
    Es war das phantastischste Gebilde, das ich jemals gesehen hatte. Keine Festung der GROSSEN ALTEN. Keine arabische Ausgabe der Drachenburg. Nichts von alledem, was ich zu sehen erwartet hatte.
    Unter uns lag eine gigantische Sandrose, ein berggroßes Ding
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