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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind
Autoren: Sabine Thiesler
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Menschen durchschaut, aber dennoch hat es dir nichts genützt. Der Mörder hat dir den Kopf abgeschnitten und dich anschließend verbrannt, ohne zu wissen, wie sensationell dieser Kopf arbeiten konnte, und ohne seine Gedanken zu kennen. Deine Gefühle haben ihn nicht interessiert, deine Sehnsüchte nicht und deine Träume. Aber es ging schnell, und du hast es geschafft. So wie deine Mutter. Ich habe es noch vor mir, und ich habe so viel Angst davor, meine Kleine.
    Wo du auch bist, vergiss mich nicht. Ich werde in Gedanken immer bei dir sein.
    Ciao, bella. Mia cara.
    Er wusste, dass er sie nie wiedersehen würde. Es war vorbei. Alles war zu Ende, und er hatte sich immer eingebildet, auf alle Fälle vor ihr zu sterben. Sie hätte an seinem Grab weinen müssen, nicht umgekehrt.

    Das Leben war aus den Fugen, und er hatte nichts mehr zu erwarten.
    Als er die Kirche verließ, ging er aufrecht, so wie nur ein Mensch gehen kann, der nichts mehr zu verlieren hat.
     
    Don Matteo ließ sich von Teresa noch zu einem Teller Ribollita überreden, als sie in Montefiera ankamen. Enzo saß in seinem Zimmer, starrte aus dem Fenster und erzählte von Umbrien, Edi hockte in seinem Verschlag und kraulte sein Kaninchen.
    Es war alles wie immer. Nur mit dem Unterschied, dass zwei von ihnen fehlten.
    Mutter und Tochter.
    »Der Commissario befragt jeden im Dorf«, erzählte Teresa. »Mindestens eine Stunde. Er holt die Leute in seinen Wagen und will alles wissen. Alles. Er verspricht sich was davon, aber keiner kann ihm was sagen. Niemand hat den Mörder gesehen.«
    Die Ribollita war bereits zum dritten Mal aufgewärmt und schmeckte köstlich.
    »Ich habe mit Marzia, Leonardo, Massimo, Giuseppe, Daniela, Vittoria, Francesca und Serena gesprochen. Sie haben alle dem Commissario gesagt, Sarah und Elsa waren zwei wunderbare Frauen. Tüchtig, fleißig und klug. Sie waren ein Teil von uns, sie gehörten zu diesem Ort, und sie haben den Tod nicht verdient. Aber das kann ein Commissario, der aus Rom kommt und dem es in die Nase regnet, natürlich nicht verstehen.«
    Teresa schniefte, so sehr rührte sie das, was sie sagte. Das Dorf hielt zusammen. Es unterstützte die Simonettis, um zu zeigen: Der Mörder ist keiner von uns. Donato Neri
konnte sich auf den Kopf stellen und die Zähne ausbeißen, durch die erneute Befragung der Dorfbewohner würde er keinen Zentimeter weiterkommen.
    Nach dem Essen segnete Don Matteo das Haus und drückte ein Kreuz auf Teresas und Romanos Stirn.
    »Möget ihr endlich euren Frieden finden«, sagte er, bevor er ging.

88
    Marcello Vannozzi stand plötzlich wie ein Gespenst im Schlafzimmer. Pia schrieb gerade einen Brief an ihre Schulfreundin auf Capri und sah überrascht auf. Das hatte er noch nie getan. Bisher hatte er immer respektiert, dass sie ihre Ruhe haben wollte, und saß in der Küche vor dem winzigen uralten Fernseher, dessen Gehäuse schon mit Isolierband geklebt war, der aber ansonsten einfach nicht kaputtzukriegen war.
    »Was ist?«, fragte sie irritiert und legte fast automatisch ein Buch auf den Text, den sie gerade geschrieben hatte.
    »Elsa Simonetti ist ermordet worden. Genau wie ihre Mutter. Auch in diesem Haus. Irgendjemand hat ihr die Kehle durchgeschnitten.«
    »Ich weiß«, sagte Pia leise. »Im Dorf pfeifen es ja die Spatzen von den Dächern, und die Carabinieri fragen einem Löcher in den Bauch.«
    »Der Albtraum hat einfach kein Ende.«
    »Das stimmt.«
    »Irgendjemand ist dabei, die ganze Familie auszulöschen.«
    »Sieht so aus.«
    Pia verstand ihn. Pia war mit ihm einer Meinung, sie empfand genauso wie er. Mein Gott, wie sehr vermisste er
die abendlichen Gespräche mit ihr. Ihren Humor, ihre blitzgescheiten Bemerkungen oder einfach nur ihre wortlose Zustimmung, wenn er seine Meinung zu irgendeinem Thema kundtat, das im Fernsehen problematisiert worden war.
    Er wagte sich ein paar Schritte weiter vor. »Verzeih mir, Pia«, flehte er. »Komm zurück ins Schlafzimmer und lass uns wieder zusammenleben wie früher. Gib mir eine zweite Chance. Bitte.«
    Sie sah ihn an. Ihr Blick war klar und offen. Sie lächelte.
    »Offensichtlich haben wir beide heute über dasselbe Problem nachgedacht. Ich wollte nämlich auch mit dir reden, Marcello, und dir sagen, dass ich ausziehe. Ich gehe nach Neapel zu meiner Freundin Gianina. Ihr Mann ist vor einem Jahr gestorben, und sie hat genug Platz für zwei. Ich werde erst mal eine Weile bei ihr wohnen und mir dann in Ruhe eine eigene Wohnung suchen.«
    »Aber
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